Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die Bundesnetzagentur hat die von der Bundesregierung geplanten Ausbaukorridore für die erneurbaren Energien positiv beurteilt: Das Ziel der Kostendämpfung sei erreichbar, stellte Jochen Homann, der Präsident der Bundesnetzagentur, am Montag, 2. Juni 2014, im ersten Teil einer zweitägigen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes fest. „Die langfristige Planbarkeit nimmt zu und sorgt damit für ein investitionsfreundliches Klima“, hieß es zudem in der Stellungnahme der Behörde.
Dagegen kritisierten andere Sachverständige die in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts (18/1304) geplante Ausbaubegrenzung. Besonders kritisch wurde die Mengenbegrenzung bei der Stromerzeugung aus Biomasse beurteilt.
In der Anhörung ging es außerdem um den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf zur Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen (18/1449) sowie um den Antrag der Fraktion Die Linke (18/1331), der das Ziel hat, die Ökostromförderung gerecht und bürgernah zu gestalten.
Nach Ansicht der Bundesnetzagentur können Netzbetreiber sowie Betreiber und Investoren konventioneller Kraftwerke verlässlicher planen. Auch für die Branche der erneuerbaren Energien sei ein kontinuierlicher Zubau vorteilhaft. Allerdings könne die Begrenzung des Ausbaus der Biomasse-Anlagen die Zahl dieser Anlagen sinken lassen, was zu einer sinkender EEG-Umlage führen werde.
Biomasse sei aber einer der wenigen erneuerbaren Energieträger, der weitgehend wetterunabhängig und gesichert Strom erzeugen könne und in erheblichem Umfang heute schon Regelenergie anbiete. Insgesamt geht die Bundesnetzagentur von einer „ungefähr stabilen“ EEG-Umlage aus.
Auf Fragen nach der Gewährleistung der Versorgungssicherheit sagte Homann, diese sei im nächsten Winter gesichert, mittel- und langfristig müssten aber Netzengpässe beseitigt werden.
„Ganz grundsätzlich entwickelt sich das EEG in die richtige Richtung“, stellte Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fest, die auch davon ausgeht, dass die Ausbauziele erreicht werden können. Allerdings seien noch viele Baustellen offen.
Wie mehrere andere Sachverständige kritisierte sie die unzureichenden Übergangsfristen für die Windenergie und sah Nachbesserungsbedarf bei Biomasse und Wasserkraftwerken. „Eine Gefährdung der bisherigen Ausbaudynamik“ bei Biomasse sieht auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Gerade Biomasse sei wegen ihrer regelbaren und gesicherten Leistung sehr wichtig, so DLR-Vertreter Thomas Pregger.
Der Bundesverband Bioenergie (BBE) nimmt an, dass alle positiven Eigenschaften und Entwicklungen im Bereich der Bioenergie durch die EEG-Novelle auf halber Strecke abgewürgt würden. Wie schon BDEW-Vertreterin Müller sprach auch BBE-Vertreter Claudius da Costa Gomez von einer „Verunmöglichung“ des weiteren Ausbaus der Bioenergie.
Der Netzbetreiber 50hertz begrüßte die Ausbaukorridor-Planung und geht außerdem davon aus, dass die EEG-Reform keine wesentlichen Auswirkungen auf den Netzausbaubedarf haben wird. Das EEG werde damit zu einem Instrument für bessere Planbarkeit, so 50hertz-Vertreter Boris Schucht.
Dagegen wird nach Ansicht von Prof. Dr. Manuel Frondel (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung) das Ziel, die bisherige Kostendynamik des EEG zu durchbrechen, „allenfalls in Ansätzen erreicht“. Der weitere Ausbau sei viel zu ambitioniert. Wenn der Anteil erneuerbarer Energien auf 50 Prozent im Jahr 2030 steige, werde dies „eine weitere massive Erhöhung der Strompreise zur Folge haben“.
Bereits der starke Ausbau der Photovoltaik in der Vergangenheit sei der „Kardinalfehler der Energiewende“ gewesen. Frondel befürchtet einen „Solarboom 2.0“ mit teuren Umverteilungen als Folge. Statt einer Million heutiger Solaranalgen auf Hausdächern könne es zehn bis 15 Millionen geben – mit schwer wiegenden Folgen für die Kostenentwicklung.
