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Die Vorbehalte gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen wachsen. Weil ein einheitliches europaweites Anbauverbot für sogenannte GVO keine Mehrheit unter den EU-Staaten findet, haben sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 22. Mai 2014, auf eine nationale Lösung verständigt. Danach soll der Ausstieg aus dem GVO-Anbau durch eine Opt-out-Regelung ermöglicht werden.
In namentlicher Abstimmung stimmten 485 Abgeordnete bei 106 Gegenstimmen in einem Antrag (18/1450) der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD dafür, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für einen rechtssicheren nationalen Ausstieg einsetzen soll. Ziel ist es, zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen auf eigenem Hoheitsgebiet nicht erlauben zu müssen. Der Ausstieg soll jederzeit und ohne Angabe von neuen objektiven Gründen möglich sein.
Als „dreistes Täuschungsmanöver“ bezeichnete Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen), den Koalitionsvorstoß. „Das führt zu mehr Anbauzulassungen und damit zu mehr Gentechnik in Europa und Deutschland“, sagte Ebner. Das Verschieben der Entscheidungen über die Zulassung von GVO auf die nationale Ebene werde die EU-Mitgliedstaaten zu Bittstellern der Industrie degradieren, wenn diese keinen Zulassung erteilen wollen. Ebner unterstellte die Undurchführbarkeit eines Anbauverbotes auf Grundlage des Koalitionsantrags, der ein „Geflecht juristischer Fallstricke“ zur Folge hätte, „bei denen niemand vorhersagen kann, ob das Instrument überhaupt funktioniert“.
Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) versprach die zügige Umsetzung einer Opt-out-Regelung, sobald sich in Brüssel der „europäische Ministerrat und die übrigen Institutionen dazu entschließen“. Durch die Regelung werde das Selbstbestimmungsrecht der EU-Mitgliedstaaten gestärkt. Schmidt stellte klar, dass der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in einer nationalen Gesetzgebung untersagt werde, wenn die geeigneten Mittel vorliegen. „Das ist unser Ziel und nichts anderes“, so der Minister.
Elvira Drobinski-Weiß lehnte ebenfalls für die Sozialdemokraten den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab. Sie sei froh, zusammen mit der CDU/CSU die nationalen Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem GVO-Anbau entscheidend verbessern zu wollen. Drobinski-Weiß gestand der Union zu, einen „weiten Weg“ gegangen zu sein. „Schauen Sie sich doch diesen Antrag vorurteilsfrei an“, bat die Sozialdemokratin ihre Kritiker aus den Reihen der Opposition, statt der „Grabenkampfrhetorik“ zu verfallen. Anders als behauptet, sei der Koalitionsantrag eine Diskussionsgrundlage.
Kern des Antrags sei es, Rechtssicherheit zu schaffen und die Erweiterung der Ausstiegsmöglichkeiten. „Der Ausstieg soll jederzeit möglich sein“, sagte sie. Darüber hinaus stelle der Antrag sicher, dass die Verbraucher in die Lage versetzt werden, beim Kauf von Lebensmitteln frei zu entscheiden. Denn Union und SPD fordern eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden.
Als lediglich zweitbeste Lösung bewertete Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) den eingeschlagenen Weg der Koalitionsfraktionen, denn Die Linke stehe für ein gentechnikfreies Europa. „Als vergiftetes Angebot“ bewertete Tackmann den derzeit von der griechische Ratspräsidentschaft vorgelegten Entwurf: „Er macht die Mitgliedstaaten zu Bittstellern bei den Konzernen.“ Die Hürden eines Ausstiegs seien zudem viel zu hoch.
Tackmann warb dafür, die „griechische Opt-out-Regelung“ abzulehnen und pries den gemeinsam mit den Grünen vorgelegten Antrag (18/1453) an. „Denn es fehlt zum Beispiel der Ausschluss der Bittstellerfunktion der Mitgliedstaaten gegenüber den Konzernen“, sagte Tackmann. Darüber hinaus fehle der Auftrag an die Bundesregierung in Brüssel gegen sämtliche Zulassungen von gentechnisch veränderten Pflanzen zu stimmen, solange das Zulassungsverfahren nicht verbessert sei. Der Antrag wurde mit 458 Stimmen bei 107 Gegenstimmen und drei Enthaltungen in namentlicher Abstimmung abgelehnt.
Kees de Vries (CDU/CSU) kritisierte den Oppositionsantrag und warf den Antragstellern vor, die grüne Gentechnik inklusive ihrer Erforschung in Europa verhindern zu wollen. „Damit koppeln wir uns von einer weltweiten Entwicklung ab. Wir begeben uns in Zukunft in Abhängigkeit von anderen Ländern, die etwas mehr Mut zeigen“, sagte de Vries. Er beklagte, dass die Diskussion um GVO zu sehr auf emotionaler Basis geführt werde. Es sei nicht gut, wenn die Angst vor dem Unbekannten geschürt werde. „Es wird auf Dauer nicht gut gehen, wenn Angst der Ratgeber ist“, appellierte Kees de Vries.
Der Wahlfreiheit und die Kennzeichnung seien ein entscheidender Punkt in dem Koalitionsantrag, den der Unionsabgeordnete als Kompromiss lobte. Denn das Ziel müsse eine lückenlose und praktikable Kennzeichnung von allen GVOs sein. De Vries warb für eine Kennzeichnung von Produkten mit dem Satz: „Mit Hilfe von Gentechnik produziert“. Diese Transparenz müsse auch die Opposition mittragen können, gab sich der Abgeordnete überzeugt. (eis/22.05.2014)