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Die Beschaffung von sogenannten Kampfdrohnen für die Bundeswehr ist weiterhin umstritten. Dies wurde während einer Anhörung des Verteidigungsausschusses unter Vorsitz von Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) am Montag, 30. Juni 2014, deutlich. Der Ausschuss hatte neun Sachverständige geladen, um sie zu völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Aspekten des Einsatzes von „unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben“, zu befragen.
Die beiden Völkerrechtler Prof. Dr. Wolff Heintschel von Heinegg von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und Prof. Dr. Thilo Marauhn von der Justus-Liebig-Universität Gießen führten aus, dass gegen den Einsatz von Kampfdrohnen prinzipiell keine völkerrechtlichen Bedenken bestehen. Ein Drohneneinsatz sei nach dem humanitären Völkerrecht nicht anders zu bewerten wie der Einsatz eines bemannten Kampfflugzeuges.
Für den Drohneneinsatz würden die gleichen rechtlichen Vorgaben gelten, sagte von Heinegg. Dies schließe beispielsweise sogenannte extralegale Tötungen aus oder Einsätze, bei denen im Vergleich zum militärischen Nutzen unverhältnismäßig viele getötete Zivilisten erwartet werden.
Thilo Marauhn schloss sich dieser Sichtweise an. Er verwies darauf, dass das Bedienungspersonal von Drohnen am Boden in jedem Fall auch über den Kombattantenstatus verfügen müsse, da die Drohnen selbst und auch lenkende Bodenstation umgekehrt ein legitimes militärisches Ziel darstellten.
Übereinstimmend für die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen plädierten Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshaber beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Oberstleutnant André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes, und der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus. Alle drei argumentierten mit der Fürsorgepflicht des Staates für seine Soldaten.
Wenn das Parlament die Streitkräfte in einen Auslandseinsatz entsendet, müsse Sorge dafür getragen werden, dass die Soldaten bestmöglich ausgerüstet und geschützt seien. Dazu gehöre nicht nur die Fähigkeit zur Feindaufklärung, sondern auch zur Bekämpfung des Feindes bei möglichst geringer Gefährdung der Soldaten. Dies sei durch den Einsatz von Drohnen besser zu gewährleisten als etwa durch den Einsatz von Flugzeugen, Hubschraubern und Kampfflugzeugen.
Fritz und Wüstner verwiesen auf eigene Erfahrungen aus dem Einsatz in Afghanistan. So könnten Gegner in einem Feuergefecht schneller und sicherer bekämpft werden, wenn sich über dem Kampfgebiet Drohnen im Einsatz befinden.
Fritz und Wüstner argumentierten, dass auch ein Einsatz von Kampfdrohnen den jeweils gelten Einsatzregeln (rules of engagement) der Bundeswehr oder der Nato unterworfen seien. Die Bundeswehr habe sich immer an diese Regeln gehalten und daran werde sich auch in Zukunft nichts ändern, sagte Fritz.
Königshaus betonte, er könne prinzipiell keine ethischen Probleme erkennen beim Einsatz von Drohnen. Dieser unterscheide sich letztlich nicht vom Einsatz anderer Waffensysteme. Umgekehrt seien die eigenen Soldaten aber besser geschützt.
Dieser Argumentation widersprachen Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung e.V., Dr. Niklas Schörnig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung sowie Dr. Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Mit dem Schutz der Soldaten ließe sich letztendlich der Einsatz jedes Waffensystems rechtfertigen, kritisierte Schörnig. Der Einsatz von Drohnen werde die Kriegsführung revolutionieren und drastisch verändern.
Schörnig warnte zugleich davor, die Debatte über unbemannte Systeme nur auf Luftfahrzeuge zu beschränken. In den kommenden Jahren würden zunehmend mehr Systeme auch für die Land- und Seekriegsführung entwickelt. Marischka bezweifelte sogar, dass die Soldaten durch den Einsatz von Drohnen wirklich wirkungsvoller geschützt werden könnten. Dieser Beweis sei noch nicht erbracht worden.
So gerieten die Soldaten der US-Streitkräfte in Afghanistan trotz des massiven Einsatzes von Drohnen auch weiterhin in Hinterhalte. Zudem sei zu befürchten, dass die Hemmschwelle für militärisches Vorgehen gesenkt werde durch den für die eigenen Soldaten vermeintlich ungefährlichen Drohneneinsatz. Dickow warnte davor, dass Drohnen zunehmend autonomer konzipiert würden, um beispielweise die große Menge an Aufklärungsdaten auszuwerten.
Dickow appellierte an die Bundesregierung, sich für eine Ächtung von Drohnen einzusetzen, die automatisiert einen möglichen Gegner im Einsatzgebiet bekämpfen können. Grundsätzlich sollte die Bundeswehr nur Aufklärungsdrohnen einsetzen und keine Kampfdrohnen.
Der Luftfahrtrechtler Prof. Dr. Elmar M. Giemulla von der Technischen Universität Berlin verwies darauf, dass unbemannte Luftfahrzeuge in absehbarer Zeit keine Zulassung für die Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr erhalten werden. Dies wäre viel zu gefährlich. Allerdings sei eine solche Zulassung auch nicht zwingend notwendig.
Kleinere Drohnensysteme wie beispielsweise die in Afghanistan eingesetzte Heron 1 könnten zerlegt und im Einsatzgebiet fliegen. Größere Systeme wie der Euro-Hawk könnten in speziell gesperrten Lufträumen aufsteigen und dann in einer Höhe fliegen, in denen ansonsten kein Luftverkehr stattfindet. (aw/30.06.2014)