Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die Bundeswehr soll sich weiterhin am Nato-Luftverteidigungseinsatz in der Türkei ("Active fence") zum Schutz vor Angriffen aus Syrien beteiligen. Dies geht aus einem Antrag der Bundesregierung (18/262) hervor, über den die Abgeordneten am Donnerstag, 16. Januar 2014, in einer 40-minütigen Debatte diskutierten. Dabei zeichnete sich – mit Ausnahme der Fraktion Die Linke – eine breite Zustimmung für die Fortführung des Mandats ab.
Gleich zwei Minister traten ans Rednerpult, um für die Zustimmung der Abgeordneten zu werben. Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, dass der Einsatz weiterhin "rein defensiv" dem Schutz der türkischen Bevölkerung und des türkischen Territoriums diene. Er unterstrich, dass Deutschland damit der Verantwortung gegenüber dem Nato-Partner nachkomme.
Mehr als 700.000 Flüchtlinge aus Syrien habe die Türkei aufgenommen, und das bedeute für diese angesichts des Bürgerkriegs im Nachbarland auch eine militärische Bedrohung. Steinmeier sprach sich entschieden für eine "politische Lösung" des Syrien-Konflikts aus. Von dessen Ende sei man noch weit entfernt, aber "die Tür ist jetzt einen kleinen Spalt offen", sagte der Außenminister mit Blick auf die anstehende Syrien-Konferenz.
Auch Verteidigungsministerin Dr. Ursula van der Leyen (CDU) legte die Betonung auf die defensive Ausgestaltung des Mandats: Die bis zu 400 einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten und die Patriot-Luftabwehrsysteme hätten Raketenangriffe aus Syrien zu erkennen und abzuwehren. Die Einrichtung oder Vorbereitung einer Flugverbotszone über Syrien sei jedoch "explizit ausgeschlossen".
Jan van Aken (Die Linke) begründete die Ablehnung des Mandats mit dem Hinweis auf die Rolle der Türkei gegenüber den in Syrien lebenden Kurden. Diese hätten es bisher geschafft, im Norden des Landes eine Selbstverwaltung aufzubauen sowie ethnischen und religiösen Konflikten Einhalt zu gebieten.
Die Türkei aber sei mit ihrer Embargo-Politik gegenüber den syrischen Kurden dabei, diesen "Hoffungsschimmer" zu vernichten. "Ein Rückzug der Bundeswehr wäre ein Signal an Ankara, diese falsche Politik zu stoppen", sagte van Aken.
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion für eine Fortführung des Mandats, gerade weil es defensiv und so ausgestaltet sei, dass Deutschland nicht Teil des Konfliktes werde. Dies sei jedoch keine hinreichende Antwort auf den Syrien-Konflikt.
Deutschland müsse viel mehr humanitäre Unterstützung leisten finanziell und durch die Aufnahme von mehr syrischen Flüchtlingen. Zudem sprach sich Brugger dafür aus, bei der anstehenden Syrien-Konferenz auch den Iran an den Tisch zu holen.
Philipp Mißfelder (CDU/CSU) nannte den Bundeswehr-Einsatz in der Türkei eine "unterstützende" und "vertrauensbildende Maßnahme" innerhalb des Nato-Bündnisses, die einer politischen Lösung des Syrien-Konflikts den Weg ebnen könne. Wenn es richtig ist, dass der syrische Bürgerkrieg ein "Stellvertreterkonflikt" heraufziehender Großkonflikte in der arabischen Welt sei, sei nicht eine militärische Intervention, sondern der zivile, humanitäre und politische Ansatz der richtige Beitrag.
Deutschland habe bisher "sehr viel dafür getan", sagte Mißfelder. Er räumte selbstkritisch ein, mit der "Lageeinschätzung" am Anfang des Konflikts – eine friedliche Zukunft Syriens sei nur ohne Assad vorstellbar – wie so viele womöglich falsch gelegen zu haben.
Laut Antrag der Bundesregierung ist das Mandat für den Bundeswehreinsatz in der Türkei bis zum 31. Januar 2015 befristet, zum Einsatz kommen sollen bis zu 400 Soldaten. Im Vordergrund steht vor allem die bodengebundene Luftverteidigung durch das Flugabwehr-Raketensystem "Patriot". Die Kosten des Einsatzes beziffert die Bundesregierung auf 19,5 Millionen Euro.
Er erfolge auf Ersuchen des Nato-Partners Türkei und auf der Grundlage des Rechts der kollektiven Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der UN-Charta. Der Einsatz ziele jedoch nicht auf die "Einrichtung oder Überwachung einer Flugverbotszone über syrischem Territorium", wie die Bundesregierung betont: "Die bodengebundene Luftverteidigung wird nicht in den syrischen Luftraum hineinwirken."
Die Türkei sei unverändert der am stärksten vom Syrienkonflikt betroffene Nato-Partner, heißt es in der Begründung. Die bisherige Präsenz der Nato-Luftabwehr habe dazu beigetragen, eine Ausweitung des syrischen Bürgerkriegs auf die Türkei zu verhindern.
Trotz der Fortschritte bei der Beseitigung syrischer Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht bestehe zudem ein "Restrisiko": Eine Weiterverbreitung sowie ein militärischer oder terroristischer Einsatz dieser Waffen könne nicht vollkommen ausgeschlossen werden. (ahe/16.01.2014)