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Es war ein Leserbrief, der Oswin Veith zur Politik brachte: Als Jurastudent ärgerte sich der heute 53-jährige Christdemokrat so sehr über die fehlende Ortsumgehungsstraße in seiner hessischen Heimatgemeinde Wöllstadt, dass er zum Stift griff und an die örtliche Zeitung schrieb. Ein Brief, der Aufmerksamkeit erregte: „Einige Wochen später fragte mich mein Nachbar, der für die CDU im Gemeindevorstand saß, ob ich nicht politisch aktiv werden wolle – und lud mich zur nächsten Fraktionssitzung ein. Seither bin ich dabei“, erinnert sich Veith, der seit Oktober 2013 seinen Wahlkreis in der Wetterau im Bundestag vertritt und dort unter anderem Mitglied des Innenausschusses ist.
Den Brief schrieb Veith vor mehr als 30 Jahren, 1983, zur Zeit der „geistig-moralischen Wende“: Helmut Kohl war erstmals Bundeskanzler. Dennoch seien es nicht bundespolitische, sondern vor allem lokale Themen gewesen, die ihn als 22-Jährigen dazu bewogen hätten, in der CDU aktiv zu werden, so Veith.
„Ich war vorher lange Klassensprecher gewesen, mit 16 Jahren Jugendleiter im Musikverein und engagierte mich als Ministrant und später Pfarrgemeinderat in der Kirchengemeinde. Mir war es immer wichtig, mich einzubringen.“
Gesellschaftliches Engagement ist für ihn eine Selbstverständlichkeit – und liegt in der Familie. Auch Veiths Eltern und Geschwister waren in Vereinen aktiv, sein Großvater als „Ortsbrandmeister“ bei der Feuerwehr, der andere Großvater im Gemeinderat.
In seine Fußstapfen tritt schließlich der Enkel: Zehn Jahre, von 1985 bis 1995, gehört Oswin Veith der Gemeindevertretung in Wöllstadt an.
Nebenbei absolvierte er in Gießen sein Studium und startete eine Laufbahn als Verwaltungsjurist, die ihn nach dem Zweiten Staatsexamen Anfang der 1990er-Jahre als Referent und Rechtsberater ins Bundesverteidigungsministerium nach Bonn führte. Später wechselte er ans Bundesverwaltungsgericht und schließlich zum Hessischen Rechnungshof nach Darmstadt.
Dort war der Volljurist als persönlicher Referent des Rechnungshofpräsidenten und Pressesprecher tätig, darüber hinaus oblag ihm als Prüfungsgruppenleiter die finanzielle Kontrolle der Spitzen des Landes – darunter der Ministerpräsident, die Staatskanzlei und der Landtagspräsident. „Als ich die Anfrage bekam, habe ich nicht lange überlegt. Das war eine unglaublich spannende Aufgabe und große Chance, mich fachlich weiterzuentwickeln.“
Die Verwaltungskarriere stellt er aber zurück, als ihn die Partei fragt, ob er als ihr Kandidat bei der Wahl 1997 gegen das amtierende Stadtoberhaupt in Butzbach antreten will. „Das Bürgermeisteramt gehört zu den schönsten Ämtern, die dieses Land zu vergeben hat“, schwärmt Veith. Es ist keine Frage, dass er die Herausforderung annimmt – und aus dem Stand die Direktwahl gewinnt.
Doch die Arbeit des Bürgermeisters gehört auch zu den zeitintensivsten: „Tagsüber Dienst, dann kurz nach Hause, umziehen, nicht selten bis spät am Abend Ratssitzungen oder andere Termine“, erinnert sich Veith. Viel Zeit für die Familie sei ihm da nicht geblieben, räumt der Vater einer Tochter ein. „Das Amt kostet viel Kraft. Aber wenn man es richtig machen will, dann muss man sich engagieren.“
Und das tut er. „Ich wollte etliche Probleme auf einmal lösen, hatte oft viele Eisen im Feuer – für einige meiner Parteifreunde waren es manchmal sogar zu viele“, sagt Veith und erzählt von Großprojekten wie der Bewerbung um die Ausrichtung des „47. Hessentages“, der Sanierung des alten Landgrafenschlosses, in das später das Rathaus einzog - oder dem Neubau einer lange umstrittenen Mehrzweckhalle.
„Man kann schon graue Haare bekommen“, sagt Veith. „Aber wenn man sieht, wie nach all den Diskussionen die Halle schließlich eingeweiht werden kann und das kommunale Leben bereichert, dann ist das ein tolles Erlebnis.“
Acht Jahre ist Veith das Oberhaupt der 25.000-Einwohner-Stadt, bevor er Erster Kreisbeigeordneter und Vize-Landrat wird – und damit unter anderem verantwortlich ist für die Finanzen des Wetteraukreises. Die Bürgermeisterjahre aber sind für ihn die Zeit, „in der ich gestalten konnte wie nie zuvor“.
Argumentieren, überzeugen, führen können – so beschreibt der Jurist, der eigentlich gerne Dirigent eines Orchesters geworden wäre, seine Fähigkeiten. Als Jugendlicher leitete er ein Blasorchester, heute reicht ihm die Zeit nur noch für ein gelegentliches Posaunenspiel.
Auch wenn die Töne noch sitzen, wie er beteuert, überlässt er das Musizieren nun lieber anderen. Dirigieren kann er schließlich auch in der Politik – und in der Bundeswehr.
Seit 2011 ist Veith, der in seiner Zeit im Justizministerium auch als Wehrdisziplinaranwalt arbeitete, Oberst der Reserve. So es seine Arbeit zulässt, vertritt er etwa acht Wochen pro Jahr den hauptamtlichen Leiter in der Generalstabsabteilung 1 der Division Luftbewegliche Operationen im unterfränkischen Veitshöchheim.
Wenn dieser im Urlaub oder zu Fortbildungen unterwegs ist, holt Veith seine Uniform aus dem Schrank und fährt zur Truppe. Das will er weiterhin tun, auch wenn er nun zwischen Berlin und der Wetterau pendelt.
Der Kommunalpolitik, in der er so lange aktiv war, bleibt Veith im Bundestag ebenfalls verbunden: „Für mich ist sie die Königsdisziplin“, erklärt er. Hier bekomme man das nötige Rüstzeug, um auf allen anderen Ebenen der Politik bestehen zu können.
Im Unterausschuss Kommunales will er sich dafür einsetzen, dass „Bund und Länder keine Gesetze verabschieden, die die Städte und Gemeinden zu viel Geld kosten und überfordern“. „Es muss ausgewogen sein“, betont Veith. „Die Kommunen können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie finanziell ausreichend ausgestattet sind.“ (sas/14.07.2014)