Eine gegensätzliche Position vertrat der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), für den die EEG-Novelle den Ausbau der erneuerbaren Energien „massiv ausbremsen“ wird. Auch das Klimaschutzziel von 40 Prozent bis zum Jahr 2020 werde deutlich verfehlt werden. Durch die Deckelung werde der Ausbau der erneuerbaren Energien so gering sein, dass die zusätzliche Stromerzeugung nicht einmal den bis Ende 2022 zu ersetzenden Atomstrom ausgleichen könne: „Die Folge wird eine Ausweitung der klimaschädlichen Kohleverstromung sein.“
BEE-Vertreter Hermann Falk beklagte, dass der Neubau von Biogas-Anlagen ebenso eingebrochen sei wie die Errichtung neuer Photovoltaik-Anlagen.
Vor einer „Gefährdung der Energiewende“ durch die EEG-Novelle warnte die Firma juwi AG, die erneuerbare Energieerzeugungsanlagen baut. Es gebe keinen ausreichenden Vertrauensschutz für Investitionen, so Björn Klusmann von juwi.
Die ARGE Netz, ein Zusammenschluss von norddeutschen Stromanbietern, glaubt nicht, dass die maßgeblichen Ziele des Gesetzesvorschlages erreicht würden. Teilweise würden die Ziele „überraschenderweise sogar konterkariert“. Ihr Sprecher Martin Grundmann verlangte ebenfalls längere Übergangsfristen für die Windenergie.
Ziel der EEG-Novelle der Bundesregierung ist es, die Entwicklung zu einer Energieversorgung ohne Atomenergie und mit stetig wachsendem Anteil erneuerbarer Energien konsequent und planvoll fortzuführen. Bis 2050 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Bis 2025 soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen.
„Zugleich soll diese Novelle die Kostendynamik der vergangenen Jahre beim Ausbau der erneuerbaren Energien durchbrechen und so den Anstieg der Stromkosten für Stromverbraucher begrenzen“, formuliert die Regierung.
Der Ausbaupfad für Energieerzeugungsanlagen soll begrenzt werden. So soll die installierte Leistung der Windenergieanlagen an Land nur um 2.500 Megawatt pro Jahr erhöht werden. Die installierte Leistung von Windenergieanlagen auf See soll auf insgesamt 6.500 Megawatt im Jahr 2020 und 15.000 Megawatt im Jahr 2030 steigen.
Die Steigerung der Erzeugung von Solarstrom (Fotovoltaik) soll 2.500 Megawatt pro Jahr nicht überschreiten und der Zuwachs an installierter Leistung der Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse auch zwecks Erhaltung der biologischen Vielfalt auf 100 Megawatt pro Jahr begrenzt werden.
Wer Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind erzeugt, kann diesen bisher zu einem festen, staatlich festgelegten Preis an die Netzbetreiber liefern. Die Differenz zum Marktpreis wird aus der EEG-Umlage beglichen. Die EEG-Novelle 2012 schuf zudem die Möglichkeit, Ökostrom am Strommarkt zu Marktpreisen zu verkaufen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fördert diese Direktvermarktung mit einer Marktprämie.
Mittlerweile wird bereits rund die Hälfte des Ökostroms direkt vermarktet, sagten mehrere Sachverständige. Dem Gesetzentwurf zufolge soll bis 2017 ganz auf Direktvermarktung umgestellt werden. Die Höhe der Marktprämie solle über Ausschreibungen ermittelt werden. Diese beiden Punkte waren in der Anhörung heftig umstritten. Es wurde deutlich, dass die Auswirkung beider Maßnahmen schwer vorherzusehen ist.
Die Leipziger Strombörse (EEX) begrüßt die von der Bundesregierung mit der EEG-Novelle geplante Direktvermarktung des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen ausdrücklich. „Mit Blick auf die im Gesetzentwurf gewählten Instrumente sind wir der Meinung, dass vor allem die verpflichtende Direktvermarktung und die beabsichtigte wettbewerbliche Ermittlung der Förderhöhe mittels Ausschreibungen positiv zu bewerten sind“, erklärte die Strombörse in ihrer Stellungnahme für die Anhörung.
