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Um die Kohlenutzung zur Stromerzeugung, die heute noch eine große Rolle spielt, geht es am Freitag, 4. Juli 2014, im Bundestag. Das immer stärkere Angebot an erneuerbaren Energien könnte einen Verzicht auf die Kohlenutzung möglich machen – und genau das fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag mit dem Titel „Kohleausstieg einleiten – überfälligen Strukturwandel im Kraftwerkspark gestalten“ (18/1962). Der Bundestag will sich in einer 105-minütigen Aussprache ab etwa 10.45 Uhr mit dem Thema beschäftigen.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
In dem Antrag fordert die Fraktion, dass die Bundesregierung auf nationaler Ebene für neue und bestehende fossile Kraftwerke einen Kohlendioxid-Grenzwert analog zur Regelung in Großbritannien einführt. Auch die Linksfraktion hat einen Antrag (18/1673) vorgelegt, die Energiewende durch ein Kohleausstiegsgesetz abzusichern. Beide Anträge sollen anschließend im Wirtschaftsausschuss weiterberaten werden.
Der Grenzwert soll sich nach Auffassung der Grünen an der Jahresemission eines modernen Gaskraftwerks orientieren. Dabei solle den Kraftwerksbetreibern die betriebswirtschaftliche Flexibilität eingeräumt werden, ihre Kraftwerke bis zum Erreichen der Jahresobergrenze weiterzubetreiben oder sie stillzulegen.
Außerdem verlangt die Fraktion, die immissionsschutzrechtliche Privilegierung der Kohleverstromung aufzuheben und dafür zu sorgen, dass strenge Emissionsgrenzwerte für krebserzeugende Stoffe eingehalten werden. Schrittweise sollten die US-Grenzwerte eingeführt werden.
Zudem solle über eine Novelle des Bundesbergrechts der Aufschluss neuer Braunkohletagebaue ausgeschlossen werden. Auf europäischer Ebene solle sich die Bundesregierung für eine umfassende Reform des Emissionshandels und für Kohlendioxid-Mindestpreise einsetzen.
„In Zeiten von Klimaschutz und Energiewende kann die Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle nicht mehr geltendes Gemeinwohlziel sein, mit der zudem noch Zwangsumsiedlungen gerechtfertigt werden“, heißt es in der Begründung des Antrags.
Nach Ansicht der Grünen ist die Kohleverstromung nicht mit den Klimaschutzzielen und den Anforderungen eines flexiblen und umweltverträglichen Energieversorgungssystems vereinbar. Deutschland müsse gemäß der internationalen Klimavereinbarung bis 2050 die Freisetzung klimaschädlicher Emissionen um 80 bis 95 Prozent senken. Dieses Ziel sei nur mit einer klimaneutralen Stromerzeugung erreichbar, also ohne Kohlekraftwerke.
Vor diesem Hintergrund müsse der Kohleausstieg eingeleitet werden, um die beschlossenen Klimaschutzziele zu erreichen und die vorhandenen Überkapazitäten im fossilen Kraftwerkspark abzubauen. „Dabei gilt es, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass dieser Ausstieg schrittweise erfolgt und die ältesten, ineffizientesten, unflexibelsten und klimaschädlichsten Kraftwerke zuerst außer Betrieb gehen“, wird gefordert.
So würden die moderneren Kraftwerke, die bis zum Übergang zu einer Stromversorgung auf Basis von 100 Prozent erneuerbarer Energien noch benötigt würden, eine wirtschaftliche Perspektive erhalten, die sie im Moment nicht hätten.
Handeln sei dringend erforderlich, da die Kohlendioxidemissionen aufgrund des Booms der Kohleverstromung deutlich ansteigen würden. „Allein im Jahr 2013 wuchsen die Emissionen um 1,2 Prozent“, heißt es in dem Antrag, der an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden soll.
Analog zum Atomausstiegsgesetz soll mit einem Kohleausstiegsgesetz die Energiewende abgesichert und die ungebremste Kohleverstromung beendet werden. „Schließlich ist ein weitgehend regeneratives Energiesystem mit einem dauerhaft hohen Sockel an inflexiblen Kohlekraftwerken insbesondere Braunkohlekraftwerken unvereinbar“, heißt es in dem Antrag der Linken (18/1673).
Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem der Neubau von Kohlekraftwerken und der Neuaufschluss von Tagebauen untersagt wird. Spätestens im Jahr 2040 soll der letzte Kohlekraftwerksblock in Deutschland stillgelegt werden. Der EU-Emissionshandel habe als Klimaschutzinstrument versagt, heißt es in dem Antrag weiter.
Bereits ab 2015 soll die Menge des in Kohlekraftwerken maximal erzeugten Stroms jährlich begrenzt und stetig reduziert werden, fordert die Fraktion. Für bestehende Kraftwerksblöcke sollen Reststrommengen festgelegt werden. In der Begründung des Antrages heißt es, die Verstromung der klimaschädlichen Kohle in der Bundesrepublik steige seit 2010 wieder an. Damit drohe sich die ohnehin existierende Lücke zur Erfüllung des 40-Prozent-Minderungsziels für Treibhausgase bis 2020 gegenüber 1990 weiter zu vergrößern.
So könne Deutschland keine Vorreiterrolle bei der notwendigen globalen Energiewende wahrnehmen. Dabei sei die Vorreiterrolle noch nie so wichtig wie heute gewesen: „Sie besteht insbesondere darin, nachzuweisen, dass ein Industriestaat technisch, ökonomisch und sozial in der Lage ist, sein Wirtschaftssystem zügig, das heißt spätestens bis zur Mitte dieses Jahrhunderts, auf ein vollständig regenerative Energiebasis zu stellen.“ (hle/02.07.2014)