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Berlin: (hib/JOH) Mitglieder der Asse II-Begleitgruppe sowie ein Vertreter des niedersächsischen Landkreises Wolfenbüttel haben am Mittwochmittag im Umweltausschuss den Begleitprozess, in dem die Zivilgesellschaft die Möglichkeit erhält, ihre Interessen hinsichtlich des Umgangs mit dem maroden Atommülllager Asse einzubringen und zu vertreten, als historische Chance und Erfolgsmodell bezeichnet. So urteilte der Physiker Wolfgang Neumann, Mitglied in der Arbeitsgruppe Option Rückholung (AGO), in dem zweistündigen öffentlichen Fachgespräch, die AGO trage zu einer fachlichen Stärkung der geplanten Stilllegung des ehemaligen Salzbergwerks bei. Außerdem könne ein Konsens auf sehr viel breiterer Ebene getragen werden. Claus-Jürgen Schillmann vom Landkreis Wolfenbüttel wies darauf hin, dass Zivilgesellschaft und staatliche Stellen bereits gemeinsam Lösungen gefunden hätten, etwa im Hinblick auf Stabilisierung und Notfallvorsorge. Außerdem sei ein Konzept für eine Rückholung sowie ein Kriterienkatalog für die Suche nach einem Zwischenlager-Standort erarbeitet worden. Michael Funder von der Asse II-Begleitgruppe bezeichnete den Aufwand als „notwendig und gerechtfertigt“, um zu einem sozialen Frieden zu kommen und die bestmögliche Lösung im Umgang mit atomaren Altlasten zu finden. Der Prozess rund um die geplante Stilllegung der Schachtanlage sei „international einzigartig“.
Im Atommülllager Asse in der Nähe der niedersächsischen Stadt Wolfenbüttel, einem ehemaligen Salzbergwerk, wurden von 1967 bis 1978 schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert. Anfang der 1990er Jahre kamen jedoch erste Zweifel an der Stabilität der Anlage auf. Letztlich zeigte sich, dass das ehemalige Salzbergwerk überhaupt nicht endlagertauglich ist. Dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zufolge dringt dort täglich salzhaltiges Grundwasser ein. Am 28. Februar 2013 beschloss der Bundestag daher das Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und Stilllegung der Schachtanlage Asse II. Gemäß Berechnungen soll die Rückholung im Jahr 2033 beginnen. Bereits 2007 wurde die Asse-II-Begleitgruppe eingerichtet, um alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen in den Prozess einzubeziehen. Mitglieder sind unter anderem Vertreter des Landkreises und der im Kreistag vertretenen Fraktionen, sowie Bürgerinitiativen und Umweltverbände. Der Umweltausschuss hatte bereits Mitte Dezember ein erstes Fachgespräch zum Atommülllager Asse veranstaltet.
Die Vertreter der Begleitgruppe machten im heutigen Fachgespräch deutlich, dass sie in der Kommunikation und im Umgang miteinander noch Verbesserungsbedarf sehen. Es gebe ein über viele Jahrzehnte gewachsenes Misstrauen der Zivilgesellschaft gegenüber den Asse-Betreibern und Fachleuten, betonte Landkreis-Vertreter Schillmann. Ursache sei das lange praktizierte elitäre Verhalten der Fachleute und eine „mangelnde gelebte Wertschätzung auf allen Ebenen“. Michael Funder sprach von einer „kritischen Phase“, in der sich der Prozess befinde. Es gehe jetzt darum, die Rückholung zu planen und vorzubereiten, da sei es „logisch“, dass sich Positionen wieder zuspitzten. Er machte aber auch deutlich, dass es angesichts der überaus kritischen Zivilgesellschaft auch nicht möglich sei, „immer alle einzufangen“.
Kritik äußerten die drei Vertreter an der Entscheidung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die Suche nach einem Zwischenlager für den Atommüll in der Asse auszusetzen. Grund ist ein Dissenz zwischen BfS und Begleitgruppe. Aus Strahlenschutzgesichtspunkten bringt eine standortnahe Zwischenlagerung aus Sicht des BfS „nur Vorteile“, wie dessen Präsident Wolfram König im Ausschuss betonte. Das Bundesamt habe daher vorgeschlagen, gemäß dem erarbeiteten Kriterienkatalog, „spiralförmig“ um die Schachtanlage herum mit der Zwischenlagersuche zu beginnen. Die Asse II-Begleitgruppe will jedoch bundesweit nach Vergleichsstandorten suchen. Michael Funder begründete diese Forderung damit, dass es in der Bevölkerung vor Ort derzeit „keine ausreichende Akzeptanz“ für ein Asse-nahes Zwischenlager gebe. Um die Akzeptanz für ein Zwischenlager in der Region zu schaffen, seien Standortvergleiche und eine nachvollziehbare Darstellung der Entscheidung unbedingt erforderlich.
Auch Claus-Jürgen Schillmann mahnte eine „nachvollziehbare und sachgerechte Entscheidung“ an. Er betonte, dass es der Begleitgruppe nicht darum gehe, ein standortnahes Zwischenlager grundsätzlich zu verhindern. Sie fordere lediglich eine Untersuchung, ob ein entfernterer Standort nicht möglicherweise besser geeignet sei. Wolfgang Neumann ergänzte, Atomtransporte seien zwar ein Problem. Aber genauso müssten bei der Zwischenlagersuche auch die Störfallszenarios an unterschiedlichen Standorten berücksichtigt werden. Er forderte das Bfs auf, endlich mit der Suche nach ein Standort zu beginnen. „Ich sehe keinen Grund für eine Verzögerung.“
Dem entgegnete BfS-Präsident König, vor Beginn der Suche sei eine Verständigung auf die Rahmenbedingungen erforderlich. Dass die Suche derzeit ausgesetzt sei, bedeute außerdem nicht, dass das BfS den Rückholungsprozess verzögern wolle, wie es ihm vorgeworfen werde. Auch die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium (BMUB), Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), wies diese Vermutung „entschieden“ zurück.
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