„Um unnötige Belastungen der Verbraucher zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Vergütungssätze so hoch wie nötig und gleichzeitig so niedrig wie möglich sind, sollten diese in einem regelmäßigen wettbewerblichen Verfahren ermittelt werden“, begründet die Strombörse ihre Haltung. EEX-Vorstandschef Peter Reitz plädierte allerdings für eine leistungsbasierte Marktprämie, die sich danach richtet, wie viel Strom der Erzeuger liefern kann und nicht (arbeitsbasiert) danach, wie viel tatsächlich abgenommen wird.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt den Umstieg auf eine verpflichtende Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien. Sie müsse aber so ausgestaltet werden, dass man aus einer regionalen EEG-Anlage direkt mit EEG-Strom beliefert werden kann. Wer heute die Energiewende direkt durch den Bezug von Ökostrom fördern wolle, müsse in der Regel Strom aus ausländischen Anlagen beziehen, „also gerade nicht aus Anlagen, die im Rahmen der Energiewende errichtet werden“.
Bei einer Direktvermarktung ließen sich Mehrerlöse erzielen, was zur Senkung der EEG-Umlage beitragen könne. Außerdem fordern die kommunalen Unternehmen eine „zügige Einführung des Ausschreibungsmodells“. Der vorliegende Gesetzentwurf stelle aber für Kleinerzeuger keine praktikable Lösung vor, kritisierte Michael Wübbels, Leiter der Abteilung Energiewirtschaft beim VKU.
Wübbels schlug vor, bei Ausschreibungen „eine Größen-Untergrenze zu setzen und Kleinerzeugern den letzten bei einer Auktion ermittelten Preis, eventuell mit einem kleinen Zuschlag, zu zahlen“. Außerdem empfahl er, verschiedene Ausschreibungsmodelle zu testen.
Ähnlich äußerte sich Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Bei richtiger Ausgestaltung könnten Ausschreibungen die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien erhöhen. Die Schwierigkeit sei, ein Konstrukt zu finden, das „keine bestehenden Akteure vom Markt verdrängt“. Die vorgesehene Frist bis 2017 für die Umstellung befand Müller für viel zu kurz.
Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag als Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände plädierte dafür, das Ausschreibungssystem breiter auszutesten als nur, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, mit einem Pilotmodell für nur eine Technologie.
Daniel Hölder vom Bundesverband Bioenergie empfahl, eine Verordnungsermächtigung in den Gesetzentwurf aufzunehmen, sodass die Bundesregierung die Ausschreibungsregeln im Lichte der Erfahrungen mit Pilotprojekten regeln könne. Damit werde „die Tür offen gelassen“ für sinnvolle Lösungen.
Anders als einige andere Sachverständige erwartet Prof. Dr. Uwe Leprich vom Institut für Zukunftsenergiesysteme unvermeidlich höhere Kosten durch die Direktvermarktung. Auch bei Ausschreibungen werde die theoretisch höhere Kosteneffizienz des Instruments durch deutlich höhere Transaktions- und Finanzierungskosten konterkariert und könne sogar in ihr Gegenteil umschlagen.
Bisherige europäische Erfahrungen mit Ausschreibungen, ergänzte Jörg Müller vom Windanlagenbetreiber Enertrag AG, würden keinen einheitlichen Vorteil dieses Instruments zeigen. Vielmehr sei es zu steigenden Risikoprämien, Projektausfällen und einer Begünstigung großer Unternehmen gekommen. Auch eine wirtschaftliche sinnvolle Vermarktung fluktuierender Energie ohne Speichermöglichkeit sei praktisch nicht möglich.
Das in Norwegen ansässige Energieunternehmen Statkraft begrüßte die Einführung einer verpflichtendn Direktvermarktung. Sie solle aber auch Anlagen unter 100 Kilowatt Leistung einschließen. Es handele sich um 1,5 Millionen Anlagen, die einen kritischen Faktor für die Energieversorgung darstellen würden. Die Erzeugung auch aus kleinen Anlagen müsse optimal prognostiziert und eingesetzt werden können. Deshalb sollten alle Anlagengrößen so schnell wie möglich direkt vermarktet werden. Allerdings hielt auch Statkraft-Repräsentant Stefan-Jörg Göbel Details des Gesetzentwurfs für änderungsbedürftig.
Thomas E. Banning verwies darauf, dass gut eineinhalb Millionen Menschen in Deutschland in EEG-Anlagen investiert hätten. Zusammen mit ihren Familien rede er von fünf Millionen Menschen. Von diesen werde der Gesetzentwurf der Bundesregierung „nicht verstanden oder sogar als gegen sie gerichtet empfunden“. Folge der verpflichtenden Direktvermarktung werde „kein Markt“ sein, sondern eine Marktkonzentration auf wenige Akteure. Man solle viel stärker auf den Markt im Kleinen setzen, empfahl Banning.
