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Schweden sollte sich mehr in der Arbeit um die Rettung des Euro und der Währungsunion engagieren. Das sagt Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am 11. Oktober 2011 in einem exklusiven Interview mit der schwedischen Zeitung "Svenska Dagbladet". "Es liegt im schwedischen Interesse und noch mehr im deutschen, aber vor allem wäre es gut für Europa", sagt Norbert Lammert.
Es ist ein freimütiger Bundestagspräsident, der derzeit in Stockholm zu Besuch ist. Der Christdemokrat Lammert ist einer der respektiertesten Politiker in Deutschland, nicht zuletzt weil er sich in seiner Eigenschaft als Bundestagspräsident nicht davor drückt, falls er es für notwendig erachtet, auch die eigene Kanzlerin zu kritisieren. Als das Parlament vor ein paar Wochen über eine Ausweitung des EFSF abstimmen sollte, fragten die Medien säuerlich, ob sich Lammert nicht tatsächlich gegenüber Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und der eigenen Regierung in der Opposition befand.
Am Ende hatte Merkel sowohl ihren Bundestagspräsidenten als auch den Bundestag hinter sich bekommen und der deutsche EFSF-Beitrag konnte sich von 123 auf 211 Milliarden Euro verdoppeln. Eine Maßnahme, die weit davon entfernt ist, bei den Deutschen beliebt zu sein – laut einer Umfrage im letzten Monat sind ganze 74 Prozent gegen eine Ausweitung des EFSF.
Norbert Lammert wurde die Frage gestellt, wie er die Stimmung unter den Deutschen heute beschreiben würde und sagt zunächst lange nichts. "Spontan würde ich sagen nervös, aber irritiert entspricht eher der Wahrheit. Man muss daran denken, dass große Gruppen den Euro nicht gerade als Geniestreich betrachtet haben und die sich jetzt im Recht fühlen", sagt Lammert und fügt hinzu, dass seiner Auffassung nach keine Fehler begangen wurden.
"Ich kann nicht erkennen, was man hätte anders machen sollen. Doch es ist deutlich, dass die EU nach dem Vertrag von Lissabon nicht hinreichend stabil ist. Wir sind nicht ausreichend integriert, und dann gibt es zwei Alternativen, zurück oder nach vorne", und fügt im nächsten Atemzug hinzu, dass wir uns nach vorne bewegen sollten. Vielleicht Unternehmenssteuern und Mehrwertsteuersätze in der ganzen Union ausgleichen. Er stellt fest, dass der Euro gut gewesen sei, nicht zuletzt für Deutschland, das von der gemeinsamen Währung und dem Binnenmarkt stark profitiert habe. Und dass Deutschland heute ein noch größerer Verlierer als Griechenland sein würde, falls das Projekt zusammenbräche.
Glaubt Sie wirklich, dass es so kommen könnte?
"Theoretisch ja. Aber politisch, nein. Es wäre Wahnsinn, eine Währung, die bis jetzt stärker als der Dollar gewesen ist, aufzugeben." Doch ist er der Auffassung, dass die Union ein bisschen deutscher werden müsse, oder, noch lieber, skandinavischer.
Lammert fordert ein größeres schwedisches Engagement, sagt, dass es gut wäre, da wir die deutsche Stabilitätskultur teilen "und nicht die Großzügigkeit", die viele andere Länder haben. Außer mit Frankreich arbeitet Deutschland momentan am meisten mit Finnland und den Niederlanden zusammen, erklärt der Bundestagspräsident und lacht, wenn er sagt: "Versucht mal die Franzosen davon zu überzeugen", dass der deutsche Weg nach vorne der richtige sei.
"Es würde das Leben für uns einfacher machen, wenn Schweden sich mehr an der Arbeit beteiligen würde. Wir haben kein Interesse daran, Schweden außen vor zu lassen, sondern wollen lieber eine vertiefte Zusammenarbeit."
Nur ein paar Stunden nach unserem Treffen wird die Slowakei als letztes Land über die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF abstimmen. Norbert Lammert sagt zuerst, dass er nicht kommentieren möchte, was bei einem Nein passiert, aber erzählt dann doch ausführlich.
"Niemand hat die Slowaken dazu gezwungen, ein Teil der Eurozusammenarbeit zu sein. Das haben sie selber gewählt, zu Recht in dem Glauben, dass sie davon profitieren würden. Jedoch kann man nicht nur vom Binnenmarkt profitieren, ohne Verantwortung zu übernehmen. Man kann sich nicht von einem Menü nur die Teile aussuchen, die einem gefallen, wenn die Zusammenarbeit ein Buffet ist."
Übersetzung: Valle Wigers