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Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) kann in diesem Jahr 6,44 Milliarden Euro ausgeben, rund 147,4 Millionen Euro mehr als 2013 – so sieht es der Haushaltsentwurf der Bundesregierung (18/700) vor. Für den Minister war das in der ersten Beratung des Entwurfs am Mittwoch, 9. April 2014, Grund, vom "höchsten Etat in der Geschichte" seines Hauses zu sprechen und vom "besonders hohen Stellenwert", den die Entwicklungspolitik unter dieser Bundesregierung habe. Die Opposition sah das mit Blick auf das Kleingedruckte anders. Gemessen an den Millenniumsentwicklungszielen sei das "ganz klar zu wenig", hieß es aus der Linksfraktion, und die Grünen monierten, dass sich die Koalition den Etat "schönrede".
Müller knüpfte zunächst an die Worte seiner Minister-Antrittsrede im Januar an, für die er nicht zuletzt auch bei der Opposition Beifall bekommen hatte. Es gelte, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ökologische und soziale Standards durchzusetzen und mit Blick auf den Klimaschutz das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbauch zu entkoppeln.
"Unbegrenzter Freihandel ist nicht unsere Vision, der Markt braucht Grenzen und Regeln", sagte Müller. Zugleich machte er sich stark für einen "ganzheitlichen, vernetzten Ansatz" beim außenpolitischen Engagement in Afrika: "Militär allein schafft noch keine Lebensperspektive."
Müller lenkte den Blick auf drei Sonderinitiativen, für die im Etat insgesamt 160 Millionen Euro vorgesehen seien: Mit der Sonderinitiative "Eine Welt ohne Hunger" will das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) laut Entwurf dazu beitragen, Mangelernährung zu bekämpfen und ländliche Entwicklung als wichtigste Voraussetzung für die Ernährungssicherung zu stärken.
Die "Stabilitätsinitiative Nordafrika und Naher Osten" soll die Demokratie in fragilen Situationen fördern und den Menschen ökonomische Perspektiven bieten. Im Rahmen der Sonderinitiative "Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren" schließlich sollen Fluchtursachen vermindert werden und Flüchtlinge und Binnenvertriebene vor Ort eine Lebensperspektive erhalten.
Michael Leutert (Die Linke) rechnete dem Minister vor, wie viel Entwicklungsmittel die Bundesregierung in die Hand nehmen müsste, um Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden, noch bis 2015 zu erreichen: "Das wären 19 Milliarden Euro." Gemessen daran seien die für das BMZ vorgesehenen rund 6,44 Milliarden Euro "ganz klar zu wenig".
Die Glaubwürdigkeit Deutschlands und die Übernahme von mehr außenpolitischer Verantwortung sei nicht an mehr Militäreinsätzen zu messen, sondern daran, ob man zu den Zusagen wie dem 0,7-Prozent-Ziel stehe. Leutert kritisierte zudem, dass die Bundesregierung die eigenen Entwicklungsbemühungen konterkariere, indem sie etwa den Export von Handfeuerwaffen in Krisenregionen und Partnerländer genehmige und die Konflikte dort anheize.
Eine wesentlich bessere Mittelausstattung in den nächsten Jahren wünschte sich Dr. Bärbel Kofler (SPD). Ob Friedenssicherung, Flüchtlingshilfe, Armutsbekämpfung, Aufbau von sozialen Sicherungssystemen oder Klimafinanzierung – "wer all das sieht, muss ehrlich sagen – die Mittel dafür reichen nicht".
Kofler machte sich unter anderem für mehr Engagement bei der Konfliktprävention stark – etwa beim Posten Ziviler Friedensdienst, der seit Jahren trotz guter Bewertung der Wirksamkeit, bei 30 Millionen Euro verharre.
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) attestierte Müller einen "wirklich positiven Start", die Haushaltswirklichkeit in seinem Ressort sehe aber doch anders aus. Beim 0,7-Prozent-Ziel gehe es nicht voran, und wenn nun die Rede von knapp 150 Millionen Euro Aufwuchs im Etat sei, dann verdanke sich das vor allem der Verschiebung von 139 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds (EKF) in den BMZ-Haushalt.
De facto wachse Müllers Etat lediglich um 0,1 Prozent. "Es muss mehr folgen als Ihre guten Worte", sagte Hajduk.
Von einem "rundum guten Haushaltsentwurf" sprach hingegen Sabine Weiss (CDU/CSU). Mit den Sonderinitiativen würden "entscheidende Pflöcke" eingeschlagen und deutlich gemacht, dass man "auf ungelöste globale Aufgaben stärker eingehen" wolle als bisher.
Weiss betonte jedoch, dass insbesondere der deutsche Beitrag zur Klimafinanzierung – wie beim Kopenhagener Gipfel 2009 vereinbart – in den kommenden Jahren wachsen müsse. Laut "Copenhagen Accord" sollen die Industrieländer bis 2020 den Entwicklungsländern jährlich 100 Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung des und für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel bereitstellen. (ahe/09.04.2014)