Prof. Dr. Dietmar Lindenberger vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln folgte ihm dabei insoweit, als lokale Direktvermarktung eine sinnvolle Option sei, die stärker berücksichtigt werden müsse. Allerdings seien auch lokale Verbraucher zur Versorgungssicherheit fast immer auf das Netz als Back-up angewiesen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass spätestens 2017 die finanzielle Förderung und ihre Höhe für die erneuerbaren Energien wettbewerblich über technologiespezifische Ausschreibungen ermittelt werden. Um Erfahrungen mit Ausschreibungen zu sammeln, wird die Förderung von Fotovoltaik-Freiflächenanlagen als Pilotmodell auf ein Ausschreibungssystem umgestellt.
Auf Grundlage dieser Erfahrungen ist vorgesehen, spätestens 2017 die Förderhöhe für erneuerbare Energien generell im Rahmen von Ausschreibungen wettbewerblich zu ermitteln. Außerdem soll die Direktvermarktung von aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom verpflichtend werden. Die Direktvermarktung ist zunächst für Neuanlagen und ab einer Leistung von 500 Kilowatt ab 1. August 2014 vorgesehen. Ab 1. Januar 2016 sinkt die Grenze auf 250 Kilowatt und ab 1. Januar 2017 auf 100 Kilowatt.
Wirtschaftsverbände und Industrie haben die von der Koalition geplanten Änderungen aus der besonderen Ausgleichsregelung für die Entlastungen von Unternehmen von der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) begrüßt, zugleich aber Änderungen gefordert. Die Verbände der energieintensiven Industrien in Deutschland (Baustoffe, Glas, Chemie, Papier, Metall und Stahl) begrüßten in ihrer Stellungnahme die wenn auch eingeschränkte Fortführung der Ausgleichsregelung. Dies sei nicht nur aus Gründen des Vertrauens- und Investitionsschutzes notwendig.
Bedenken, es gebe eine Flucht in die Eigenversorgung mit Strom, wurden zurückgewiesen. Die Nutzung ökologisch und energiewirtschaftlich sinnvoller Technologien zur Eigenversorgung leiste einen wichtigen Beitrag für die nachhaltige Stromversorgung am Industriestandort Deutschland. Genannt wurden zum Beispiel Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), die Nutzung von Wärmesenken und von Restgasen. Durch die Neuregelung drohe Unternehmen mit einem hohen Strombedarf eine Mehrbelastung mit einem sechsstelligen Euro-Betrag.
Der Verband deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA) begrüßte, dass jetzt Rechtssicherheit für die energieintensive Industrie geschaffen werde und verlangte die Aufhebung der Diskriminierung von neu gegründeten Unternehmen. Neue energieintensive Unternehmen könnten erst im dritten Geschäftsjahr einen Antrag in der besonderen Ausgleichsregelung stellen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte in seiner Stellungnahme, er unterstützte die Zielrichtung der Energiewende, solange in jeder Phase der Umsetzung die Versorgungssicherheit auf hohem Niveau erhalten bleibe und das Preisniveau für Strom nicht noch mehr zu einer Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft werde. Die Pläne der Regierung würden diesen Anforderungen nur teilweise gerecht, klagte die Organisation, die ebenfalls „deutliche Markteintrittsbarrieren“ für neue energieintensive Unternehmen kritisierte. Die geplante Belastung der Eigenerzeugung von Strom mit EEG-Umlage ist nach Ansicht des DIHK „grundsätzlich nicht zielführend“.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte, „durch die EEG-Reform wird die Industrie insgesamt stärker belastet und leistet damit einen größeren Beitrag zur Energiewende, was weiterhin mit erheblichen Einbußen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einhergeht“. Die stromintensive Industrie befinde sich bereits in einem „Gefährdungsszenario“. Insgesamt bewertete BDI-Vertreter Markus Kerber die Reform als „Energiekostenanstiegsgesetz“.
Dagegen erklärte Prof. Dr. Uwe Leprich, die Industrie profitiere von kontinuierlich sinkenden Preisen an der Strombörse. Der Großhandelspreis sei seit Ende 2008 um die Hälfte gefallen. „Der vorliegende Gesetzentwurf erhält die Privilegierung der Industrie mindestens aufrecht.“ Eine Entlastung der Verbraucher gebe es dadurch nicht. Leprich empfahl, die Industrieprivilegien an die Durchführung von Effizienzmaßnahmen zu knüpfen.
