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Berlin: (hib/PK) Die von Union und SPD vorgesehene zügige Vorbereitung und Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wird von Gesundheitsexperten nachdrücklich begrüßt. Bei einer Anhörung am Mittwoch im Gesundheitsausschuss über einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Präventionsgesetz (18/4282) waren sich die Sachverständigen im Grundsatz einig, dass bei dieser wichtigen Reform keine weitere Zeit verloren werden dürfe.
Der Änderungsantrag sieht im Wesentlichen vor, im Sozialgesetzbuch XI (Soziale Pflegeversicherung) als Vorschaltgesetz einen Paragrafen 17a zu schaffen mit dem Titel „Vorbereitung der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs“. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird darin beauftragt, unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) „die Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungsverfahren) zu ändern“.
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff einschließlich des sogenannten Neuen Begutachtungsassessments (NBA) soll noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden. Zur Vorbereitung wurden im Frühjahr 2014 zwei Erprobungsstudien in Auftrag gegeben, die inzwischen vorliegen und nach Angaben der begleitenden Gesundheitsexperten positive Ergebnisse und wichtige Hinweise gebracht haben. Fachleute sind sich einig, dass die Einführung eines neuen Pflegebegriffs dringend nötig und sogar überfällig ist, zumal schon seit neun Jahren daran gearbeitet werde. Das Ziel ist die Gleichbehandlung von somatisch, kognitiv und psychisch bedingten Beeinträchtigungen bei Pflegebedürftigen.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll es künftig statt bisher drei Pflegestufen fünf Pflegegrade geben, um die Pflegebedürftigkeit genauer zuordnen zu können. Dabei wird nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden. Vielmehr soll der Grad der Selbstständigkeit im Alltag entscheidend sein. Das soll Demenzkranken nachhaltig zugutekommen. Finanziert werden sollen die neuen Leistungen, für die in dieser Wahlperiode ein zweites Pflegestärkungsgesetz vorgesehen ist, durch eine Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge um 0,2 Prozentpunkte. Mit den beiden Gesetzen werden die Pflegebeiträge um insgesamt 0,5 Prozentpunkte angehoben. Dadurch stehen fünf Milliarden Euro mehr pro Jahr für die Pflegeleistungen bereit.
Einzelne Verbände erklärten in ihren schriftlichen Stellungnahmen, dass sie bei der Beratung des ersten Pflegestärkungsgesetzes 2014 schon auf die Notwendigkeit einer klaren zeitlichen Folgeplanung hingewiesen hätten. Es hätte die Möglichkeit bestanden, die nötigen Vorbereitungen für die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bereits zu treffen, merkte etwa die Gewerkschaft Verdi an.
So habe der Expertenbeirat deutlich gemacht, dass die Einführung des neuen Pflegebegriffs mindestens 18 Monate in Anspruch nehmen werde. Nach Ansicht der Gewerkschaft werden die in der zweiten Reformstufe veranschlagten Mittel in Höhe von 2,4 Milliarden Euro jährlich nicht ausreichen. Verdi mahnte zudem, eine mögliche Schlechterstellung von Pflegebedürftigen durch die Einführung des neuen Pflegebegriffs auszuschließen.
Der MDS wies solche Spekulationen über „Verlierer der Pflegereform“, die unlängst in den Medien dargestellt wurden, in der Anhörung zurück. Mit dem neuen Pflegebegriff und den künftig fünf Pflegegraden würden die Betroffenen zwar anders zugeordnet. Annähernd alle Fälle bekämen jedoch auch einen Pflegegrad zuerkannt.
Der Sozialverband Deutschland erklärte, mit den flankierenden Vorbereitungen wie der Überarbeitung der Richtlinien sollte unmittelbar begonnen werden, damit bei Inkrafttreten des neuen Pflegebegriffs keine weitere Zeit verloren gehe.
Auch der GKV-Spitzenverband begrüßte die Initiative der Fraktionen. Der vorgezogene Auftrag zur Erarbeitung der Begutachtungsrichtlinien ermögliche eine termingerechte Vorbereitung des Projekts. Nach Einschätzung des Deutschen Pflegerates wird die Einführung des neuen Pflegebegriffs „zu umfangreichen Neujustierungen der Beratungspraxis führen“. Daher seien die jetzt getroffenen Vorbereitungen unerlässlich.
In der Anhörung wiesen Fachleute auf den zunehmenden Mangel an qualifizierten Pflegekräften hin. So rechnete Verdi vor, dass schon 2016 voraussichtlich 19.000 Pflegefachkräfte fehlen werden. Bis 2030 würden rund 140.000 professionelle Pfleger benötigt. Es müsse somit eine Fachkräfteoffensive gestartet werden. Zudem sei jetzt schon mehr Geld für die Gewinnung der Fachkräfte nötig.
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