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Die von der Bundesregierung geplanten Neuregelungen des Energieeinsparungsgesetzes (17/12619) und der Energieeinsparverordnung (EnEV) wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unter Vorsitz von Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) am Mittwoch, 17. April 2013, deutlich. Das Gesetz verpflichtet Bauherren, alle Neubauten nach dem 31. Dezember 2020 als Niedrigstenergiegebäude zu errichten. Für Neubauten, die von Behörden genutzt werden und im Eigentum von Behörden stehen, soll diese Verpflichtung bereits zwei Jahre früher wirksam werden.
Skeptisch zu dem Vorhaben äußerten sich Vertreter der Immobilienwirtschaft und verwiesen auf mögliche Auswirkungen auf Baukosten und Mieten. Ausdrücklich begrüßt wurde hingegen, dass es keine Verschärfungen für den Gebäudebestand geben soll.
Es sei richtig, im Bestand beim Prinzip der Freiwilligkeit zu bleiben, sagte Walter Rasch von der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID). Bei einheitlich hohen Vorgaben für die energetische Sanierung sei die Effizienz nicht gesichert, was auch zu einem Druck auf die Mieten führen könne, fügte er hinzu.
Eine Ausweitung der Vorgaben auf den Bestand sei wirtschaftlich nicht sinnvoll und stoße auf verfassungsrechtliche Bedenken, sagte Kai H. Warnecke von der Eigentümer-Schutzgemeinschaft Haus und Grund. "Eine solche Enteignung auf kaltem Wege lehnen wir ab", machte er deutlich.
Dagegen übte Carsten Wachholz vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) Kritik an der Regelung. Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung energierelevanter Bauteile und Technik seien sehr unterschiedliche, teils realitätsferne Annahmen getroffen wurden, kritisierte Wachholz.
Werner Genter von der KfW-Bankengruppe befürwortete die Zielrichtung des Gesetzentwurfs, ab 2020 Neubauten als Niedrigstenergiehäuser zu errichten. Das sei nötig, wolle man bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen. Einer entsprechenden Energieeinsparpflicht bei der Sanierung von Bestandsgebäuden steht der KfW-Vertreter skeptisch gegenüber. Dies könne dazu führen, dass das Sanierungstempo nachlasse.
Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) begrüßt die geplante Steigerung der Effizienzstandards, machte dessen Vertreter Harald Rapp deutlich. In der Umsetzung müsse allerdings sichergestellt werden, dass die bisherige Balance aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und dem Einsatz von erneuerbaren Energien weiterhin bestehen bleibe, sagte Rapp.
Mehrfamilienhäuser würden durch die geplante Verschärfung stärker belastet als Einfamilienhäuser, bemängelte Dietmar Walberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen. Das sei "nicht zielführend", da Mehrfamilienhäuser sowohl im Bau als auch in der Nutzung grundsätzlich energie- und ressourcenschonender ausgeführt und betrieben werden könnten. Walberg sprach sich zudem für Änderungen beim Energieausweis aus, der derzeit keine Akzeptanz habe. Mit Verweis darauf, dass jedes Gebäude ein Unikat und daher auch nicht klassifizierbar sei, warnte er gleichzeitig davor, stattdessen ein Klassensystem entwickeln zu wollen.
NABU-Vertreter Wachholz sah das anders. Auch wenn es möglicherweise zu einigen Ungerechtigkeiten kommen könne, sei ein Klassensystem der richtige Weg.
Für eine Einführung von Energieeffizienzklassen sprach sich auch Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag aus. Damit würde sich vieles vereinfachen, sagte er. Als "problematisch" bewertete er, dass die öffentliche Hand als Bauherr eine Art Vorbildfunktion übernehmen solle.
"Das können wir nicht alleine stemmen", sagte der Vertreter der Kommunen und sprach sich für eine Unterstützung durch den Bund im Sinne eines "Konjunkturpaketes 3" aus. (hau/18.04.2013)