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Rund fünf Stunden will sich der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch, 23. September 2015, Zeit nehmen, um Sachverständige zu den vier Gesetzentwürfen von fraktionsübergreifenden Gruppen von Abgeordneten zum Thema „Sterbebegleitung“ zu befragen. Die Sitzung unter Vorsitz von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) beginnt um 14 Uhr im Anhörungssaal 3.101 des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin. An der Anhörung können alle Abgeordneten teilnehmen.
Die Sitzung wird live im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Ausschussvorsitzende Renate Künast hat selbst zusammen mit Dr. Petra Sitte (Die Linke) und Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sowie weiteren Abgeordneten einen Gesetzentwurf „über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung“ (18/5375) vorgelegt. Danach soll nur die kommerzielle Beihilfe zur Selbsttötung strafbar sein. Ärzte sollen freiwillig beim Suizid assistieren und dabei nicht durch berufsständische Regelungen eingeschränkt werden dürfen. Beihilfe sollen auch Vereine oder Organisationen leisten können, wenn sie nicht „gewerbsmäßig“ handeln. Ärzte, aber auch Organisationen sollen zur Beratung und Dokumentation verpflichtet werden.
Zur Begründung führen die 53 unterzeichnenden Abgeordneten an, dass es keinem Menschen von Staat und Gesellschaft abverlangt werden dürfe, „einen qualvollen Weg bis zum bitteren Ende zu gehen und zu durchleiden“. Suizid und Beihilfe dazu seien ohnehin bereits straffrei. Eine Strafbarkeitslücke bestehe nicht.
Eine zweite Grippe von Abgeordneten um Prof. Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer und Hubert Hüppe (alle CDU/CSU) nennt ihren Gesetzentwurf „über die Strafbarkeit der Teilnahme an einer Selbsttötung“ (18/5376). Gefordert wird eine Verschärfung des Strafrechts, um sowohl die Anstiftung als auch die Beihilfe zum Suizid unter Strafe zu stellen. Ausnahmen, etwa für Ärzte und Angehörige oder für bestimmte Krankheitsbilder, sind nicht vorgesehen. In einem neuen Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches solle eine maximale Freiheitsstrafe von fünf Jahren für Beihilfe und Anstiftung zur Selbsttötung normiert werden.
Zur Begründung schreiben die 35 unterzeichnenden Abgeordneten, dass der Gehilfe bei der Suizidbeihilfe nicht nur die Wertentscheidung des Suizidenten billigt, sondern selbst den Tötungserfolg durch notwendiges Handeln anstrebt, indem er etwa das Mittel zur Verfügung stellt. „Der assistierte Suizid ist daher keine Sterbebegleitung, sondern das Beenden des Lebens in Fällen, in denen der Tod noch nicht von allein kommt. Das wollen wir nicht“, heißt es weiter.
Einen Gesetzentwurf „zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung“ (18/5374) hat eine dritte Gruppe von Abgeordneten um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU/CSU), Dr. Carola Reimann, Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach und Burkhard Lischka (alle SPD) vorgelegt. Der Entwurf sieht vor, ärztliche Suizidbeihilfe zu ermöglichen. Dazu solle eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch geschaffen werden, die die ärztliche Assistenz zur Selbsttötung erlaubt und anleitet. Voraussetzung für die Suizidassistenz soll sein, dass der volljährige Patient unter einer unheilbaren, tödlichen Krankheit leidet und krankheitsbedingtes Leiden durch Suizid abwenden möchte. Die Hilfestellung des Arztes soll freiwillig sein.
Zur Begründung schreiben die 107 unterzeichnenden Abgeordneten, dass die Regelung notwendig sei, um Rechtssicherheit für Ärzte und Patienten herzustellen. Auch würde dadurch die Selbstbestimmung der Patienten gestärkt. Obwohl Suizid und Suizidbeihilfe straffrei seien, sehe das ärztliche Standesrecht in zehn von 17 Ärztekammerbezirken vor, jede Form von ärztlicher Suizidbeihilfe zu untersagen, kritisieren die Abgeordneten.
Die „Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ steht im Mittelpunkt des vierten Gesetzentwurfs (18/5373), den unter anderem die Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Die Linke) und Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) eingebracht haben. Sie wollen mit einem entsprechenden Paragrafen im Strafgesetzbuch die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellen. Davon betroffen wären Vereine, Organisationen und Einzelpersonen, die mit oder ohne gewerbsmäßige Absicht Suizidassistenz anbieten. Ihnen würde bei einer Verurteilung eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren drohen. Angehörige oder dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die im Einzelfall handeln, sollen hingegen von der Strafandrohung ausgenommen sein.
Die 210 unterzeichnenden Abgeordneten begründen dies damit, dass eine geschäftsmäßig angebotene Suizidhilfe die Selbsttötung als normale Behandlungsoption erscheinen lassen und Menschen dazu verleiten könne, sich das Leben zu nehmen. Der Einzelfall der Suizidbeihilfe in einer „schwierigen Konfliktsituation“ beziehungsweise durch Angehörige würde hingegen nicht kriminalisiert. Ebenso wenig wäre die passive Sterbehilfe betroffen. (scr/14.09.2015)
Zeit: Mittwoch, 23. September 2015, 14 bis etwa 19 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Anhörungssaal 3.101
Interessierte Besucher können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-32430, Fax: 030/227-36081, E-Mail: rechtsausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden. Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.
Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.