Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > 07
Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will das Sexualstrafrecht reformieren. Mit einem Gesetzentwurf (18/5384) sollen nach Ansicht der Grünen bestehende Strafbarkeitslücken im Bereich der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung geschlossen werden.
Die Grünen-Fraktion begründet ihr Vorhaben zum einem damit, dass die aktuelle Rechtslage zu hohe Anforderungen an die Erfüllung des Tatbestands der sexuellen Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung stelle. So sei die in Paragraph 177 Absatz 1 Nummer 3 des Strafgesetzbuches genannte Ausnutzung einer schutzlose Lage in der Rechtsprechung so ausgelegt worden, dass sie "nicht im sozialen Nahbereich zum Tragen kommt, obwohl dort die meisten sexuellen Übergriffe stattfinden", kritisieren die Grünen insbesondere mit Verweis auf Urteile des Bundesgerichtshofs. Überhaupt sei das Abstellen auf sogenannte qualifizierte Nötigungsmittel - neben der Ausnutzung einer schutzlosen Lage des Opfers zählt dazu noch die Anwendung oder die Androhung von Gewalt - durch den Täter, in dem Straftatbestand problematisch. Zum anderen verweisen die Grünen auf Strafbarkeitslücken bei sogenannten Überraschungstaten als auch auf die Notwendigkeit, die "Istanbul-Konvention" umzusetzen.
Die Grünen schlagen vor, dass der neu zu benennende Straftatbestand der sexuellen Misshandlung bereits dann erfüllt ist, wenn der Täter mit einem "empfindlichen Übel" droht, wie es auch der Nötigungstatbestand im Paragraph 240 des StGB vorsieht. Damit sollen laut Gesetzesbegründung solche Fälle erfasst werden, in denen etwa ein Sporttrainer ein Mädchen zu sexuellem Kontakt nötigt, indem er droht, ihre Teilnahme an einem Turnier sei ansonsten gefährdet. Diese Konstellation sei bisher nicht strafbewehrt, kritisieren die Grünen.
Zudem wollen die Grünen jene Fälle in einem neuen Absatz II der Norm gesondert regeln, in denen der Täter das Opfer überrascht und dieses keine Gelegenheit hat, einen Abwehrwillen zu bilden und diesen zu artikulieren. Darunter soll zum Beispiel der vom Täter plötzlich hergestellte sexuelle Körperkontakt, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, fallen. Auch der Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen soll unter dem Merkmal der Ausnutzung von Schutz- und Wehrlosigkeit erfasst werden. Folglich soll nach Willen der Grünen der bisher dafür vorgesehene Paragraph 179 des StGB wegfallen.
Außerdem sollen die Fälle strafbar werden, in denen das Opfer zwar seinen entgegenstehenden Willen verbal oder durch Verhalten nach außen hin erkennbar zum Ausdruck bringt, aber die eigentliche Tat erduldet. Die Grünen führen etwa sogenannte Gewaltbeziehungen an, in denen der Täter die Angst des Opfers vor möglicher Gewaltanwendung ausnutzt, ohne dass in dem konkreten Sachverhalt eine Drohung oder Anwendung nötig wäre.
Auch unterwegs aktuell informiert mit der kostenlosen App "Deutscher Bundestag" und unter m.bundestag.de.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentsnachrichten
Verantwortlich: Jörg Biallas
Redaktion: Alexander Heinrich, Claudia Heine, Michael Klein, Claus Peter Kosfeld, Hans Krump, Hans-Jürgen Leersch, Johanna Metz, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein