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Was bei über 80 Millionen Bundesbürgern auf den Teller kommt, bestimmt der Deutsche Bundestag. Zumindest legt das Parlament den Rahmen fest, in dem die Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie ihre Erzeugnisse an die Kunden bringen dürfen. Ganz an der Spitze trägt eine Frau zusammen mit 33 weiteren Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Verantwortung: Gitta Connemann (CDU/CSU).
Kaum zwei Tage nach der Konstituierung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft hat die neue Ausschussvorsitzende am Freitag, 17. Januar 2014, den traditionellen Rundgang des Gremiums auf der Grünen Woche, der größten Landwirtschaftsmesse der Welt, unternommen.
Anders als der Ausschussvorsitz ist die Grüne Woche Connemann nicht neu. "Die Messe kenne ich nun seit 30 Jahren und sie gehört zum Pflichtprogramm und zur Kür für jedes Mitglied des Agrarausschusses", unterstreicht sie die Bedeutung der Berliner Leistungsschau der Landwirtschafts- und Lebensmittelbranche.
Mit dem neu gewählten Bundestag wurden auch die Ausschüsse neu gebildet. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat im Gegensatz zur vergangenen Legislaturperiode den Verbraucherschutz an den Rechtsausschuss abgegeben. Doch ganz vom Tisch sei das Thema damit nicht: "Wir behandeln weiterhin den gesundheitlichen Verbraucherschutz", sagt die Vorsitzende. "Deshalb gilt auch in den nächsten Jahren der Satz: Über den Ausschusstisch geht, was bei den Deutschen auf den Teller kommt."
Dass der wirtschaftliche und rechtliche Verbraucherschutz nun beim Bundesministerium für Justiz angesiedelt ist, sei ein Versuch, der sich noch beweisen müsse. Mit Rückblick auf ihre elf Jahre währende Arbeit im Landwirtschaftsausschuss wisse sie, dass der Verbraucherschutz mit Aufmerksamkeit "solitär" behandelt wurde. Ob das ebenfalls für den Verbraucherschutz im großen Bereich der Justiz gelte, werde sich zeigen.
"Es gibt Themen, die liegen auf der Agenda und werden uns in den nächsten Monaten stark beschäftigen." Das betreffe zum Beispiel die Umsetzung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik und Fischereipolitik in Deutschland. Eine Reihe von Vorgaben aus der EU müssen nun mit den Bundesländern "mit Leben gefüllt werden".
"Darüber hinaus bleiben viele Fragen von aktueller Bedeutung, wie nach der Lebensmittelkennzeichnung", sagt Gitta Connemann. So würden Umfragen ergeben, dass die Verbraucher ein großes Vertrauen in die Arbeit der Landwirte setzen, aber es werde auch deutlich, dass eine Unsicherheit über die Zusammensetzung und Herkunft von Lebensmitteln bestehe. Aus diesem Grund spiele die Kennzeichnung eine immer bedeutendere Rolle. "Wie im Bereich der Allergenkennzeichnung." Weil zum Beispiel eine deutliche Zunahme an Allergenen festzustellen sei.
Die neue Vorsitzende sieht die Aufgabe des Ausschusses auch darin, nicht immer mehr Gesetze schaffen zu wollen, sondern diese zu hinterfragen. "Zwar haben wir in der Sache nicht immer freie Hand", erklärt sie im Hinblick auf viele EU-rechtliche Regularien. "Deshalb muss unser Augenmerk besonders auf der EU-Ebene liegen, um zu viele Regeln auch zu verhindern."
Aber auch national gelte es kritisch zu hinterfragen, welche Gesetze zur Flächenkonkurrenz führen. "Unsere Bauern haben zunehmend Probleme, überhaupt Flächen zu bekommen, um ihre Produkte anzubauen." Der Boden sei sehr begehrt für Energiepflanzen oder werde versiegelt für Gewerbegrundstücke. "Das stellt sich die Frage, wo die Politik auch Fehlanreize gesetzt hat."
Dass das Jahr 2014 von der UNO zum internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe erklärt wurde, begrüßt die Ausschussvorsitzende. "Denn das ist ein Thema von zentraler Bedeutung auch für die Bundesrepublik, weil es eine Kernfrage aufwirft: Was ist für uns eine gute Landwirtschaft?"
Connemann spricht dabei für den gesamten Ausschuss: "Wir wünschen uns den bäuerlichen, familiengeführten Hof." Allerdings bleibe die Frage danach offen, in welcher Größenordnung das stattfinden solle. "Das ist strittig", beschreibt die Ausschussvorsitzende unterschiedliche Ansichten unter den Ausschussmitgliedern. Wichtig sei deutlich zu machen, dass Landwirtschaft in Deutschland von klein- und mittelständischen Familien getragen werde.
In den nächsten Jahren werden die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den Vereinigten Statten von Amerika die Ausschussarbeit betreffen. "Das Abkommen wird erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Betriebe als auch auf die Verbraucher haben." Aus diesem Grund werde der Ausschuss auch Besichtigungen von Produktionsstätten in den USA unternehmen. "Das Gespräch vor Ort kann nicht ersetzt werden", sagt Connemann.
Der Ausschuss werde sich in die Verhandlungen einbringen, weil es einerseits gut sei, wenn der Export von Landwirtschaftserzeugnissen aus Deutschland einfacher werde, aber andererseits Produkte ebenfalls nach Europa gelangen könnten, auf die der Markt nicht vorbereitet sei.
"Das beträfe zum Beispiel Klonfleisch", erklärt Connemann. "Freie Handelbarkeit würde bedeuten, dass wir unseren Markt auch für Produkte öffnen müssen, die wir ablehnen." So wäre es "absurd", wenn die Produktion solcher Lebensmittel in Deutschland verboten ist, diese Produkte jedoch durch Einfuhr letztlich doch auf den heimischen Tellern landeten.
Dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft gehören 34 Mitglieder an. Vorsitzende ist Gitta Connemann (CDU/CSU);ordentliche Mitglieder: CDU/CSU: Artur Auernhammer, Gitta Connemann, Hermann Färber, Alois Gerig, Franz-Josef Holzenkamp, Kordula Kovac, Katharina Landgraf, Thomas Mahlberg, Hans-Georg von der Marwitz, Marlene Mortler, Alois Rainer, Josef Rief, Johannes Röring, Carola Stauche, Dieter Stier, Rita Stockhofe, Kees de Vries; SPD: Willi Brase, Petra Crone, Elvira Drobinski-Weiß, Rita Hagl-Kehl, Matthias Ilgen, Christina Jantz, Jeannine Pflugradt, Dr. Wilhelm Priesmeier, Johann Saathoff, Rainer Spiering, Dirk Wiese; Die Linke: Karin Binder, Heidrun Bluhm, Dr. Kirsten Tackmann; Bündnis 90/Die Grünen: Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff.
(eis/17.01.2014)