Stephan Kohler (Deutsche Energie-Agentur) sprach sich dafür aus, Eigenstrom grundsätzlich in die Umlage einzubeziehen. Ausnahmen solle es aber zum Beispiel für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) geben, um die Energieeffizienz zu fördern. Felix Christian Matthes vom Öko-Institut sprach vom „Mythos Eigenverbrauch“. Es handele sich dabei um nur um einen Wechsel des Transfersystems. Kosten würden nicht gespart, sondern für die Kosten müssten andere aufkommen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband wandte sich gegen die Einbeziehung der Eigenstromerzeugung mit erneuerbarer Energie in die EEG-Umlage, was auch zu einer Belastung privater Anlagenbetreiber führen würde. Dies würde einen „elementaren Bestandteil der Energiewende elementar bedrohen“. Der Effekt bei der Umlage betrage bis 2018 höchstens 55 Cent pro Haushalt und Jahr. Die Neugestaltung der Ausnahmen für die Industrie werde die Belastung der nicht begünstigten Stromverbraucher weiter erhöhen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Bestandsschutz für Eigenversorgungsanlagen der Industrie und unterstützte zugleich die Absicht der Koalition, Neuanlagen zu einer anteiligen Zahlung der EEG-Umlage heranzuziehen. Bei der besonderen Ausgleichregelung hat der Aspekt des Erhalts von Arbeitsplätzen für den DGB einer „herausgehobene Bedeutung“. Interessen von Verbrauchern und Industriebetrieben dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.
In der Anhörung wies DGB-Vertreterin Inge Lippert darauf hin, dass Schmieden bei den Vergünstigungen nicht berücksichtigt worden seien, was zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Gießereien führen könne. Nach Angaben des DIHK wurden auch Textilveredler und Härtereien nicht berücksichtigt.
Detlef Raphael (Kommunale Spitzenverbände) erklärte, die Schienenbahnen würden durch die Novellierung mit 80 bis 100 Millionen Euro belastet. Es müsse in diesem Bereich eine Lösung gefunden werden, um Fahrpreiserhöhungen zu vermeiden. Betroffen seien vor allem kleine Bahnbetriebe. Auch Matthes sprach von einer Belastung von 100 Millionen Euro für die Bahnen.
Holger Krawinkel (Verbraucherzentrale) erklärte in seiner Stellungnahme, der von den Schienenbahnen zu zahlende Betrag werde sich in vielen Fällen mehr als verdoppeln. Es bestehe die Gefahr, dass der umweltfreundliche Schienenverkehr durch den daraus resultierenden Anstieg der Ticketpreise an Attraktivität verlieren werde: „Eine derartige Entwicklung kann angesichts der angestrebten Dekarbonisierung des Verkehrsbereichs nicht im Sinne der Energiewende sein.“
Mit der Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen wollen die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf (18/1449) die bisherigen EEG-Ausnahmeregelungen fortführen und so zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland beitragen.
Anträge auf Reduzierung der EEG-Umlage können Unternehmen aus jenen Branchen stellen, die von den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission als strom- und handelsintensiv eingestuft worden und die auf zwei Listen zusammengestellt worden sind. Außerdem muss der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen einen Mindestanteil aufweisen. Die privilegierten Unternehmen sollen grundsätzlich 15 Prozent der EEG-Umlage bezahlen. Diese Belastung soll jedoch auf vier beziehungsweise 0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung der Unternehmen begrenzt werden.
Ungeachtet dessen sollen alle privilegierten Unternehmen für die erste Gigawattstunde die EEG-Umlage in voller Höhe und für alle darüber hinausgehenden Kilowattstunden mindestens 0,1 Cent bezahlen. Unternehmen, die höher belastet werden als bisher, sollen bis 2019 Zeit erhalten, um sich auf den Anstieg der Belastung einzustellen: „Zu diesem Zweck darf sich die von einem Unternehmen zu zahlende EEG-Umlage von Jahr zu Jahr höchstens verdoppeln“, heißt es in dem Entwurf. Für die Unternehmen gibt es noch weitere Übergangs- und Härtefallregelungen. (hle/02.06.2014)
Zeit: Mittwoch, 4. Juni 2014, 12 bis 14 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Anhörungssaal 3.101