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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 17. Juni 2013)
bei Nennung der Quelle frei zu sofortigen Veröffentlichung –
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU), plädiert für die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr. Aktuell sehe er zwar kein Szenario für einen Einsatz, mittelfristig sollten aber die Fähigkeiten von Kampfflugzeugen durch unbemannte Systeme ersetzt werden, sagt er im Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“. Beck sprach sich zugleich für die Entwicklung eines entsprechenden Systems zusammen mit den europäischen Verbündeten aus. Der mögliche Kauf von amerikanischen oder israelischen Systemen wie dem „Predator“ oder der „Heron TP“ wäre „nur eine Übergangslösung. Der Verteidigungspolitiker schloss aber den Einsatz von Kampfdrohnen zur gezielten Tötung gesuchter Terroristen, wie dies von den USA praktiziert wird, definitiv aus. Wörtlich sagte er: „Das ist nach unserer Rechtsordnung absolut ausgeschlossen. Die Bundeswehr wird ausschließlich gemäß deutschem Recht und durch ein Mandat des Deutschen Bundestages eingesetzt. Es gilt auch das humanitäre Kriegsvölkerrecht.“ Es sei eine „perfide Unterstellung“ wenn behauptet würde, die Bundeswehr wolle Kampfdrohnen zu diesem Zweck beschaffen. Beck übte zugleich scharfe Kritik an der Opposition im Zusammenhang mit dem geplanten „Euro Hawk“-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Es sei das erklärte Ziel der Oppositionsfraktionen, die Glaubwürdigkeit von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) so zu beschädigen, dass er zurücktreten muss. Wer politische Verantwortlichkeiten klären wolle, müsse weiter zurückschauen. Das Projekt sei von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) auf den Weg gebracht und von seinem Nachfolger Peter Struck (SPD) gefördert worden. Auch der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) trage Verantwortung für die Finanzierung der gescheiterten Aufklärungsdrohne.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat sich für die Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ausgesprochen. Unterstützen Sie diesen Wunsch?
Ja. Die Notwendigkeit von bewaffnungsfähigen Drohnen für die Bundeswehr ist mittelfristig unabweisbar. Aktuell sehe ich aber kein Szenario, in dem wir dringend solche Drohnen benötigen würden. Mich stört vor allem die unselige Vermengung von Begriffen, die derzeit betrieben wird. Die Bundeswehr verfügt über keine Kampfdrohnen, sondern über Aufklärungsdrohnen. Und die sind dringend notwendig für den Schutz der Soldaten, besonders in Afghanistan. Mittelfristig sollten wir aber die Fähigkeiten von Kampfflugzeugen durch unbemannte Systeme ersetzen.
Wenn sie aktuell kein Szenario für den Einsatz bewaffneter Drohnen sehen, wo sollen sie dann mittelfristig eingesetzt werden?
Denken Sie beispielsweise an eine Situation wie in Mali. Das war ein typisches Beispiel dafür, wo es wichtig gewesen wäre, schnell Drohnen zur Aufklärung und zur Aufstandsbekämpfung vor Ort zur Verfügung zu haben. Die Aufgabe des Militärs ist es doch, sich auf unterschiedliche Szenarien vorzubereiten. Und die Aufgabe der Politik ist es, die Bundeswehr entsprechend auszurüsten und vor allem für den bestmöglichen Schutz der Soldaten zu sorgen.
Nach einer amerikanischen Studie leiden die Piloten von Kampfdrohnen ebenso oft unter Posttraumatischen Belastungsstörungen als Piloten von Kampflugzeugen. Steht das nicht im Widerspruch zum Schutz der Soldaten?
Ich kenne diese Studie nicht und kann sie deshalb nicht bewerten. Aber es wird doch niemand bezweifeln, dass ein Pilot, der eine Drohne von den USA aus in Afghanistan steuert, absolut geschützt ist, während ein Kampfpilot vor Ort der Gefahr ausgesetzt ist, abgeschossen zu werden.
Wie ernsthaft sind amerikanische Kampfflugzeuge davon bedroht, von Taliban-Kämpfern abgeschossen zu werden?
Mir ist nicht bekannt, dass US-Kampflugzeuge in Afghanistan abgeschossen worden sind – Hubschrauber aber sehr wohl. Ich erinnere aber daran, dass der Einsatz von „Stinger“-Luftabwehrraketen durch die Mudschaheddin maßgeblich zum Abzug der Sowjets beigetragen hat, weil der Luftraum nicht mehr uneingeschränkt beherrschbar war.
Können Sie sich einen Einsatz deutscher Kampfdrohnen, zur gezielten Tötung eines Terroristen vorstellen, wie dies von den USA praktiziert wird?
Das ist nach unserer Rechtsordnung absolut ausgeschlossen. Die Bundeswehr wird ausschließlich gemäß deutschem Recht und durch ein Mandat des Deutschen Bundestages eingesetzt. Es gilt auch das humanitäre Kriegsvölkerrecht. Für terroristische Straftaten gilt das Strafgesetzbuch.
