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"Wir brauchen ein übergeordnetes friedenspolitisches Leitbild." Dieser von der Konflikt- und Friedensforscherin Dr. Martina Fischer von der Berghof-Stiftung erhobenen Forderung schlossen sich im Verlauf der öffentlichen Sitzung des Unterausschusses "Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln" unter Vorsitz von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) am Montag, 5. Mai 2014, auch die weiteren geladenen Experten an. Anlass der Sitzung des Unterausschusses des Auswärtigen Ausschusses war das zehnjährige Jubiläum des Aktionsplans der Bundesregierung "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung".
Mit dem Plan, so betonte eine Vertreterin des Auswärtigen Amtes, habe die Bundesregierung seinerzeit "international neue Maßstäbe gesetzt". Heute habe die zivile Krisenprävention eine besondere Bedeutung, was auch aus dem Koalitionsvertrag hervorgehe. "Der Aktionsplan hat einen Paradigmenwechsel herbeigeführt", sagte die Außenamtsvertreterin.
Die zivile Krisenprävention sei dadurch stärker in das Blickfeld der Außenpolitik gerückt. Problematisch aus ihrer Sicht ist die mangelnde Sichtbarkeit von Prävention. "Der Erfolg ist schwer belegbar – sichtbar ist oft nur das Scheitern", sagte sie. Dennoch sei die Krisenfrüherkennung wichtig und müsse besser vernetzt werden – auch zwischen Regierung und der Zivilgesellschaft. "Wir müssen die zivilgesellschaftliche Expertise nutzen, die Haushaltsmittel verstetigen und einen längeren Atem haben", forderte die Regierungsvertreterin.
Man müsse "weg von dem Drei-Jahre-Hopping", sagte auch Cornelia Brinkmann, Geschäftsführerin von "Steps for Peace", einem Institut für Peacebuilding. Stattdessen müssten langfristige Projekte im Bundeshaushalt finanziert werden. Brinkmann verwies zudem auf das Problem, dass für die Evaluierung von Konfliktvermeidungstrainings, wie es unter anderem ihr Institut anbietet, keine Mittel vorhanden seien.
Dabei gebe es gerade auf der Mikroebene viele Erfolgsgeschichten, die teils jedoch so banal seien, dass sie auch durch die Politik keine Erwähnung fänden. Im Interesse der Sichtbarmachung regte sie zudem eine Bestandsaufnahme des Aktionsplans an.
Der Aktionsplan müsse von der technischen Ebene auf die politische Ebene gehoben werden, fordert Konfliktforscherin Fischer. Er sei derzeit in der Öffentlichkeit kaum bekannt und "zu sperrig". Ein weiteres Defizit machte Fischer bei der Ausbildung und der Expertise im Bereich der Mediation aus. Länder wie die Schweiz oder Norwegen seien hier weiter als Deutschland.
Auch die Absenkung der Zahl der deutschen Polizeikräfte, die in Krisenregionen eingesetzt würden, kritisierte sie und machte deutlich, dass etwa die Vereinten Nationen die Erhöhung der Zahl an Spezialkräften der Polizei gefordert hätten. Aus Sicht der Friedensforscherin stellt die Entsendung von Polizeikräften einen guten Mittelweg zwischen zivilem und militärischem Engagement dar. "Das Spezialwissen der Polizei muss genutzt werden", betonte sie.
Aus dem Aktionsplan müsse das Leitbild des vernetzten Handelns entwickelt werden, forderte Dr. Hans-Dieter Heumann, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Deutschland, so Heumann weiter, sollte dieses Leitbild "als Markenzeichen" nach außen vertreten.
Zugleich verwies er darauf, dass die zivile Krisenprävention für sich alleine nicht funktionieren könne. "Es geht nur zusammen mit der militärischen Prävention", sagte er. Nur wenn man beide Instrumente anwende, ergebe sich ein Mehrwert.
Winfried Nachtwei, ehemaliger langjähriger Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen, blickte auf die Entstehungszeit des Aktionsplans zurück. Seitdem könne man eine enorme Weiterentwicklung einzelner Instrumente konstatieren, sagte er. Die Krisenprävention sei als Politikfeld "anerkannt und akzeptiert".
Durch die Einsetzung des Unterausschusses im Jahr 2009 sei die Wahrnehmung weiter erhöht worden. Und dennoch: "Das Politikfeld ist in der Nische geblieben", urteilte Nachtwei. Nach wie vor gehe es um eine bessere Sichtbarmachung der Prävention. Dazu müsse der Aktionsplan weiterentwickelt werden, forderte er und fügte hinzu: "Das geht nicht zum Nulltarif." (hau/05.05.2014)