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In zweiter und dritter Lesung hat der Bundestag am Freitag, 4. Juli 2014, mit den Stimmen der Regierungskoalition ein Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (18/1309, 18/1576). Der Bundestag folgte damit einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (18/2037). Die Fraktion Die Linke enthielt sich, Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.
Mit dem Gesetz sollen private Unternehmen und staatliche Auftraggeber dazu veranlasst werden, ihre Rechnungen schneller zu bezahlen. Deshalb wurden die Verzugszinsen im Fall von überschrittenen Zahlungsfristen erhöht. Angehoben wurde der gesetzliche Verzugszins, und zwar um einen Prozentpunkt auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Gläubiger können bei Zahlungsverzug von säumigen Schuldnern eine Pauschalgebühr von 40 Euro erheben.
Ebenfalls geändert wurden Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen Zahlungsaufschub von mehr als 30 Tagen vorsehen. Diese sollen als unangemessen gelten und daher unwirksam sein. Im Falle von individuellen Vereinbarungen zu Zahlungsfristen wird ein Aufschub von mehr als 60 Tagen für die Begleichung der Rechnung in Zukunft nur wirksam sein, wenn dies für den Gläubiger nicht „grob unbillig“ ist.
Mit dem Gesetz verknüpft sind Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das der Bundestag erst am 27. Juni novelliert hatte EEG-Reform (18/1304, 18/1573). Über diese Nachbesserung der EEG-Reform (Artikel 4 des Zahlungsverzug-Gesetzes) stimmte der Bundestag in zweiter Beratung getrennt ab. Alle Fraktionen stimmten diesem Artikel 4 zu.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, Christian Lange (SPD), sagte, mit dem Gesetz werde eine Vorgabe der EU-Kommission umgesetzt. Die Umsetzungsfrist sei bereits seit einem Jahr abgelaufen, deshalb habe Zeitdruck geherrscht. Der Entwurf weiche geringfügig von der Vorgabe ab, erhalte aber den hohen Schutz im deutschen Recht und zudem genügend Spielraum.
Besonders hervor hob Lange die neuen Vorgaben zur individuellen Übereinkunft zu Zahlungsfristen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Werde eine längere Frist als 60 Tage vereinbart, sei das in Zukunft nur noch in Ordnung, wenn dies für den Gläubiger nicht „grob unbillig“ ist.
Dies gelte auch bei Vereinbarungen einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen. Öffentliche Auftraggebern hätten in Zukunft eine Vorbildfunktion und müssten ihre Rechnungen immer innerhalb der 30 Tage bezahlen.
Für Die Linke sagte Richard Pitterle, das Gesetz enthalte Gutes und Schlechtes. Seine Fraktion begrüße die gesetzliche Höchstfrist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das sei auch gut gelungen. Allerdings befürchte er, dass das „Schlupfloch von 60 Tagen“ in Zukunft vermehrt ausgenutzt werde. Zudem sei das ganze Gesetz zu kompliziert gestaltet.
Weiterhin kritisierte Pitterle, dass die Koalitionsfraktionen an das Gesetz einen Änderungsantrag für die gerade erst beschlossene EEG-Reform angehängt hätten. Zwischen den beiden Themen bestehe kein Sachzusammenhang. „Dieser Mischmasch hat mit seriöser parlamentarischer Arbeit nichts zu tun“, sagte er.
Dr. Stephan Harbath (CDU/CSU) verwies auf den europaweiten Charakter des Gesetzes. Bei der Zahlungsmoral und der Einhaltung von Fristen sei Deutschland innerhalb der EU bisher ganz gut dagestanden.
In anderen Ländern sei die Zahlungsmoral, auch der öffentlichen Hand, „geradezu dramatisch“. Grenzüberschreitender Handel benötige auch grenzüberschreitende Richtlinien. Dabei gehe die Umsetzung an vielen Stellen über die Vorgaben der EU hinaus.
Dirk Wiese (SPD) sagte, kleine und mittlere Betriebe in Deutschland hätten bisher zu oft in finanzielle Vorleistung gehen müssen. „Das ist und war ein Stück soziale Ungerechtigkeit, dem wir heute ein Ende setzen.“
Das Gesetz stärke nun das Handwerk und den Mittelstand. „Es kann nicht sein, dass gerade Großkonzerne Zinsgewinne auf dem Rücken von kleinen und mittleren Unternehmen einfahren“, sagte er.
Katja Keul von Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, dass man sich auf die von der EU-Kommission vorgegebene Obergrenze von 60 Tagen eingelassen habe. Warum gehe die Bundesregierung nicht darüber hinaus? „30 Tage wären für alle angemessen“, sagte sie.
Sie befürchte, dass sich die 60-Tage-Frist zur Begleichung von Rechnungen etabliert und die Lage verschlechtert, sagte Keul. Außerdem leuchteten ihr die unterschiedlichen Fristen für private Unternehmen und öffentliche Auftraggeber nicht ein. Ein weiter Kritikpunkt sei, dass die Regierung das Gesetz missbrauche, um die Fehler der EEG-Reform zu beheben. (jbb/04.07.2014)