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Müssen Konzerne Insolvenz anmelden, sollen die dafür nötigen Verfahren künftig besser verzahnt und koordiniert werde. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/407) vor. In der ersten Beratung der Vorlage am Freitag, 14. Februar 2014, lobten die Koalitionsfraktionen, dass damit an die bestehende Rechtspraxis angeknüpft werde. Die Opposition beklagt dagegen mangelnden Mut. Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung in den Rechtsausschuss überwiesen.
So betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium Christian Lange (SPD), man nehme bei der Reform der Konzerninsolvenzen "minimalinvasive Eingriffe" vor und setze einen Schwerpunkt auf die Harmonisierung der einzelnen Verfahren. So solle es künftig möglich sein, dass insolvente Gesellschaften, die einen Eigenantrag gestellt haben, einen Gruppengerichtsstand begründen. Zudem soll es einen einzelnen Insolvenzverwalter für alle Verfahren geben. Gerichten und Verwaltern werde eine "enge Kooperation" vorgeschrieben, zudem ermögliche man ein besonderes Koordinierungsverfahren.
Lange betonte, die Regierung strebe "keine radikale Neuausrichtung" an, sondern eine "maßvolle Fortentwicklung" bestehender Lösungsmöglichkeiten. Damit werde eine "bessere Sanierungskultur" erreicht.
Für die Unionsfraktion betonte Prof. Dr. Heribert Hirte, im Insolvenzrecht stehe bisher die einzelne Person im Vordergrund; dies entspreche dem Konkursrecht des 19. Jahrhunderts. Damit würden aber bei einer Abwicklung die "Synergievorteile bei der Großorganisation Konzern", die Gesellschaftern und Gläubigern zugute kämen, "vergeudet". Bei Konzerninsolvenzen sei das Ziel "Sanierung vor Zerschlagung".
Da der Gesetzentwurf auf die Vorarbeiten der Vorgängerregierung zurückgehe, seien darin die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags noch nicht enthalten, so Hirte. Er gehe davon aus, dass man sich damit im Gesetzgebungsverfahren beschäftigen werde.
Der SPD-Abgeordnete Dr. Karl-Heinz Brunner bemängelte, wenn es um den Begriff Insolvenz gehe, würden zu viele Menschen an Pleite und den Verlust von Arbeitsplätzen denken. Dies sei der Fall, weil zu wenig über "Erfolgsmodelle" berichtet werde.
Der Gesetzentwurf sei "gut", auch wenn er nur die Probleme der Vergangenheit und nicht die der Zukunft, die man noch nicht kenne, löse. Die Wirtschaftswelt habe sich geändert, bislang hinke das Insolvenzrecht noch hinterher.
Nachbesserungsbedarf attestierte dagegen Die Linke dem Entwurf. So sagte Richard Pitterle, es sei zwar gut, dass die Bundesregierung sich des Themas nach dem Drängen aus Europa angenommen habe.
Nötig sei aber auch der Abbau von Bürokratie, der kalten Progression und ein Vorgehen gegen Steuerbetrug. Im anstehenden Gesetzgebungsverfahren werde seine Partei sich für eine stärkere Beteiligung von Betriebsräten und Gewerkschaften einsetzen.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt Katja Keul fest, da im Jahr 2007 70 Prozent des Umsatzes und 53 Prozent der Beschäftigten von konzernverbundenen Unternehmen gekommen seien, sei das Thema Konzerninsolvenzen für viele Menschen wichtig. Die Koalition habe sich entschlossen, den Grundsatz, dass in einem Konzernverbund jedes Unternehmen für sich haftet, nicht anzutasten. Dies sei aber kein "gottgegebener Grundsatz". Sie schlage die klare Regelung vor, dass Gerichtsstand immer der Konzernsitz sein solle; das mindere das Risiko des "Rosinenpickens".
Keul kritisierte die vorgesehenen Regelungen zur Kooperation der Beteiligten als "mutlos": Entweder hätten Insolvenzverwalter schon immer im eigenen Interesse kooperiert – dann sei kein neues Gesetz nötig. Hätten sie es jedoch nicht getan, helfe auch "kein ,Bitte, bitte’ ohne jedwede Durchsetzungskraft". Hier müsse nachgebessert werden. (suk/14.02.2014)