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Qualifizierungsangebote können das Interesse an einem freiwilligen Engagement erhöhen. Diese Ansicht vertrat Dr. Georg Mildenberger, Leiter der Forschungsabteilung des Heidelberger Centrums für soziale Investitionen und Innovation, während der Sitzung des Unterausschusses "Bürgerschaftliches Engagement" unter Vorsitz von Markus Grübel (CDU/CSU) am Mittwoch, 28. September 2011. Mildenberger stellte dabei Ergebnisse einer Studie zum Thema „Qualifizierung und Anreizsysteme für das bürgerliche Engagement“ vor. Neben der Feststellung, dass „sich die Menschen durch das Engagement weiterbilden wollen“, kommt Mildenberger auch zu dem Schluss, dass nicht nur die Individuen, sondern auch die Organisationen des Engagements selbst qualifiziert werden müssten.
Angesichts der Aussagen des Freiwilligensurveys 2009, wonach die Gruppe der potenziell Engagierten zunehme, während die der Engagementfernen abnehme, sei die Pflege der Engagierten und der „Engagementreserve“ besonders wichtig. Der Grundsatz „Wer sich einmal engagiert, tut das bis an sein Lebensende“ gelte nicht mehr, sagte Mildenberger.
Vielmehr gebe es immer wieder Brüche, in denen der Engagierte in die Engagementreserve abwandere. Es sei ein ständiges Kommen und Gehen zu verzeichnen: „Wer zwei Jahre im Elternbeirat war, will dann vielleicht die nächsten zwei Jahre aussetzen, um dann doch wieder mitzuarbeiten“, sagte der Sozialwissenschaftler. Bei der Förderung der Engagierten müssten daher insbesondere die Übergangsphasen beachtet werden.
Zu Mildenbergers Empfehlungen zählte auch die Schaffung eines übersichtlichen Qualifizierungsangebotes. Angesichts der "erfreulicherweise" vorhandenen Vielzahl an Möglichkeiten sei es für die Interessierten schwer, sich einen Überblick zu verschaffen. Um zu mehr Effizienz zu gelangen, müssten zudem vorhandene Qualifizierungsangebote gemeinsam genutzt werden.
Wichtig sei zudem die Sichtbarmachung und Zertifizierung erlangter Kompetenzen. Auch müssten die Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements an den Schulen aufgezeigt werden. Mehr Sensibilität forderte Mildenberger von den Organisationen im Umgang mit Menschen aus bildungsfernen Schichten. Bei diesen Personen sei der Zugang zum Engagement weniger das Problem. Vielmehr würden sie oftmals schnell wieder aussteigen, da sie sich nicht ausreichend akzeptiert fühlten.
Die SPD-Abgeordnete Ute Kumpf machte in der anschließenden Diskussion auf das Problem aufmerksam, dass ehrenamtliche Mitarbeiter oftmals von den hauptamtlichen Mitarbeitern als Last angesehen würden. Als Beispiel nannte sie ehrenamtliche Bildungslotsen an einer Schule.
In solchen Fällen, so Mildenberger, wäre es hilfreich, eine flächendeckende Servicestruktur zu etablieren, bei denen sich etwa der Schulleiter eine Beratung für den Umgang mit Freiwilligen „ins Haus holen kann“. Für die meisten Vereine und Organisationen sei es schließlich nicht leistbar, eigens jemanden anzustellen, der sich um die Problematik der Freiwilligen kümmert.
Ob eventuell durch einer verbesserte Anerkennungskultur Arbeitslose vermehrt ins Engagement gebracht werden könnten, wollte der FDP-Abgeordnete Heinz Golombeck wissen. Mildenberger zeigte sich hier skeptisch. „Die Leute brauchen ganz einfach Geld“, so seine Aussage. Dabei solle es sich nicht um eine Entlohnung handeln, sondern müsse die Möglichkeit zur Teilnahme am geselligen Geschehen geschaffen werden.
„Wenn man nach dem Fußballtraining kein Geld hat, um mit den anderen ein Bier trinken zu gehen, fehlt die Geselligkeitskomponente“, sagte er. Organisationen und Vereine, die Langzeitarbeitslose zu freiwillig Engagierten machten, müssten seiner Ansicht nach dafür honoriert werden. Schließlich sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Freiwilligen, die erst wieder Struktur in ihr Leben bringen müssten, ungünstig. „Dafür muss der Verein entschädigt werden“, so Mildenberger.
Viele Senioren würden sich auf der einen Seite gern engagieren, hätten aber auf der anderen Seite kein Interesse an täglichen, oder terminlich festgelegten Diensten, sagte Katharina Landgraf (CDU/CSU). „Sie wollen helfen, aber wenn sie Lust haben auch mal spontan drei Wochen verreisen.“
Das sei in der Tat problematisch, entgegnete Mildenberger. Ohne die Bereitschaft zu fester Terminplanung, sei auch keine Kontinuität möglich. „Es geht nicht, dass die Unterrichtsnachhilfe mal drei Wochen einfach so ausfällt.“ Gelöst werden könne das Problem, indem etwa Gruppenstrukturen eingerichtet werden, „ sodass die einzelnen Personen austauschbar sind“. (hau)