Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2013
Zwei Jahre nach dem verheerenden Reaktorunfall in Fukushima (Japan) nimmt sich der Bundestag 90 Minuten Zeit, um die über die Atomenergiepolitik zu beraten. Die Debatte beginnt am Freitag, 15. März 2013, voraussichtlich um 10.40 Uhr. Bündnis 90/Die Grünen (17/12509) und die SPD (17/12688) legen dazu Anträge vor. Beide Vorlagen sollen in den Ausschüssen weiterberaten werden.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, Japan und den Fukushima-Opfern weiterhin Hilfe und Unterstützung anzubieten und auf die neue japanische Regierung einzuwirken, auf den geplanten Wiedereinstieg in die dauerhafte Atomkraftnutzung zu verzichten und stattdessen den Aufbau einer Versorgung mit erneuerbaren Energien zu beginnen.
In Deutschland solle die Regierung den Atomausstieg vollenden, indem die Sicherheitsanforderungen für alle Atomanlagen erhöht werden und die Energieforschung sich am Ausstiegsbeschluss ausrichtet. Darüber hinaus verlangt die Fraktion, das Ausbauziel für erneuerbare Energien im Stromsektor auf über 45 Prozent im Jahr 2020 anzuheben.
Der Bundestag stimmt ferner über eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/11713) zu Anträgen der SPD (17/8927) und der Grünen (17/7670) ab. Während die SPD fordert, den seit 1957 nahezu unveränderten Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom-Vertrag) an die "Herausforderungen der Zukunft" anzupassen, wollen die Grünen den Vertrag ändern, um den Atomausstieg europaweit voranzubringen und das "Atomprivileg" zu beenden.
Die SPD will unter anderem, dass alle Passagen des Vertrages gestrichen werden, die Investitionen in die Atomenergie begünstigen. Die frei werdenden Mittel sollten stattdessen für die Forschung und Entwicklung von erneuerbaren Energien eingesetzt werden.
Die Grünen plädieren dafür, die im Vertrag verankerte Sonderstellung der Kernenergie abzuschaffen. Auch sollte der Export von Atommüll und abgebranntem Kernbrennstoff verboten werden. Die Fraktion setzt sich dafür ein, eine "Europäische Gemeinschaft für erneuerbare Energien" zu schaffen.
Abgestimmt wird auch über eine Beschlussempfehlung des Europaausschusses (17/11723) zu einem Antrag der Linksfraktion (17/6151), eine solche Europäische Gemeinschaft für erneuerbare Energien zu Grünen und Euratom aufzulösen. Die Linke verweist darauf, dass Euratom seit dem Vertrag von Lissabon strukturell aus der EU ausgegliedert ist und als eigenständige Gemeinschaft fortgesteht. Die institutionelle und finanzielle Verflechtung mit der EU sei jedoch nicht aufgehoben worden, weil Euratom aus dem allgemeinen EU-Haushalt finanziert werde.
Zur Abstimmung steht ebenso eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zu Anträgen der SPD (17/9578) und der Linksfraktion zusammen mit den Grünen (17/9579), in denen jeweils gefordert wird, für den Bau des Atomkraftwerks Angra 3 in Brasilien keine Hermes-Bürgschaft als Exportabsicherung zu gewähren. Aus Sicht der SPD sollten die Atomverträge mit Brasilien und Argentinien durch eine Kooperation über erneuerbare Energien und Energieeffizienz ersetzt werden. Die SPD gibt die Bürgschaft für Angra 3 mit 1,3 Milliarden Euro an.
Linke und Grüne argumentieren, Deutschland sei 2011 aus der Atomenergie ausgestiegen, fördere aber dennoch die Nutzung und den Ausbau der Atomtechnologie in anderen Ländern. Daher sollte den am Bau beteiligten deutschen Firmen die Exportkreditbürgschaft nicht gewährt werden.
Entscheiden müssen die Abgeordneten schließlich auch über eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses zu einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/11206), mit Frankreich über eine Stilllegung besonders gefährlicher grenznaher Atomkraftwerke in Frankreich zu verhandeln. Dabei geht es um die Meiler im lothringischen Cattenom und im elsässischen Fessenheim.
Bei Fessenheim handele es sich um das älteste noch in Betrieb befindliche Atomkraftwerk Frankreichs. Das Atomkraftwerk in Cattenom nahe der saarländischen Grenze weise gravierende Defizite auf, heißt es im Antrag der Grünen. (vom/07.03.2013)