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Als Vorsitzende des Bundes für soziale Verteidigung bat sie vor vier Jahren den SPD-Abgeordneten Klaus Brandner, eine Patenschaft für den damals inhaftierten ägyptischen Wehrdienstverweigerer Maikel Nabil Sanad zu übernehmen. Heute sitzt Dr. Ute Finckh-Krämer selbst im Bundestag, hat von Brandner die Patenschaft für Sanad übernommen – und ein waches Auge auf dessen Bruder Mark, der ebenfalls nicht zur Armee will. Es waren alarmierende Nachrichten, die Ute Finckh-Krämer 2011 aus Ägypten erreichten: Der Militärkritiker und Blogger Maikel Nabil Sanad, der im Jahr zuvor als einer der ersten Ägypter überhaupt den Wehrdienst verweigert hatte, war von einem Militärgericht in Kairo zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden – wegen “Beleidigung des Militärs“, „Verbreitung falscher Informationen“ und „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“.
Finckh-Krämer, damals wie heute Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung, der sich laut Selbstdarstellung „für gewaltfreie Politik und konstruktive Konfliktbearbeitung“ einsetzt, wollte dem jungen Mann unbedingt helfen. Sie selbst saß damals noch nicht im Bundestag, hatte aber als aktives SPD-Mitglied in Berlin und aufgrund ihres jahrelangen intensiven Engagements für Wehrdienstverweigerer gute Kontakte ins Parlament.
"Ich habe dann Klaus Brandner gebeten, sich für Maikel einzusetzen“, erinnert sich die zierliche 58-Jährige. Brandner, damals SPD-Abgeordneter im Bundestag, sagte auch sofort zu und setzte alle Hebel in Bewegung, um eine baldige Freilassung seines Schützlings zu erreichen.
Als Vorsitzender der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe hatte er hervorragende Verbindungen in das Land, das in den Monaten vor und nach dem Sturz des damaligen Staatspräsidenten Hosni Mubarak unruhige Zeiten und eine Welle willkürlicher Verhaftungen erlebte.
„Klaus wies mich damals auf das Programm 'Parlamentarier schützen Parlamentarier' hin“, erzählt Finckh-Krämer weiter. Als er vorschlug, im Rahmen dieses Programms, kurz PsP genannt, die Patenschaft für Sanad zu übernehmen, war die promovierte Mathematikerin sofort angetan von der Idee. Denn: „Durch PsP bekommt der Einsatz für einen verfolgten Menschenrechtler etwas Offizielles. Es steht dann die Autorität des Menschenrechtsausschusses dahinter.“
Die Geschichte von Maikel Nabil Sanad nahm ein gutes Ende: Ende Januar 2012 wurde er nach zehn Monaten Haft begnadigt und freigelassen. Wenig später kam er nach Deutschland, um in Erfurt einen Studiengang in „Public Policy“ zu absolvieren. Im Mai 2012 lernte Finckh-Krämer ihn dann auf seiner Rundreise durch Deutschland auch persönlich kennen.
„Ich war wirklich beeindruckt von ihm und seinen durchdachten Analysen der politischen Situation in Ägypten“, sagt die Mutter zweier erwachsener Söhne über den heute 29-Jährigen, der inzwischen in den USA lebt. „Ich erinnere mich, dass er sagte, für ihn sei nicht der Ausgang der Wahl in Ägypten entscheidend, sondern der demokratische Prozess an sich, also die Frage, ob die Wahl demokratisch abläuft.“
Ein Jahr später dann kam es zwischen ihr und Klaus Brandner zu einer Art Stabwechsel im Parlament: Während sich Brandner entschied, im Herbst 2013 nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren, trat Finckh-Krämer für den Berliner Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf an – und schaffte den Einzug ins Hohe Haus.
Selbstredend, dass es die bekennende Pazifistin, deren politisches Lebensthema das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist, in den Auswärtigen und in den Menschenrechtsausschuss zog. In Letzterem lag eine PsP-Liste mit den Namen verfolgter Menschenrechtler aus. „Als ich den Namen von Maikel gelesen habe, habe ich gleich gesagt, dass ich die Patenschaft für ihn von Klaus, der ja nicht mehr im Bundestag war, übernehmen will“, erinnert sie sich.
So schließt sich der Kreis. Zwar muss Finckh-Krämer für Sanad, der sich entschlossen hat, vorerst nicht nach Ägypten zurückzukehren, derzeit nicht aktiv werden. Doch sie verfolgt sehr genau, was in seinem immer noch nicht zur Ruhe gekommenen Heimatland vor sich geht – nicht zuletzt, weil Sanads Eltern und sein jüngerer Bruder Mark noch dort leben.
Vor allem um Mark, der ebenfalls den Kriegsdienst verweigert, macht sie sich Sorgen. „Zurzeit kommt man in Ägypten deswegen nicht ins Gefängnis“, sagt sie. „Ich habe aber immer ein Auge auf die Entwicklungen dort und würde sofort eine Patenschaft für Mark übernehmen, sollte das nötig werden.“ (nal/10.08.2015)