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Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA durchleuchten soll, steht nicht mehr in Zweifel. Dieses offenbarten bei einer Plenardebatte am Donnerstag, 13. Februar 2014, die Reden der Sprecher von Koalition und Opposition. Union und SPD einerseits sowie Linke und Grüne andererseits stritten jedoch über die Frage, auf der Basis welchen Einsetzungsantrags das Gremium ins Leben gerufen werden soll. Die Opposition rief die Koalition auf, ihre Beschlussvorlage (18/483) zurückzuziehen und den Antrag der Opposition (18/420) als Grundlage zu akzeptieren. Die Redner von Union und SPD wiederum appellierten an Linke und Grüne, sich im Geschäftsordnungsausschuss, an den die beiden Anträge überwiesen wurden, mit der Koalition auf einen gemeinsamen Fragenkatalog für die Ausschussarbeit zu einigen. Alle Redner übten scharfe Kritik an den massenhaften Ausforschungen von Bürgerdaten durch die NSA.
Hans-Christian Ströbele warf Union und SPD vor, für Verzögerungen bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses verantwortlich zu sein, weshalb die Ausforschung durch die NSA weitergehe, "ohne dass irgendetwas dagegen getan wird". Der Grünen-Abgeordnete betonte, in den Mittelpunkt ihrer Aufklärungsbemühungen wolle die Opposition die Frage stellen, welche Rolle die Bundesregierung und deutsche Behörden in dieser Affäre gespielt hätten. Mit Nachdruck setzte sich Ströbele dafür ein, den Whistleblower Edward Snowden, der mit seinen Enthüllungen den Skandal aufgedeckt hat, im Untersuchungsausschuss als Zeugen zu vernehmen und ihm deshalb hierzulande einen sicheren Aufenthalt zu ermöglichen.
Auch Martina Renner warb für eine Befragung Snowdens. Die Linke-Abgeordnete nannte das Vorgehen der NSA "einen der größten Geheimdienstskandale in Deutschland" und einen "Generalangriff auf die Bürgerrechte". Die Koalition wolle der Aufklärung der Affäre "den Schwung nehmen". Gefragt werden müsse, wie die Regierung seit dem Bekanntwerden der NSA-Affäre reagiert habe, so Renner. Geprüft werden müsse nicht zuletzt, inwieweit deutsche Geheimdienste in die Spähaktionen der NSA involviert gewesen seien. Das Gremium solle auch Konsequenzen aus seinen Erkenntnissen ziehen und erörtern, wie die Bürger, die Unternehmen und die Kanzlerin künftig besser vor Überwachungsmaßnahmen geschützt werden können.
Thomas Silberhorn (CDU/CSU), Dr. Eva Högl (SPD) und Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) hielten der Opposition vor, ihr Fragenkatalog sei nicht präzise genug formuliert. Der Untersuchungsauftrag müsse etwa einen klaren Bezug zu Deutschland aufweisen, so Högl. Aus Sicht Silberhorns müssen die Zeiträume, die untersucht werden sollen, enger eingegrenzt werden. Auch seien die ausländischen Geheimdienste, deren Vorgehen geprüft werden sollen, konkret zu benennen. Sensburg sagte, eine Konsequenz der NSA-Affäre müsse sein, in der Bundesrepublik effizientere Techniken für die Datenverschlüsselung zu entwickeln.
Silberhorn unterstrich, das Ausmaß der Ausforschung durch die NSA "hat niemand für möglich gehalten", das sei mit hiesigem Rechtsverständnis nicht vereinbar. Nicht akzeptabel sei auch das Abhören der Telefonate von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihres Vorgängers Gerhard Schröder. Der CSU-Abgeordnete meinte aber im Blick auf militante Islamisten, dass man Informationen "befreundeter Dienste" über diesen Bereich benötige. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses dürfe nicht dazu führen, dass den deutschen Diensten "der Saft abgedreht wird".
Scharfe Kritik an der massenhaften und verdachtsunabhängigen Erfassung von Kommunikationsdaten durch die NSA übte auch Högl. Das Recht auf Privatheit und informationelle Selbstbestimmung müsse in Zukunft besser gewahrt werden. Die SPD-Abgeordnete betonte, das Aufklärungsinteresse der Koalition sei genau so groß wie jenes von Linksfraktion und Grünen. Auch die Koalition wolle etwa die Rolle der deutschen Geheimdienste in der NSA-Affäre erhellen. Der Antrag von Union und SPD greife das Anliegen der Opposition umfassend auf. (kos/13.02.2014)