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Berlin: (hib/JBB) Ein Gesetzesentwurf der Linksfraktion „zur Herstellung einer institutionellen Unabhängigkeit der Justiz“ (17/11703) stößt bei Experten mehrheitlich auf Kritik. Das ist das Fazit einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss am Montag. Eine weitere Grundlage der Diskussion war ein Gesetzesentwurf „zur Änderung des Grundgesetzes - Herstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz“ (17/11701). Die Fraktion schlägt eine umfassende Reform der Justizstrukturen vor, mit denen die Judikative zu einer organisatorisch unabhängigen dritten Staatsgewalt umgeformt werden soll. Nach Meinung der Fraktion sei die Justiz als einzige der drei Staatsgewalten „nicht organisatorisch unabhängig“. Da sie von der Exekutive verwaltet werde, hätten deren Einflussmöglichkeiten aber erhebliche Bedeutung für die Justiz.
Nach Ansicht von Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, ist eine Reform der Justiz im Sinne der Vorschläge der Linksfraktion nicht notwendig. Die Vorschläge trügen nichts zur Stärkung der Garantie der richterlichen Unabhängigkeit bei. Unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten öffneten sie zudem eine Lücke zwischen der ersten und dritten Gewalt, die bisher über die zweite Gewalt, den Gesetzgeber, geschlossen werde. Eine nach den Reformvorschlägen unabhängige dritte Gewalt könne sich der demokratischen Kontrolle entziehen. Außerdem führten die Reformvorschläge nicht zur Effizienzsteigerung der Justiz, sagte Papier, da sie die Gefahr einer Politisierung im Kampf um die Finanzierung mit sich brächten. Grundsätzlich ginge die Diskussion an den wirklichen Problemen der deutschen Justiz vorbei.
Für Joachim Wieland, Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, gibt es kein Defizit, das beseitigt werden müsse. Die Einwirkung der Exekutive beispielswiese beim Besetzen der Richterämter sei demokratisch legitimiert. Er wies ferner daraufhin, das es in Deutschland eine Gewaltenverschränkung gebe und keine Gewaltenteilung. Die Reformvorschläge führten zu einer „Rückkehr zu einer ständischen Ordnung“. Fabian Wittreck von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wies darauf hin, dass die Entwürfe für die Folgedienste der Justiz blind seien. Die große Mehrzahl der Mitarbeiter in der Justiz seien keine Richter oder Staatsanwälte. Nach den Vorschlägen wären diese dann von Personen abhängig, die nicht demokratisch legitimiert seien.
Peter Küspert, Präsident des Oberlandesgericht Nürnberg, verglich die dem Gesetzesentwurf zugrunde liegende gefährdete Unabhängigkeit der Richter mit einem „Scheinriesen“. Je mehr man nach Beispielen für eine Einflussnahme der Politik auf die Arbeit der Justiz frage, umso weniger konkret würden diese. Andreas Heusch, Präsident des Verwaltungsgericht Düsseldorf sagte, der Gesetzesentwurf konstruiere einen „nicht vorhandene Reformbedarf“, es entstehe der Eindruck, die Richter müssten aus ihrer „unbewussten Unmündigkeit befreit werden“. Werner Kannenberg, Mitglied des Bundesvorstandes der Neuen Richtervereinigung, sprach sich hingegen für die Reformvorschläge aus. Sie wären eine Weiterentwicklung der Gewaltenteilung und verfassungsrechtlich bedenkenfrei. Die Richter und Staatsanwälte wären so eindeutig politisch unabhängig, was heute nicht der Fall sei: So hätten die Justizminister großen Einfluss auf die Karriere von Richtern und ganz direkt von Staatsanwälten.
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