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Als vor 30 Jahren, am 19. Mai 1983, der Deutsche Bundestag beschloss, zur Klärung der Flick-Spendenaffäre einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, war der Skandal längst da. In der Öffentlichkeit machte das Wort von der "gekauften Republik" die Runde. Der Verdacht stand im Raum, dass der Flick-Konzern durch Parteispenden politische Entscheidungen beeinflusst hatte. Dieser hatte im Jahr 1975 Aktien im Wert von fast zwei Milliarden D-Mark verkauft. Der Erlös war reinvestiert worden und das Unternehmen hatte dafür beim Bundeswirtschaftsministerium eine Steuerbefreiung beantragt.
Die Anträge wurden als "volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig" genehmigt. Auffällig zeitnah hatten die FDP-Wirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff und Dr. Hans Friderichs großzügige Spendengelder des Flick-Konzerns erhalten.
Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts der Bestechung und Steuerhinterziehung gegen die beiden Minister und den ehemaligen Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch.
Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass über Jahre hinweg alle etablierten Parteien entgegen den gesetzlichen Vorschriften in großem Umfang, oft über den Umweg gemeinnützig eingestufter parteinaher Organisationen, Spenden des Flick-Konzerns erhalten hatten.
Im Dezember 1981 wurde die Affäre aufgrund des großen Medienechos öffentlich. Schnell wurde aus der Flickspendenaffäre eine Parteispendenaffäre und nach Meinung vieler Beobachter der erste große Politskandal der Bundesrepublik Deutschland.
Von allen Vorwürfen unbelastet und im März 1983 zum ersten Mal im Deutschen Bundestag vertreten, beantragte als erstes die Fraktion der Grünen einen Untersuchungsausschuss, "um die rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse unter politischen Vorzeichen zu erreichen", wie es der damalige Fraktionsvorsitzende Otto Schily später in der Debatte formulierte. Einen Tag später, am 27. April 1983, reichte auch die SPD-Fraktion einen entsprechenden eigenen Antrag ein.
Nach kurzer Debatte wurde die Einsetzung des Untersuchungsausschusses nicht ohne Widerspruch der christlich-liberalen Regierungskoalition beschlossen. Jedoch werde die CDU/CSU-Fraktion für den SPD-Antrag stimmen, aufzuklären sei ja schließlich ein Sachverhalt aus der Regierungszeit von Altkanzler Schmidt, betont der spätere Ausschussvorsitzende Dr. Manfred Langner (CDU/CSU) für seine Fraktion.
Dass es bei diesem Untersuchungsausschuss aber gerade nicht um "billige wechselseitige Parteipolitik" gehen könne, betont hingegen Dr. Dieter Spöri (SPD). "Dieser Untersuchungsausschuss beleuchtet Zusammenhänge, durch die das Grundverständnis unserer Demokratie in Zweifel gezogen wird. Es kann deshalb nicht um Häme und Schadenfreude gehen", stellte der Wirtschaftsexperte klar. Dazu sei der Untersuchungsgegenstand viel zu ernst.
Eine Ansicht, die auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Klaus Beckmann, teilte. Da aber die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses nichts anderes als ein Instrument des politischen Kampfes mit anderen Mitteln und eine Fortführung der Pressekampagnen sei, sei dies abzulehnen. Im Übrigen sei es bisher parlamentarische Sitte gewesen, das Ergebnis anhängiger Verfahren abzuwarten und nicht in den Pressetenor der Vorverurteilungen einzusteigen, kritisierte Beckmann.
Parteipolitische Auseinandersetzungen, Schuldzuweisungen und große mediale Aufmerksamkeit begleiteten die mühsame Aufarbeitung des Untersuchungsausschusses, bis er sich nach 85 Sitzungen und 321 Stunden Zeugenvernehmung, in der 49 Zeugen befragt wurden, im März 1985 auflöste.
Bis heute bleibt ungeklärt, ob der Flick-Konzern durch seine Parteispenden politische Entscheidungen beeinflusst hat. Auch die dem damaligen Bundestagspräsident Dr. Rainer Barzel (CDU/CSU) vorgeworfenen Verwicklungen in die Flick-Affäre, die 1984 zu seinem Rücktritt führten, konnten nie nachgewiesen werden.
In der Folge wurden jedoch Regeln im Parteiengesetz über die Offenlegung privater Spenden verschärft und ergänzt. Und es gelang dem Untersuchungsausschuss, durch eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Aktenherausgabe weitreichende Rechte für parlamentarische Untersuchungsausschüsse zu erkämpfen. (klz/15.05.2013)