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Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 13. Juni 2013, in einer 45-minütigen Debatte mit dem 17. Tourismuspolitischen Bericht der Bundesregierung (17/13674) beschäftigt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Ernst Burgbacher (FDP), erinnerte an die Folgen des Hochwassers auch für den Tourismus, der von der Flut "empfindlich getroffen wurde". Hier sei nun Soforthilfe vonnöten. Man müssen den Menschen sagen, dass man in alle Gebiete fahren könne. "Es gibt keinen Grund, diese Gebiete zu meiden."
Mit dem tourismuspolitischen Bericht habe die Bundesregierung eine Bilanz der letzten vier Jahre vorgelegt. Sie habe in dieser Legislaturperiode eine Menge für den Tourismus erreicht. "Der Tourismus in Deutschland läuft rund, das zeigt unser Bericht", sagte Burgbacher. Deutschland erfreue sich wachsender Beliebtheit in der Welt, man habe die Zeit für eine neue Willkommenskultur im Land genutzt.
Zentrale Projekte zeigten schon heute Wirkung. So habe sich die Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen als "äußerst erfolgreiches Investitions- und Modernisierungsprogramm für die Hotelbranche" erwiesen, "allen Unkenrufen hier drin zum Trotz". Die Tourismuswirtschaft sei ein ökonomisches Schwergewicht: 2,9 Millionen Erwerbstätige arbeiteten in der Branche, Deutschland sei Kongress- und Messeland nummer eins in Europa.
Ein achtprozentiger Zuwachs an Übernachtungen sei doppelt so hoch wie bei den europäischen Nachbarn. "Wir sind stolz auf Made in Germany, aber auch Holiday in Germany steht hoch im Kurs." Zugleich verabschiedete sich Burgbacher aus dem Bundestag. Er habe sich jetzt 15 Jahre für den Tourismus in Deutschland eingesetzt, in der nächsten Legislaturperiode sei er nicht wieder dabei. "Ab November werde ich die guten Rahmenbedingungen nutzen und selber dafür sorgen, dass die Zahlen nach oben gehen."
Marlene Mortler wies für die CDU/CSU darauf hin, dass der Tourismus eine Querschnittsaufgabe sei und deshalb auch Länderaufgabe. Die konkrete Planung liege dort, der Bund sei nur für die Verbesserung der Rahmenbedingungen und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit zuständig.
Die Bundesregierung wolle auch weiterhin für optimale Rahmenbedingungen sorgen und zusammen mit den Landestourismusorganisationen nach neuen Kooperationen und touristischen Vermarktungsmöglichkeiten suchen. So setze man zusammen mit der Landwirtschaftlichen Rentenbank verstärkt auf die Finanzierung von touristischen Projekten im ländlichen Raum.
Als besondere Erfolge der Regierung hob sie das Gesetz zur Schlichtungsstelle im Luftverkehr hervor. Das Verfahren zu außergerichtlicher Streitbeilegung werde sich bewähren, wie es sich im Bahnverkehr auch schon bewährt habe. Eines der wichtigsten Projekte der Regierung sei zudem das Papier zum Tourismus in ländlichen Raum gewesen. Es zeige modellhafte Lösungswege, aber auch größtmögliche Praxisnähe auf, sagte sie. "Wer das gelesen hat, sagt: Klasse, Frau Mortler, klasse, Bundesregierung."
Hans-Joachim Hacker von der SPD sagte, den Opfern der Flutwelle müsse geholfen werden, die Soforthilfe reiche längst nicht aus, eine ähnliche Anstrengung wie 2002 sei vonnöten. Für Hacker spiegelt der Bericht die positiven Daten wieder: "Hier findet Beschäftigung statt, hier findet Wertschöpfung statt." Aber all die Lobhudelei der Regierung helfe nicht weiter, es gebe Bereiche, die verbessert werden müssten.
Als Beispiel nannte er die Ausbildung und Entlohnung insbesondere im Bereich des Gastgewerbes. Wichtig sei hier die Frage der Entlohnung: "Das ist der Bereich, wo es am meisten klemmt." Deshalb forderte er die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. "Im Gaststättengewerbe sind Löhne unter sieben Euro dabei. Das sind Zustände, die wir nicht akzeptieren können." Zudem könne es nicht sein, dass 40 Prozent der Auszubildenden die Ausbildung abbrechen. Diese hohe Zahl sei alarmierend.
Dr. Ilja Seifert von der Linksfraktion sagte, der Bericht reihe akribisch aneinander, was die Regierung alles getan habe und irgendwie dem Tourismus zugeordnet werden könne. Die Regierung solle aber nicht nur aufzählen, sondern gestalten. "Für den Tourismus hieße das, nicht nur philosophische Leitlinien aufzuzeigen. Das, was hier noch fehlt, ist der Gestaltungswille."
Seifert forderte, die Stelle eines Tourismusbeauftragten zu schaffen: "Jemanden, der wirklich mit Kompetenzen und Befugnissen ausgestattet ist." Seifert warf der Regierung vor, zwar immer wieder die Zahl der im Tourismus beschäftigten Menschen zu nennen, doch komme die Qualität der Arbeit zu kurz. "Wenn aber nach den Arbeitsbedingungen gefragt wird, bleibt es still." Zudem verstelle der einseitige Blick auf die Wertschöpfung den Blick auf den eigentlichen Sinn des Tourismus.
uch Markus Tressel (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass der Tourismusbericht die Kernprobleme der Branche nur streife: "Die Realität spricht eine andere Sprache." Tressel sagte, der Tourismusbericht sei reine Fleißarbeit, es fehle der Ausblick in die Zukunft. "Sie nennen Fakten, Daten, aber eine Schlussfolgerung, eine politische Vision bleiben Sie auch mit diesem Bericht schuldig."
Trotz der guten Zahlen stehe der Tourismus in Deutschland vor großen Herausforderungen. Die Regierung ignoriere viele Problemfelder. "Arbeits- und Ausbildungssituation sind eindeutig verbesserungswürdig." Zudem habe die Regierung den Sanierungsstau in den Kommunen und die geringe Eigenkapitalausstattung in der Hotel- und Gaststättenbranche im Bericht gänzlich ausgespart.
Horst Meierhofer von der FDP lehnte die Vorschlag der Opposition, Mindestlöhne einzuführen, ab. Das sei im Bereich des Tourismus gefährlich: "Das wird nicht funktionieren, Sie werden genau das Gegenteil erreichen und mehr Schwarzarbeit produzieren."
Der Verdienst des Berichtes sei, dass er "endlich einmal belastbare Zahlen" liefere. Zudem behandele er Punkte, in denen es in Zukunft Wachstumschancen gebe: Wassertourismus, Gesundheitstourismus, Tourismus auf dem Land. "Das sind die Punkte, von denen wir in den nächsten Jahren profitieren werden." (jbb/13.06.2013)