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Neben seiner Funktion als Gesetzgeber ist die Kontrolle der Bundesregierung die wichtigste Aufgabe des Deutschen Bundestages. Deshalb müssen sich die Abgeordneten des Bundestages als direkt gewählte Vertretung des Volkes über die Arbeit und Vorhaben der Regierung informieren können. Dafür stehen eine Reihe von Rechten und Instrumenten zur Verfügung – wie zum Beispiel die Kleine und Große Anfrage oder die Fragestunde.
Werden Verfehlungen oder Missstände in Regierung und Verwaltung oder Fehlverhalten von Politikern vermutet, dann darf der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Solch ein Ausschuss muss nach Artikel 44 des Grundgesetzes auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Bundestages, der sogenannten qualifizierten Minderheit, eingesetzt werden.
Untersuchungsausschüsse dürfen Zeugen und Sachverständige vernehmen und Ermittlungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden vornehmen lassen. Das Ergebnis seiner Arbeit fasst der Untersuchungsausschuss nach seinen Ermittlungen in einem Bericht an das Plenum zusammen.
Untersuchungsausschüsse werden unterschieden in Minderheitenenquetes und Mehrheitsenquetes. Eine Minderheitenenquete wird von einem Viertel der Mitglieder des Bundestages beantragt und pflichtgemäß eingesetzt. Mehrheitsenquetes können von weniger als einem Viertel der Abgeordneten beantragt werden, müssen aber von der Mehrheit der Parlamentarier bestätigt werden.
Einigen sich die Abgeordneten auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, wird im Antrag der Untersuchungsgegenstand genau bestimmt. Im Falle der Minderheitenenquete darf der Gegenstand der beantragten Untersuchung nicht gegen den Willen der Antragsteller verändert oder erweitert werden. Die Ablehnung eines Einsetzungsantrages erfordert eine Begründung.
Der Auftrag eines Untersuchungsausschusses ist begrenzt auf die Dauer einer Wahlperiode. Auch ist das Untersuchungsrecht beschränkt. Die Kompetenz eines Untersuchungsausschusses des Bundestages erstreckt sich nur auf den Kompetenzbereich des Bundes.
Des Weiteren ist das Untersuchungsrecht begrenzt durch den Grundsatz der Gewaltenteilung. Das bedeutet, dass der Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht vom Parlament ausgeforscht werden darf. Deshalb erstreckt sich das parlamentarische Untersuchungsrecht in der Regel auf bereits abgeschlossene Vorgänge.
Die Arbeit des Parlaments muss durch die Gerichte und Verwaltungsbehörden unterstützt werden, die zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet sind. Ein Ausschuss kann durch den Untersuchungsauftrag Beweise aufgrund von Beweisbeschlüssen erheben, wenn dies ein Viertel der Ausschussmitglieder beantragt. Die Erhebung von Beweismitteln erfolgt durch die Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen sowie die Einsicht in Akten.
Der Untersuchungsausschuss hat außerdem das Recht, das Erscheinen von Zeugen zu erzwingen. Im Falle einer ungerechtfertigten Zeugnisverweigerung darf ein Ordnungsgeld festgesetzt oder beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes beantragt werden, die Person in Haft nehmen zu lassen.
Die Anhörungen finden grundsätzlich öffentlich statt. Mit öffentlich ist die Saalöffentlichkeit gemeint. Ton- und Filmaufnahmen sowie Übertragungen aus dem Saal werden im Regelfall nicht zugelassen. Allerdings kann der Untersuchungsausschuss Ausnahmen erlauben, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder sowie die Zeugen oder anzuhörenden Personen zustimmen.
Der Anspruch auf Herausgabe von Akten erstreckt sich auch auf von der Bundesregierung als Verschlusssache eingestufte Vorgänge. Hat der Bundestag Vorkehrungen gegen Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften getroffen, kann die Bundesregierung die Herausgabe nicht verweigern.
Allerdings dürfen die auf diesem Wege gewonnenen Erkenntnisse nicht öffentlich bekannt geben werden. Wird jedoch die Herausgabe von geheimen Dokumenten durch die Bundesregierung verweigert, darf der Untersuchungsausschuss die Ablehnung durch das Bundesverfassungsgericht oder durch einen Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs prüfen lassen.
Das Ergebnis der Untersuchungen wird in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Können sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht auf einen gemeinsamen Bericht einigen, kann die Minderheit ihre Sicht in einem sogenannten Sondervotum darlegen.
Die Gerichte sind allerdings nicht an die Ermittlungsergebnisse gebunden und frei, eigene Schlussfolgerungen aus der Ermittlung eines Untersuchungsausschusses zu ziehen.
Eine Ausnahme unter den Untersuchungsausschüssen bildet der Verteidigungsausschuss. Als einziger ständiger Bundestagsausschuss verfügt dieser auf dem Gebiet der Verteidigung auch über die Rechte eines Untersuchungsausschusses. Geregelt wird diese Sonderrolle in Artikel 45a des Grundgesetzes. Insofern bedarf es keiner formellen Einsetzung durch das Parlament, wenn Verfehlungen oder Missstände im militärischen Bereich vermutet werden und untersucht werden sollen.
Für die Einsetzung ist eine förmliche Konstituierung des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses erforderlich. Für den Einsetzungsbeschluss des Verteidigungsausschusses reicht eine einfache Mehrheit der Ausschussmitglieder. Den Vorsitz des Untersuchungsausschuss übernimmt dann der oder die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. (eis/14.07.2014)