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Für eine Deeskalation im russisch-ukrainischen Konflikt macht sich Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) stark. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses weist darauf hin, dass deutsche Abgeordnete öfters vor Ort präsent sind, um mit Parlamentariern der beiden Länder "Chancen für Verhandlungslösungen auszuloten und die Suche nach Kompromissen zu befördern". Die Krise um Russland und die Ukraine gehört zu den Themen der Tagung der Interparlamentarischen Konferenz zur Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU vom 3. bis 4. April in Athen. Bartels leitet die Bundestagsdelegation. Das Interview im Wortlaut:
Herr Dr. Bartels, Die EU-Politik wird momentan von der Krise wegen des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine beherrscht. Welche Rolle spielt die Interparlamentarische Konferenz bei diesem Problem der EU-Politik?
Der russisch-ukrainische Konflikt ist für uns natürlich ein wichtiges Thema, das in Athen eine Rolle spielen wird. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass unsere Konferenz kein Beschlussorgan, sondern ein Debattenforum ist. In Griechenland treffen sich Abgeordnete aus dem EU-Parlament und aus 28 nationalen Volksvertretungen, weshalb das gesamte Meinungsspektrum innerhalb der EU zum Ausdruck kommen dürfte. Dabei werden sich wohl auch kritische Stimmen gegenüber dem EU-Kurs artikulieren.
Die EU verbindet maßvolle Sanktionen gegen Moskau mit der Suche nach Verhandlungslösungen. Ist diese Politik erfolgversprechend?
Als deutscher Abgeordneter finde ich es richtig, dass sich die Bundesregierung um Deeskalation bemüht. Dafür setzen sich Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier innerhalb der EU und der Nato sehr energisch ein. Von seiner geografischen Lage wie von seiner Geschichte her ist Deutschland prädestiniert, als Brücke Richtung Moskau zu fungieren und Gesprächskanäle mit Russland offenzuhalten. Im Osten des Kontinents sind viele Besorgnisse gegenüber Moskau zu spüren, was vor dem historischen Hintergrund verständlich ist. Im Westen werden zuweilen schärfere Töne gegenüber Russland laut. Über die unterschiedlichen Positionen werden wir in Athen debattieren. Auch die sechsköpfige Bundestagsdelegation wird keine einheitliche Meinung vertreten, man denke nur an die Haltung der Linken.
Steinmeier, andere Außenminister und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sind häufig in Kiew oder andernorts in Osteuropa unterwegs, Merkel telefoniert mit Präsident Wladimir Putin. Sind denn auch Parlamentarier vor Ort präsent, um sich mit ukrainischen oder russischen Kollegen um eine Entschärfung der Krise zu bemühen?
Deutsche Abgeordnete sind jedenfalls sehr aktiv. Mitglieder des Bundestages sind bereits öfters in der Ukraine und in Russland gewesen, um beim Meinungsaustausch mit Parlamentariern dieser Länder Chancen für Verhandlungslösungen auszuloten und die Suche nach Kompromissen zu befördern. Im Vergleich mit manch anderen Ländern ist im Bundestag das internationale Engagement stark ausgeprägt.
Bei der Tagung in Athen wird auch Catherine Ashton reden. Was erwarten Sie sich von deren Auftritt?
Vor den Wahlen zum EU-Parlament Ende Mai wird dies Ashtons letzter Auftritt in diesem Kreis sein. Deshalb ist zu erwarten, dass sie ihre Politik als EU- Außenbeauftragte bilanzieren wird. Ashtons Tätigkeit ist am Ende erfolgreich gewesen. In der russisch-ukrainischen Krise bemüht sie sich im Sinne der EU-Politik um eine Lösung. Ashton spielt in dieser Auseinandersetzung eine wichtige, aber wohl keine zentrale Rolle, da sind westliche Regierungschefs wie US-Präsident Barack Obama oder Kanzlerin Merkel näher am Ball. Die EU-Erfolge im Kosovo und gegenüber dem Iran gehen allerdings wesentlich auf das Konto von Lady Ashton.
Thema wird auch die Lage im Nahen Osten mit dem Krieg in Syrien sein. Stehen Regierungen und Parlamente in der EU diesem Drama machtlos gegenüber?
Wir erleben gerade, wie eine Weltkrise, nämlich der Konflikt um Russland und die Ukraine, eine andere überlagert. Aber der Bürgerkrieg in Syrien ist damit nicht erledigt. Dem Westen verbietet es sich, militärisch zu intervenieren, und man sollte auch nicht nach solchen Wegen suchen. Es bleibt nur die Diplomatie. Die EU sollte den Konfliktparteien – auch denen außerhalb des Landes – Gesprächsforen anbieten. Im Syrien-Konflikt müssen wir auch Russland ins Boot holen. Bei diesem Krieg wie bei anderen Themen der Weltpolitik sind Lösungen ohne Moskau nicht möglich.
Bei den Debatten in Athen wird man auch um den Umgang mit syrischen Flüchtlingen keinen Bogen machen können. Deutschland nimmt recht viele Flüchtlinge auf, andere EU-Staaten halten sich hingegen eher bedeckt.
Ohne Zweifel ist die Flüchtlingsfrage ein Thema für die gesamte EU. Dass sich Deutschland bei der Aufnahme von Syrern jetzt stärker beteiligt, ist ein positives humanitäres Zeichen. Aber man darf nicht übersehen, dass die Türkei, der Libanon und Jordanien weitaus größere Lasten zu tragen haben. Im Übrigen sollte man bei manch abwehrender EU-Debatte über die Flüchtlinge bedenken, dass es sich um eine vorübergehende Aufnahme handelt, da diese Syrer nach dem Ende des Kriegs natürlich wieder zurückkehren wollen. Es sind keine Wirtschaftsflüchtlinge oder Auswanderer, sondern Bürgerkriegsflüchtlinge.
(kos/26.03.2014)