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Berlin: (hib/STO) Die Pläne zur Einführung einer Karenzzeit für ausgeschiedene Mitglieder der Bundesregierung stoßen bei Experten auf ein im Grundsatz überwiegend positives Echo. Dies wurde am Montag bei einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zu dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/4630) deutlich.
Danach soll die Beschäftigung eines ehemaligen oder amtierenden Mitglieds der Bundesregierung außerhalb des öffentlichen Dienstes zukünftig in den ersten 18 Monaten nach seinem Ausscheiden aus der Regierung untersagt werden können. Die Regelung soll analog auch für Parlamentarische Staatssekretäre gelten. Die Beschäftigung soll durch die Regierung bis zu einem Jahr, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monaten, unterbunden werden können, wenn die neue Beschäftigung in Bereiche fällt, die in den Zuständigkeitsbereich des Regierungsmitglieds während seiner Amtszeit gehörten, oder wenn sie „das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigen kann“.
Die Entscheidung über ein entsprechendes Verbot soll die Regierung auf Empfehlung eines beratenden Gremiums treffen, dessen Mitglieder Funktionen an der Spitze staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt verfügen. Mit dem Gesetz soll verhindert werden, dass durch den Anschein einer voreingenommenen Amtsführung mit Blick auf spätere Karriereaussichten oder durch die private Verwertung von Amtswissen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigt wird.
In der Anhörung bescheinigte Professor Frank Bätge von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen dem Gesetzentwurf, mit dem Grundgesetz in Einklang zu stehen. Zwar stelle ein Tätigkeitsverbot einen Eingriff in Grundrechte der Betroffenen dar. Es lägen jedoch keine Grundrechtsverletzungen vor, weil dieser Eingriff gerechtfertigt und verhältnismäßig sei. Insgesamt halte er die Regelung für angemessen. Professor Bernd Grzeszick von der Universität Heidelberg nannte die Regelung „in Bezug auf die Berufsfreiheit angemessen und damit in der Sache verhältnismäßig“. Professor Lothar Michael von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität sah ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf. Er würde indes empfehlen, die Entscheidung über eine Karenzzeit statt der Regierung einem parlamentarischen Gremium zu übertragen. Auch halte er es für „unglücklich“, dass die Bundesregierung selbst die Mitglieder des beratenden Gremiums bestellen soll.
Timo Lange von „LobbyControl - Initiative für Transparenz und Demokratie“ begrüßte, dass man nach einer jahrelangen Debatte „über das Ob und Wie“ nun über einen Gesetzentwurf zum Thema Karenzzeiten für Minister und Parlamentarische Staatssekretär diskutieren könne. Die Zielsetzung des Gesetzentwurfes begrüße er ausdrücklich, doch sehe er noch Nachbesserungsbedarf an einigen Punkten. So müsse es etwa klar sei, dass keine Tätigkeit aufgenommen wird, bevor die Bundesregierung darüber eine Entscheidung getroffen hat. Die Vorsitzende von „Transparency International Deutschland“, Edda Müller, wertete den Gesetzentwurf als Beitrag zur Verbesserung der politischen Kultur in Deutschland. Die vorgesehene Karenzzeit von zwölf beziehungsweise 18 Monate halte ihre Organisation indes für zu kurz. „Nicht optimal“ sei zudem „das Fehlen einer Sanktion bei Verletzung der Anzeigepflicht“. Auch müsse in dem Gesetzentwurf eine verpflichtende Evaluierung vorgesehen werden.
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