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Berlin: (hib/AHE) Deutschland wird bis mindestens 2016 jährlich bis zu 430 Millionen Euro für den Aufbau in Afghanistan bereitstellen und ist damit nach den USA und Japan drittgrößter bilateraler Geber. Diese Unterstützung bleibe an Bedingungen und an Reformen der afghanischen Seite geknüpft, wie sie im Tokioer Rahmenwerk gegenseitiger Verpflichtungen zwischen Afghanistan und der internationalen Gebergemeinschaft vereinbart worden seien, heißt es in dem als Unterrichtung vorliegendem Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Lage in Afghanistan 2014 (18/3270).
Im Berichtszeitraum habe die afghanische Regierung einige Reformen erreicht, „gleichwohl sind noch stärkere Anstrengungen notwendig, um eine sozial und wirtschaftlich gesunde Zukunft Afghanistans zu sichern“. Als positiv vermerkt die Bundesregierung etwa die Kabuler Beschlussfassungen für ein neues Mehrwertsteuergesetz- und ein Bergbaugesetz, das als zentrale Voraussetzung für internationale Investitionen gelte. Der Erschließung von Rohstoffen werde mittel- langfristig große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans beigemessen.
Die neue Regierung unter Präsident Ashraf Ghani und Abdullah Abdulahh im neu geschaffenen Amt des Regierungsvorsitzenden werde sich „mit Dringlichkeit“ der Aufgabe stellen müssen, ein friedliches und rechtsstaatliches Geschäftsumfeld zu schaffen und die Weichen für eine „sich selbst tragende Wirtschaft“ zu stellen, heißt es weiter. Die Bundesregierung schreibt in diesem Zusammenhang für das Jahr 2014 von einer Wirtschafts- und Budgetkrise, die strukturelle Ursachen habe und nur zum Teil mit der langanhaltenden Tauziehen nach der Stichwahl um das Präsidentenamt und dem Nachfrageausfall durch den schrittweisen Abzug der internationalen Truppen zu erklären sei. Die Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung würden auf bis zu 50 Prozent der Erwerbsbevölkerung geschätzt. „Afghanistan besitzt eine junge, schnell wachsende Bevölkerung“, jährlich würden etwa 500.000 junge Frauen und Männer zusätzlich mit der Suche nach einer beruflichen Perspektive auf den Arbeitsmarkt drängen. Aufgrund fehlender Kapazitäten könnten nur fünf Prozent der 15- bis 19-Jährigen eine formale berufliche Ausbildung absolvieren.
Der Fortschrittsbericht listet jedoch auch positive Entwicklungen auf: So habe sich das Bruttoinlandsprodukt zwischen 2001 und 2013 auf 670 US-Dollar pro Kopf versechsfacht, mehr Menschen als je zuvor hätten Zugang zu Wasser, Strom, ärztlicher Versorgung und Bildung. Darüber hinaus hätten die Präsidentschaftswahlen dieses Jahres gezeigt, dass es trotz der Versuche der regierungsfeindlichen Kräfte (RFK), die Abstimmung zu be- oder zu verhindern, „ein in den Anfängen funktionierendes demokratisches Gemeinwesen“ in Afghanistan gebe, „an dessen Zukunft seine Bürger mehrheitlich glauben und das von seinen Sicherheitskräften wirksam verteidigt wird“.
Die Stärke der afghanischen Sicherheitskräfte („Afghan National Security Forces“, ANSF) wertet die Bundesregierung als „manifesten Ausdruck der Aufbauleistung, die ohne das langjährige Engagement der internationalen Gemeinschaft unmöglich gewesen wäre“. Die Sicherheitslage habe sich im Vergleich zum letzten Fortschrittsbericht nicht entscheidend verändert, sie wird insgesamt als „ausreichend kontrollierbar“ bezeichnet. „Den regierungsfeindlichen Kräften gelang es jedoch, ihre Handlungsfähigkeit insbesondere in den ländlichen, vornehmlich paschtunisch geprägten traditionellen Kernräumen zu erhöhen“. Die Bundesregierung zeigt sich zuversichtlich, dass die ANSF auch 2015 nach Ende des ISAF-Einsatzes in der Lage sein werden, die Aktivitäten der RFK „weitgehend auf deren traditionelle Kernräume zu begrenzen“. Man bleibe unverändert der festen Überzeugung, dass letztendlich nur ein innerafghanischer Friedens- und Versöhnungsprozess zu dauerhaftem Frieden führen kann.
Als „politisch wünschenswert“ bezeichnet es die Bundesregierung, wenn die Mission „Resolute Support“ (RSM), die nach dem ISAF-Truppenabzug ab Januar 2015 den afghanischen Sicherheitskräften mit Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur Seite stehen soll, in einer neuen Resolution des VN-Sicherheitsrates begrüßt würde. „Resolute Support“ erfolge auf Basis des Ende September 2014 unterzeichneten Nato-Afghanistan-Truppenabkommens. Über den Antrag der Bundesregierung (18/3246) zu einem Einsatz der Bundeswehr, die sich mit bis zu 850 Soldaten und damit voraussichtlich als zweitgrößter Truppensteller an RSM beteiligen soll, berät der Bundestag am Freitag dieser Woche.
Die Bundesregierung bekennt sich zudem in ihrem Fortschrittsbericht zur Fürsorgepflicht für die „zahlreichen afghanischen Ortskräfte“, die bisher für deutsche Stellen in Afghanistan tätig waren und mit der Reduzierung der deutschen Präsenz ihre Arbeit verlieren würden. „Jeder individuell gefährdeten Ortskraft bietet die Bundesregierung die Aufnahme in Deutschland zusammen mit ihrer Kernfamilie an.“ Bislang - mit dem Stand Ende Oktober 2014 - seien „über 1.134 Gefährdungsanzeigen“ bearbeitet worden, in 504 Fällen sei eine Gefährdung festgestellt und daraufhin eine Aufnahmezusage für Deutschland erteilt worden. 240 Ortskräfte seien bislang zusammen mit ihren Familienangehörigen (insgesamt 770 Personen) nach Deutschland ausgereist.
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