Das heißt, diese Drohnen-Einsätze der Amerikaner stehen nicht im Einklang mit dem Völkerrecht?
Das müssen Juristen entscheiden. Die Amerikaner sehen sich im „Krieg gegen den Terrorismus“. Aber ich persönlich finde gezielte Tötungen äußerst problematisch. Ich halte es aber für eine perfide Unterstellung, wenn behauptet wird, die Bundeswehr wolle bewaffnete Drohnen zu diesem Zweck beschaffen.
Die Regierung will vor einer Beschaffung eine breite gesellschaftliche Debatte führen. Konkret im Bundestag setzt aber immer nur die Opposition das Thema auf die Tagesordnung...
Die Debatte wird doch seit dem vergangenen Jahr geführt. Minister de Maizière hat sie angestoßen. Im Januar dieses Jahres hat er vor dem Bundestag sieben Punkte genannt, die für Drohnen mit Bewaffnung sprechen. Geklärt werden sollte aber auch, ob und wie wir die unbemannten Systeme unter Kontrolle halten können, also die Aspekte der Rüstungskontrolle mit einbeziehen.
Für wie realistisch halten sie es, diese Waffensysteme mittels der Rüstungskontrolle noch einmal einzufangen?
Aus der Welt schaffen, lassen sich diese Systeme sicherlich nicht mehr. Denken Sie an das Stück „Die Physiker“ von Dürrenmatt. Der schrieb: „Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.“ Aber ein unkontrolliertes Ausufern muss man verhindern.
Noch vor wenigen Jahren hieß es, der Bundeswehr fehle es in den Auslandseinsätzen vor allem an Transportflugzeugen, Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen. Im Zuge der Neuausrichtung der Streitkräfte wurden aber genau bei diesen Systemen die Stückzahlen – etwa beim Transportflugzeug A400 M – erheblich gekürzt. Setzt das Verteidigungsministerium die richtigen Prioritäten, wenn es jetzt auf Drohnen setzt?
Die Grundfrage heißt: Sind wir für mögliche Szenarien, die unsere Sicherheit bedrohen, richtig aufgestellt? Und verfügen wir über die entsprechenden Fähigkeiten? Wir brauchen ein breites Fähigkeitenspektrum. Dem dient die Neuausrichtung der Bundeswehr. Mittelfristig brauchen wir bewaffnete Drohnen. Wir müssen an dieser Stelle eine Fähigkeitslücke schließen. Die Prioritäten wurden meines Erachtens richtig gesetzt.
Für eine Beschaffung von Kampfdrohnen gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Deutschland entwickelt sie mit den Verbündeten. Oder es werden verfügbare Systeme etwa in den USA oder Israel gekauft. Welcher Variante geben Sie den Vorzug?
Unbemannte Flugsysteme sind eine Zukunftstechnologie – auch im zivilen Flugverkehr. Da hilft es nichts, sich in die Ecke zu stellen und dies zu ignorieren. Aus diesem Grund bin ich dagegen, dass der Industriestandort Deutschland bei der Entwicklung von unbemannten Flugsystemen abhängig wird – weder von den Israelis noch von den Amerikanern. Ich plädiere für die Entwicklung eines europäischen Systems. Das kann zehn bis 15 Jahre dauern. Eine Beschaffung der amerikanischen, bewaffneten „Predator“-Drohne oder der israelischen „Heron TP“ wäre nur eine Übergangslösung bis wir eine europäische Lösung haben. Das wird auch in der Regierung so gesehen.
In der kommenden Sitzungswoche soll sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss konstituieren, um den Fall der gescheiterten Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ noch vor der Bundestagswahl aufzuarbeiten. Halten Sie das für realistisch?
Untersuchungsausschüsse sind Kampfinstrumente...
...das sagte schon Joschka Fischer...
...Richtig. Das erklärte Ziel der Opposition ist es, die Glaubwürdigkeit eines erfolgreichen Verteidigungsministers so zu beschädigen, dass er zurücktreten muss. Dementsprechend will die Opposition den Untersuchungsauftrag konzipieren. Aber der Ausschuss ist auch ein Instrument des gesamten Parlaments zur Aufklärung von Sachverhalten. Wir als Union wollen aufschlüsseln, warum das Projekt „Euro Hawk“ gescheitert ist. Und wer nach politischer Verantwortung fragt, muss weiter zurückblicken. Die rot-grüne Koalition mit Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hat das Projekt auf den Weg gebracht, sein Nachfolger Peter Struck (SPD) hat das Projekt im Jahr 2004 gefördert. In der Großen Koalition mit der SPD ist 2007 schließlich der Vertrag geschlossen worden und Peer Steinbrück hat als damaliger Finanzminister die Finanzierung mit zu verantworten. Aber ob all diese Fragen, in diesem engen Zeitraum seriös aufgeklärt werden können, bezweifle ich. In erster Linie geht es der Opposition um Wahlkampf.
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