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Das Vorgehen spezialisierter Anwaltskanzleien, bei Abmahnverfahren im Falle von Urheberrechtsverletzungen mit überhöhten Streitwerten zu agieren, wird von allen Fraktionen des Bundestages kritisiert. Ein von der Linksfraktion vorgelegter Gesetzentwurf zur Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen (17/6483) fand jedoch während der ersten Lesung am Donnerstag, 24. November 2011, nur wenig Zuspruch.
Aus Sicht von Halina Wawzyniak (Die Linke) betreibt die Abmahnindustrie ein „lukratives Geschäft mit der Angst der Bürger, durch die Androhung ungeheurer Kosten“. Dagegen müsse mit einer Beschränkung der Abmahnkosten und der Unterscheidung zwischen privatem und kommerziellem Rechtsverstoß vorgegangen werden, forderte sie.
Wawzyniak zeigte sich erfreut, dass auch Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger „der Abmahnindustrie den Kampf ansagen will“. Dabei, so Wawzyniak, dürfe die Ministerin gern bei dem von ihrer Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf abschreiben.
Zwar habe die Linksfraktion Recht, wenn sie feststellt, dass Abmahnverfahren zugenommen hätten, sagte der Unionsabgeordnete Ansgar Heveling. Abmahnverfahren bei Urheberrechtsverletzungen auszuschließen, wie es Die Linke wolle, sei jedoch eine fragwürdige Herangehensweise. „Sie machen es sich zu einfach“, kritisierte Heveling. Es müsse zudem festgestellt werden, dass die Abmahnung grundsätzlich ein legitimes Mittel zur Rechtsdurchsetzung darstelle.
Zwar gebe es „schwarze Schafe“, die Abmahnverfahren zu ihrem Geschäftsmodell entwickelt hätten. Doch müsse gegen diese eher berufsrechtlich vorgegangen werden. Wichtig sei auch das Thema Aufklärung und Prävention, bei dem auch die Bundesjustizministerin ansetzen wolle. Dieses Vorgehen sei besser, als nur „ein Symbol zu platzieren“, wie es die Linksfraktion vorhabe.
Der Gesetzentwurf aus dem Justizministerium sei überfällig, kritisierte Brigitte Zypries (SPD). Aufgabe der Ministerin sei nicht nur die Verhinderung von Gesetzen sondern auch deren Vorlage, sagte sei. Gleichzeitig bezeichnete sie den Entwurf der Linken als „nicht ausgereift“.
So sei die Deckelung der Abmahnkosten zwar richtig, doch müssten Urheber auch im Internet Geld verdienen können. Auch Zypries vertrat die Ansicht, dass Abmahnungen per se nicht falsch seien. Gegen die „schwarzen Schafe“ müsse jedoch vorgegangen werden.
Ein „Bekenntnis zum Schutz geistigen Eigentums“ legte Stephan Thomae (FDP) ab. „Wer etwas investiert und riskiert, muss auch die Chance haben, die Früchte seines Fleißes und seines Risikos zu ernten“, forderte er. Die Linksfraktion lege jedoch mit dem Gesetzentwurf „die Axt an die Grundvoraussetzungen unserer Eigentums- und damit unserer Gesellschaftsordnung“.
Die FDP erkläre sich hingegen zuallererst solidarisch mit denen, die sich rechtstreu verhalten, sagte Thomae. Gleichzeitig räumte er ein, dass Abmahnkosten nicht überzogen sein dürften. Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger wolle daher gegen die hohen Streitwerte angehen. Ziel dabei sei eine nachvollziehbare Streitwertermittlung, betonte der FDP-Politiker.
Die Problemdarstellung im Entwurf der Linksfraktion sei richtig, befand Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen). Es gebe tatsächlich einen „gewerblich organisierten systematischen Missbrauch des Urheberrechts“ durch darauf spezialisierte Anwaltskanzleien.
Diese würden das Internet nach noch so banalen Verletzungen des Urheberrechts durchrastern und überhöhte Abmahngebühren verlangen. Kritik übte Montag daran, dass der Gesetzentwurf verschweige, dass derartige Strukturen auch im Wettbewerbsrecht bestünden. Der Gesetzentwurf wurde im Anschluss an die Debatte zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. (hau)