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Der Bundestag wird das neue Entgeltsystem in der Psychiatrie gründlich prüfen und gegebenenfalls Änderungen daran vornehmen. Das machten die Abgeordneten in ihrer Debatte zu einem Antrag der Linken (18/557) am Freitag, 21. Februar 2014, deutlich. Den von der Fraktion geforderten Stopp wird es allerdings mit Union und SPD nicht geben.
Für Die Linke hatte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion Harald Weinberg ausgeführt, mit dem 2013 in Kraft getretenen pauschalierenden Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) werde sich die Versorgung von Patienten in der Psychiatrie "deutlich verschlechtern". Experten aus Wissenschaft, Ärzteschafte, Pflege, Gewerkschaften und Kliniken hätten in den vergangen Monaten massive Kritik geäußert: "Alle Betroffenen" seien "gegen PEPP".
Als der Bundestag vor zehn Jahren das Fallpauschalensystem eingeführt habe, sei man sich einig gewesen, dass dieses auf psychiatrischen Stationen nicht funktionieren würde. Bei einer Blinddarmoperation sei es möglich, eine feste Summe zu kalkulieren, nicht aber bei Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie oder Angststörungen. PEPP werde, so Weinberg, den individuellen Verläufen psychischer Erkrankungen nicht gerecht und biete Fehlanreize. Der Bundestag solle daher seine Entscheidung von 2012 "korrigieren".
Dem widersprach die CDU-Gesundheitspolitikerin Ute Bertram. Eine gerechte und transparente Vergütung von Krankenhausleistungen sei auch im Bereich der Psychiatrie möglich. Bisher finde eine Differenzierung der medizinischen Leistungen "nicht statt", man habe es mit einer "nicht einsehbaren Black box" zu tun, in der Krankenhäuser Gewinner oder Verlierer sein könnten. Dieses System sei "ungerecht".
Man befinde sich beim PEPP derzeit in der vierjährigen Einführungsphase. Bereits würden 13,5 Prozent der Kliniken, die das PEPP anwenden könnten, dafür optieren. Sollte sich im Einführungsprozess herausstellen, dass es Änderungsbedarf gebe, sei es möglich, die Fristen zu verlängern oder Änderungen des Systems vorzunehmen: "All das ist vorstellbar."
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Maria Klein-Schmeink, teilte die grundsätzliche Kritik der Linksfraktion und sagte, man müsse "einen Haltepunkt setzen". Bei der Geburt des Gesetzes seien Fehler gemacht worden: So habe man nicht geprüft, ob die nötige Personalausstattung in den Psychiatrien gegeben sei und "keine wirkliche Vorstellung" davon gehabt, wie die ambulante und stationäre Versorgung zusammengeführt werden solle.
Man habe nicht wirklich im Auge gehabt, wie die Versorgung im Jahr 2022 aussehen solle. Das Gesetz sei "eher ein Spargesetz" und kein wirkliches Reform- und Strukturgesetz gewesen. Ein neues Honorarsystem in der Psychiatrie sei nötig. Klein-Schmeink sagte, sie hoffe, dass der Bundestag eine Expertenkommission einrichten und im Anhörungsverfahren die Probleme "auf den Tisch" legen und so zu einem "adäquaten Neustart" kommen werde.
Für die SPD kündigte Dirk Heidenblut an, man werde die Einwände der Fachleute ernst nehmen. Vor dem Inkrafttreten habe das FDP-geführte Gesundheitsministerium die Einwände der Partner, die keinen Entgeltkatalog vereinbaren konnten, nicht berücksichtigt. Dieses "wenig zielführende" Übergehen der Sorgen der Beteiligten habe zu Kritik geführt.
Man könne das PEPP schon deshalb nicht einfach stoppen, weil viele Kliniken sich daran beteiligten und man "dem Vertrauensschutz der Einrichtungen nicht gerecht" würde. Man erwarte für April Ergebnisse des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus zur Umsetzung des PEPP und werde daraus die "nötigen Schlüsse" ziehen. (suk/21.02.2014)