Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Seit 125 Jahren vernetzt die Interparlamentarische Union Parlamentarier auf der ganzen Welt. Sie gilt als Pionier und Vorreiter aller internationalen Organisationen. Als Forum, in dem sich Parlamentarier unabhängig von Konflikten und über die Grenzen unterschiedlicher Kulturen hinweg austauschen können, ist die IPU ein wichtiger Brückenbauer und manchmal sogar Friedensstifter. "Miteinander reden, anstatt aufeinander zu schießen", war ein Leitgedanke des englischen Gewerkschafters William Randel Cremer (1828-1908) und des französischen Pazifisten Frédéric Passy (1822-1912) mit dem sie 1889 die erste Interparlamentarische Konferenz in Paris im Hotel Continental organisierten.
Die späteren Friedensnobelpreisträger Passy, Mitglied des französischen Parlaments, und Cremer, Abgeordneter im britischen Unterhaus, wollten Parlamentarier zusammenbringen, damit unter ihnen das Verständnis für die internationale Solidarität wächst, und um auf dem Weg über die Einflussnahme auf die Regierungen eine friedliche Regelung von Konflikten zu erreichen.
Die Versammlung von Abgeordneten aus den Parlamenten sollte ein Forum bieten, in dem sich Parlamentarier unabhängig von Konflikten und über die Grenzen unterschiedlicher Kulturen hinweg austauschen können. Fünfundfünfzig französische, achtundzwanzig britische, fünf italienische und jeweils ein belgischer, spanischer, dänischer, ungarischer, amerikanischer und liberianischer Abgeordneter kamen zur ersten Konferenz am 29. und 30. Juni 1889.
Auch wenn das internationale Interesse an der ersten Konferenz noch gering schien, beschlossen die Teilnehmer am zweiten Tag der Konferenz, die Gründung einer permanenten Einrichtung. Wenn möglich wollte man sich jährlich in der Hauptstadt eines Mitgliedslandes treffen.
Repräsentativen Charakter erhielt die Union bereits auf ihrer zweiten Konferenz 1890 in London, auf der 111 Abgeordnete aus elf europäischen Staaten zusammentrafen, unter ihnen auch Vertreter des Deutschen Reichstages. Über tausend weitere Parlamentarier hatten ihre Zustimmung erklärt.
Seit ihrer Gründung gab es zwei Weltkriege und unzählige bewaffnete Konflikte. Das Kernanliegen der IPU – die Förderung von Frieden und Sicherheit durch Verständigung, auch wenn politische Überzeugungen unterschiedlich sind – ist geblieben.
Schon 1899 konnte die IPU einen wichtigen Beitrag zur Haager Friedenskonferenz leisten, bei der Politiker und Juristen aus 26 Staaten zusammenkamen, um über Normen für friedliche Lösungen bei internationalen Streitfällen zu diskutieren. In der Folgezeit wurden auf Anregung und Vermittlung viele zwischenstaatliche Schiedsverträge abgeschlossen.
Heute bietet die IPU ein Dialogforum für Parlamentarier aus 164 Ländern. Deren Vertreter treffen sich zweimal pro Jahr. Die Union arbeitet dabei eng mit den Vereinten Nationen zusammen. Inhaltlich konzentriert sie sich auf den Schutz und die Achtung der Menschenrechte, die Förderung von Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie nachhaltiger Entwicklung, Finanzen und Handel.
Das Leitungsgremium der Organisation und somit wichtigstes Organ der IPU ist der Rat (früher: Interparlamentarischer Rat). Er setzt sich aus drei Mitgliedern jeder Delegation zusammen und lenkt die Tätigkeit der Union „in Übereinstimmung mit den in der Satzung festgelegten Zielen“.
Der Rat entscheidet unter anderem über Neuaufnahmen, nimmt den Haushalt an und wählt den Präsidenten. Seit Oktober 2011 ist der ehemalige Sprecher des marokkanischen Repräsentantenhauses und Präsident der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum, Abdelwahad Radi, Präsident der IPU.
Der Deutsche Bundestag ist seit dem Jahre 1951 Mitglied der IPU. Der deutschen Delegation gehören in der laufenden 18. Wahlperiode unter Leitung von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert acht ständige Mitglieder sowie deren Vertreter und Vertreterinnen aus den vier Fraktionen an. (klz/23.06.2014)