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Berlin: (hib/JOH) Der geplante Fonds für strategische Investitionen (EFSI, kurz „Juncker-Fonds“), mit dem die EU-Kommission zwischen 2015 und 2017 europäische Investitionen in Höhe von mindestens 315 Milliarden Euro mobilisieren will, wird von Sachverständigen in Deutschland im Grundsatz begrüßt. So bezeichnete Luca Bergamaschi von der unabhängigen gemeinnützigen Organisation „E3G - Third Generation Environmentalism“ den Fonds als „echte Chance“, Investitionen in Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Stromnetze und andere nachhaltige Technologien anzuregen und so eine klimafreundliche Energieunion in Europa zu realisieren. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass der EFSI nur Projekte fördere, die im Einklang mit den europäischen Klima- und Energiezielen stünden und eine Grundlage für nachhaltigen Wohlstand bildeten. Außerdem sollte sich nach Ansicht von Bergamaschi die Förderung auf solche Bereiche konzentrieren, in denen aufgrund von Marktversagen ein Mangel an Investitionen besteht.
Regina Hodits vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften - German Private Equity and Venture Capital Association e.V. bezeichnete die Stärkung der Innovationsfinanzierung in Europa als „dringend notwendig“, da es hier eine große Finanzierungslücke gebe. Zwar würden in Deutschland und in Europa mehr Patente und wissenschaftliche Publikationen in allen Fachbereichen geschrieben als in den USA. Aber es stünde nur ein Zehntel des Kapitals zur Umsetzung zur Verfügung. „Das liegt sehr wohl an der Risikoeinschätzung“, urteilte Hodits. So würden so genannte „Equity Investments“ und Investitionen in Aktien in Europa immer noch als sehr risikobehaftet angesehen. Garantieinstrumente wie der EFSI könnten daher helfen, Investitionen zu mobilisieren. Allerdings müssten die Instrumente unbürokratisch anwendbar sein.
Auf die große Investitionslücke in Europa wies auch Sebastian Gechert (Hans-Böckler-Stiftung, Institut für Makrookönomie und Konjunkturforschung) hin. So seien die öffentlichen Nettoinvestitionen im Euroraum seit der Krise um zirka ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes und die privaten Investitionen um zirka zwei bis drei Prozent gesunken. Das bedeute in der Summe ein Volumen von 300 Milliarden Euro jährlich im Vergleich zum Vorkrisenniveau. Die Europäische Investitionsbank (EIB) veranschlage die Investitionen, die notwendig wären, um den Rückstand in der Wettbewerbsfähigkeit bis zum Jahr 2020 aufzuholen, sogar auf 600 Milliarden Euro pro Jahr. Gechert gab daher zu Bedenken, dass der EFSI mit einem geplanten Volumen von 315 Milliarden Euro in drei Jahren „recht klein“ sei. Außerdem sei auch nicht davon auszugehen, dass die 315 Milliarden Euro durch die von der Kommission erhoffte Hebelwirkung tatsächlich erreicht werden. Schließlich stecke in dem Fonds mit insgesamt 21 Milliarden Euro kaum Eigenkapital der EU. „Der Hebel von 1:15 an nachweisbaren und zusätzlichen privaten Investitionen ist aus unserer Sicht unrealistisch“, betonte Gechert. Der Grundstock an öffentlichen Mitteln müsste daher schon im Vorhinein deutlich erhöht werden, etwa durch eine Beteiligung der Nationalstaaten.
Dieser Forderung Gecherts schloss sich auch Gunnar Münt von der EIB in Luxemburg an. Eine Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten sei „sehr sinnvoll“ angesichts der Begrenzung des Fondsvolumens. „Mehr hilft eben auch mehr“, betonte Münt. Deutschland beteilige sich bereits mit acht Milliarden Euro über die KfW-Bankengruppe, zudem hätten Frankreich, Italien, Polen, Spanien und Luxemburg angekündigt, weitere Mittel über ihre jeweiligen Förderbanken zur Kofinanzierung auf Ebene der Mitgliedstaaten bereitzustellen.
Anders als Gechert geht der EIB-Direktor für den Bereich Innovation und Wettbewerbsfähigkeit jedoch davon aus, dass die EFSI-Mittel von 21 Milliarden Euro für Risikofinanzierungen ausreichen werden, um zusätzliche Investitionen in Höhe von 315 Milliarden Euro ermöglichen. Die EIB, in deren bestehende Strukturen der Fonds eingebettet werden soll und die sich mit fünf Milliarden Euro an der Fonds-Finanzierung beteiligt, werde die Mittel vor allem dazu verwenden, risikoreichere Investitionsprojekte auf den Weg zu bringen, indem sie mehr Ausfallrisiken übernehme, erklärte Münt. Startbeginn für den EFSI sei „voraussichtlich Mitte 2015“. Die EIB habe bereits mit der Auswahl und Prüfung von Investitionsprojekten begonnen.
Lutz Christian-Funke von der KfW-Bankengruppe lobte, das Beste am Juncker-Plan sei, dass man nicht länger auf „verlorene Zuschüsse“ setze, sondern „endlich“ umsteige auf Garantien und Kredite. „Da sehen Sie wenigstens Ihr Geld wieder, ansonsten ist es weg“, sagte Funke. Dies sei auch das Erfolgsgeheimnis der KfW. Die Investoren gingen viel verantwortungsvoller mit ihrem Geld um, wenn sie es zurückzahlen müssten. Nach Ansicht von Funke reichten die Garantien der EU zudem aus. Dieses Geld könne man in den kommenden zwei Jahren sinnvoll einsetzen.
Professor Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln forderte, die Schlüsselkriterien für den Fonds um das Prinzip der Zusätzlichkeit zu ergänzen, damit Investitionsprojekte, die auch ohne staatliche Förderung realisiert würden, sowie Projekte, die aus anderen EU- oder Förderbanktöpfen unterstützt werden könnten, unangetastet bleiben. Bei der Auswahl der Investitionsprojekte sollte zudem besonders beachtet werden, dass diese den Ausbau transeuropäischer Infrastruktur forcierten. Dies gelte nicht nur im Verkehr, sondern auch mit Blick auf den digitalen Binnenmarkt und die europäischen Energienetze.
Kritik übte Hüther an der zeitlichen Begrenzung des Investitionsprogramms. „Das Auflegen eines europäischen Fonds für strategische Investitionen für eine dermaßen kurze Frist kann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht begrüßt werden“, betonte er. Der erwartete Projektstart vor 2017 sei „sicherlich mehr dem EU-Haushaltszyklus geschuldet als dem der weitsichtigen Förderung zukunftsträchtiger Investitionen“. Gunnar Münt vertrat demgegenüber die Ansicht, dass die Befristung sinnvoll sei, da der Effekt ansonsten verpuffe. Wenn der Fonds erfolgreich sei, könne man jedoch über eine Verlängerung nachdenken.
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