Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011
Der Haushaltsausschuss hat am Freitag, 21. Oktober 2011, den Leitlinien (Guidelines) für die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) zugestimmt. CDU/CSU und FDP verabschiedeten einen entsprechenden Antrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, alle Änderungen an dem vorhandenen Entwurf der Leitlinien sowie alle Ergänzungen wiederum dem Haushaltsausschuss vorzulegen. SPD und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Antrag ab. Beide betonten übereinstimmend, dass sie den Regelungen über so genannte Repo-Geschäfte nicht zustimmen könnten, weil sie darin Gefahren einer Hebel-Wirkung sehen würden.
Repo-Geschäfte sind Geschäfte der EFSF mit Geschäftsbanken, die der Aufnahme kurzfristiger Gelder gegen die Hingabe von am Sekundärmarkt (Wertpapierhandel) erworbenen Staatsanleihen als Pfand dienen. Die Linke verwies auf ihre grundsätzlichen Bedenken gegen die EFSF. Sie habe schon dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt und lehne auch die Leitlinien ab. Die Fraktion kritisierte außerdem die Absage der vorgesehenen Regierungserklärung der Bundeskanzlerin und erkannte darin "Instabilitäten im Regierungshandeln".
Mit dem von CDU/CSU und FDP durchgesetzten Beschluss werden der Bundesregierung Maßgaben auferlegt. So sind jegliche Geschäftsbankenmodelle sowie die Mittelaufstockung der EFSF über die Europäische Zentralbank (EZB) grundsätzlich auszuschließen. "Insbesondere darf es keine Banklizenz geben", heißt es in dem Beschluss. Die Gewährleistungsobergrenze von rund 211 Milliarden Euro für Deutschland und das Gesamtvolumen der Kreditvergabe der EFSF von 440 Milliarden Euro "wird auf jeden Fall eingehalten". Weiter heißt es in dem Beschluss: "Überdies dürfen auch Repo-Geschäfte nicht zu einer Ausweitung des Garantierahmens führen."
Ansteckungsgefahren für andere Euro-Länder müssten mit Hilfe der neuen Instrumente der EFSF, insbesondere durch deren möglichst effizienten Einsatz, vermieden oder zumindest verringert werden. Bei den vier Instrumenten handelt es sich um Sekundärmarktoperationen, vorsorgliche Kreditlinien, Primärankäufe und Bankenrekapitalisierung.
SPD und Bündnis 90/Die Grünen kritisierten übereinstimmend, dass aus den Richtlinien die ursprünglich für den Erwerb von Staatsanleihen eines Euro-Mitgliedslandes durch die EFSF enthaltene Bedingung von makroökonomischen Anpassungen für das Land herausgenommen worden sei. Das sei eine Aufweichung. Die SPD-Fraktion verlangte einen Deckel einzuziehen, um hier eine Hebelung zu verhindern.
In einem von der Koalitionsmehrheit abgelehnten Antrag hatte sich die SPD-Fraktion gegen den Ankauf von Teilen oder risikogewichteten Tranchen einer Anleihe auf dem Sekundärmarkt ausgesprochen. Auch müsse ausgeschlossen sein, dass die EFSF nur Teile einer Anleihe besichere. Repo-Geschäfte müssten begrenzt und zeitlich limitiert sein.
In einem ebenfalls von der Koalitionsmehrheit abgelehnten Antrag äußerten Bündnis 90/Die Grünen die Sorge, dass die EFSF die Möglichkeit für Hebelgeschäfte erhalte. Sie könne Staatsanleihen an Geschäftsbanken weiterreichen, die wiederum Zugang zur Refinanzierung bei der EZB hätten und die Anleihen dort als Sicherheiten hinterlegen könnten. Auf diese Weise erhalte die EFSF eine "kleine Banklizenz". Da die Hebelungsmöglichkeit das Risikoprofil der Fazilität verändere, müsse der Bundestag darüber abstimmen.
Der Vertreter der Bundesregierung wies die Bedenken der Opposition zurück: "Da wird nichts gehebelt." Es gehe bei der Möglichkeit zu Repo-Geschäften allein um Kostenreduzierung.
Nicht abgestimmt wurde über einen Antrag der drei Oppositionsfraktionen, eine öffentliche Anhörung zu den Leitlinien durchzuführen, da die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion Widerspruch gegen diese Ergänzung zur Tagesordnung eingelegt hatten. Im weiteren Verlauf der Sitzung gab es eine Anregung aus der SPD-Fraktion, eine Anhörung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, weil es viele Fragen an Experten gebe. Besonders die FDP-Fraktion zeigte "viel Sympathie" für den Vorschlag. (hle)