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Es nützte nichts: All die von der Fraktion Die Linke vorgetragenen Zahlen zum Anstieg der befristeten Beschäftigung konnten zumindest die Koalitionsfraktionen nicht dazu bewegen, den Linken-Initiativen zuzustimmen. Und so endete die Debatte über die Abschaffung von Kettenbefristungen und sachgrundlosen Befristungen, die Die Linke in zwei Anträgen forderte, am Donnerstag, 24. September 2015, ohne Überraschungen: Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD und gegen die Stimmen von Linken und Bündnis 90/Die Grünen lehnte der Bundestag den Antrag (18/1874) ab, in dem sich die Linken dafür ausgesprochen hatten, das unbefristete Arbeitsverhältnis zur Regel zu machen. Der zweite Antrag für ein Ende von Kettenbefristungen (18/4098) wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Klaus Ernst (Die Linke) begründete die Initiativen seiner Fraktion mit der aus seiner Sicht dramatischen Zunahme befristeter Arbeitsverträge. Heute gebe es drei Mal so viele nur befristete Jobs wie vor 20 Jahren, nämlich 2,7 Millionen, beklagte er.
„Der Arbeitsmarkt ist in Unordnung“, schlussfolgerte er und kritisierte, dass befristete Arbeitsverträge den Beschäftigten keine sichere Lebensplanung erlaubten und von den Unternehmen dazu genutzt würden, um Dauerarbeitsplätze abzubauen und den Kündigungsschutz zu umgehen.
Die von den Linken konstatierte Schieflage konnte Wilfried Oellers (CDU/CSU) nicht erkennen. Im Gegenteil: Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes würden belegen, dass bei den Kernerwerbstätigen nur 6,9 Prozent befristet beschäftigt seien. Dies sei der niedrigste Stand seit 1991, rechnete Oellers ausführlich vor.
„Sie betreiben hier lediglich Panikmache, denn das unbefristete Arbeitsverhältnis ist schon jetzt die Regel“, so Oellers. Natürlich müsse man auf einzelne Missbrauchsfälle reagieren, dies sei aber Sache der Gerichte. „Befristete Arbeitsverhältnisse sind unverzichtbar, um auf eine veränderte wirtschaftliche Lage flexibel reagieren zu können“, betonte der CDU-Politiker.
Das wollte Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) auch gar nicht abstreiten. Dennoch bräuchten die Beschäftigten ein gewissen Maß an Sicherheit und diese Balance fehle. „Das können Sie nicht weiter ignorieren“, richtete sie sich an die Koalitionsfraktionen.
„Befristungen sind und bleiben ein Problem“, sagte Müller-Gemmeke. Denn sie gingen einher mit unsicherer Lebensplanung, geringerem Verdienst und ermöglichten kaum Aufstiegs- und Weiterbildungschancen. Den Verweis auf die Gerichte im Missbrauchsfall lehnte sie ab, denn dies sei ein steiniger Weg, vor dem die meisten Beschäftigten zurückschreckten, so die Grüne.
Gabriele Hiller-Ohm (SPD) warf der Linken vor, das Parlament mit immer den gleichen Anträgen zum selben Thema zu konfrontieren. „Wir alle kennen die Fakten, die haben sich seit der letzten Debatte auch kaum verändert“, sagte sie. Gleichwohl handele es sich nicht um Fakten zum Zurücklehnen.
So sei es falsch, dass die Hälfte der Neueinstellungen nur befristet erfolge. Und es bleibe auch weiter eine SPD-Forderung, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen. „In einer Koalition ist man jedoch zu Kompromissen verdonnert und hier müssen wir in den sauren Apfel beißen“, schob Hiller-Ohm den schwarzen Peter an die Unionsfraktion. (che/24.09.2015)