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Blick von hinten in ein Klassenzimmer. Die Rücken der Schüler im Vordergrund, ein Lehrer an der Tafel im Hintergrund. © dpa
Seit der Föderalismusrefom von 2006 gilt das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung. Die Finanzierung der Bildungsaufgaben durch Bund, Länder und Kommunen haben sich seitdem nicht verbessert. Darin sind sich viele Experten einig. Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen nicht über eine Verfassungsänderung für eine bessere Bund-Länder-Zusammenarbeit in der Bildung einigen können. Zur Debatte zum Kooperationsverbot in der Bildung, die am Donnerstag, den 3. April 2014, etwa um 12.30 Uhr beginnt und auf eine gute Stunde angesetzt ist, hat Die Linke einen Antrag (18/588) vorgelegt, in dem eine Grundgesetzänderung verlangt wird, um das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufzuheben.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Linke schlägt vor, stattdessen eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Artikel 91b des Grundgesetzes zu verankern. Darüber hinaus tritt die Fraktion dafür ein, auch das Kooperationsverbot in Artikel 104b des Grundgesetzes aufzuheben, also die Beschränkung der Bundesförderung auf Bereiche, in denen der Bund Gesetzgebungskompetenz besitzt.
Ferner plädiert Die Linke dafür, als kooperatives Gremium einen Bildungsrat zu berufen, in dem neben Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen auch Wissenschaftler sowie wichtige gesellschaftliche Akteure, wie etwa die Sozialpartner, vertreten sind. Der Bildungsrat soll nach Auffassung der Fraktion regelmäßige Empfehlungen für die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung des Bildungssystems geben.
Die Linke betont, dass angesichts der Krise und der Schuldenbremse die Finanzierung guter Bildung in den Ländern und Kommunen deutlich schwieriger geworden sei. Die schlechte Ausgangslage bei der Finanzierung öffentlicher Bildung werde durch wachsende öffentliche Armut verstärkt. Gute Bildung sei ein gesamtgesellschaftliches Anliegen und müsse auch so finanziert werden.
Der Aufgabe, Bildungsfinanzierung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen zu begreifen, fehle derzeit die geeignete Grundlage. Spätestens mit dem Bildungsgipfel 2008 in Dresden hätten aber alle im Bundestag vertretenen Parteien anerkannt, dass das Bildungssystem unterfinanziert sei, betont Die Linke.
Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten hätten das Thema damals einmütig zur Chefsache erklärt. Mit der Ausrufung der Bildungsrepublik sollte eine Steigerung der Bildungsausgaben auf sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einhergehen. Wie dringend diese Stärkung der Bildungsfinanzierung sei, werde durch den internationalen Vergleich deutlich.
Für das Jahr 2010 (neuere Daten lägen noch nicht vor) habe Deutschland bei Berücksichtigung sowohl der öffentlichen als auch der privaten Ausgaben nur 5,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildung aufgewendet. Das sei genau ein Prozentpunkt weniger als der Durchschnitt in den Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit 6,3 Prozent und damit 2,6 Prozent niedriger als beim Spitzenreiter Dänemark, das 7,9 Prozent des BIP in Bildung investiere.
Dabei trügen die Bundesländer, Gemeinden und Zweckverbände den mit Abstand größten Anteil der Bildungsfinanzierung – nämlich 83,5 Milliarden Euro. Das entspreche 3,2 Prozent des BIP. Demgegenüber trage der Bund lediglich 5,9 Milliarden Euro, was 0,2 Prozent des BIP entspreche. Umso erschreckender sei daher die Tatsache, dass seit dem Bildungsgipfel nicht viel passiert sei, findet Die Linke.
Ein wichtiger Baustein in der Architektur dieses Versagens sei im föderalen Staatsaufbau Deutschlands zu suchen: Die Bundesländer verfügten seit der Föderalismusreform über (fast) alle Kompetenzen im Bildungssystem, gleichzeitig könnten sie ohne Zustimmung der Bundesebene keine wesentlichen zusätzlichen Steuereinnahmen generieren.
Nach den Expertenberechnungen, die Die Linke anführt, besteht ein zusätzlicher jährlicher Finanzbedarf von rund 56,8 Milliarden Euro sowie ein einmaliger Investitionsbedarf von rund 45,3 Milliarden Euro, der durch die öffentlichen Haushalte finanziert werden müsste. Diese Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass sich die Finanzierung des Bildungssystems an den Bedürfnissen der am Bildungsprozess beteiligten Menschen orientiert – also vor allem an den Lehrenden und Lernenden.
Zentrale Maßnahmen eines solchen Konzepts seien insbesondere die Verbesserung der Betreuungs- und Unterrichtsverhältnisse in allen Bereichen des Bildungssystems, der Ausbau von Ganztagsangeboten in Kitas und allgemeinbildenden Schulen sowie die Verringerung der Finanzierungsanteile im Bildungssystem, die von Privatleuten aufgebracht werden müssen. Dies alles sei dringend notwendig, denn nach wie vor werde das deutsche Bildungssystem im internationalen Vergleich dafür kritisiert, dass der Bildungserfolg häufig von der sozialen Herkunft abhänge. Der Antrag soll im federführenden Bildungsausschuss weiterberaten werden. (rol/27.03.2014)