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Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Anhörung- 01.07.2015
Berlin: (hib/ROL) Das duale System wird international und im Inland höchst unterschiedlich bewertet. Das machte Professor Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag in Berlin deutlich.
International werde das duale System so hoch bewertet wie niemals zuvor. Das hänge auch mit der wirtschaftlichen Prosperität Deutschlands zusammen und der niedrigen Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Ferner werde im Ausland sehr positiv bewertet, dass der Arbeitsplatz zugleich Lernplatz sei.
In Deutschland selbst werde das System von Forschern wie Praktikern nicht mehr uneingeschränkt positiv gesehen. Im Vergleich zu vor zehn Jahren würden heute rund 100.000 Ausbildungsverträge weniger vermittelt, zugleich gebe es immer mehr offene Stellen und auf der anderen Seite rund 80.000 junge Menschen, die keinen Ausbildungsvertrag bekämen. Gerade bei kleinen Betrieben sei die Ausbildungsquote rückläufig und liege momentan bei gut 20 Prozent. Vor fünf Jahren hätten immerhin noch rund 24 Prozent der Betriebe ausgebildet.
"Das hat natürlich auch mit der zunehmenden Akademisierung der Gesellschaft zu tun", sagte Esser. Aber man solle nicht den Fehler machen, das duale System gegenüber dem Hochschulsystem auszuspielen. Vielmehr sei es wichtig, dass duale System wieder wettbewerbsfähig zu machen. Es gebe im dualen System gravierende Strukturprobleme, viele Berufsbilder würden nicht ausreichend positiv vermittelt. "Man muss junge Menschen faszinieren", so Esser. Aber es gebe natürlich auch eine andere Bewertung und Sichtweise von jungen Menschen auf ihre zukünftige Berufstätigkeit, die sich von der Sichtweise der Generation davor unterscheide. Beispielsweise würden viele junge Menschen Wert auf die Vereinbarung von Familie und Beruf legen. Das sei in einigen klassischen Handwerksberufen wie dem Bäckerhandwerk und der Lebensmittelbranche ein Problem, räumte Esser ein.
Bislang hatten Experten auch stets die problematische demographische Entwicklung in Deutschland ins Feld geführt. Angesichts der zunehmenden Flüchtlingsströme aus aller Welt würde sich dieses Problem deutlich nivellieren, analysierte Esser. "Nun ist es für die Bundesrepublik wichtig, aus Arbeitspotenzial Beschäftigungspotential zu machen."
Grundsätzlich sieht Esser auch in der Digitalisierung der Wirtschaft eine große Chance für das duale System. Dadurch würde es wieder attraktiver werden.