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Unterschiedlich haben die Bundestagsabgeordneten am Dienstag, 9. September 2014, in der allgemeinen Finanzdebatte den von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) vorgelegten Entwurf des Haushalts 2015 (18/2000) bewertet. Während die Sprecher der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD „froh“ darüber waren, dass im kommenden Jahr keine neuen Schulden gemacht werden sollen, warfen die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen der Koalition falsche Prioritätensetzung vor.
Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Dr. Dietmar Bartsch, zeigte „Respekt“ für die Vorlage eines Etats ohne Neuverschuldung. „Entscheidend ist aber die Realisierung im Haushaltsvollzug“, sagte er. Die Diskussion um die „schwarze Null“ habe aber mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in Deutschland nichts zu tun.
Dieser Etatentwurf sei das Gegenteil einer verantwortungsvollen Politikgestaltung, kritisierte er. In den kommenden Jahren müssten in Deutschland 120 Milliarden Euro vor allem in die Infrastruktur investiert werden. Deshalb seien die von der Regierung angekündigten Mehrausgaben für die Infrastruktur von einer Milliarde Euro im kommenden Jahr nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“.
Weiter kritisierte Bartsch, dass die Koalition Haushaltsrisiken ausblende. Dazu zählte er die derzeitigen Krisenherde weltweit, die „sicherlich“ Geld kosten würden. Schließlich warf er der Koalition vor, keine gesellschaftliche Vision zu haben. Der Etatentwurf sei ungerecht, die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. Es müsse wieder über Verteilungsgerechtigkeit geredet werden. Eine zukunftsgerichtete Haushaltspolitik dürfe nicht der schwarzen Null geopfert werden, sagte Bartsch.
Für Carsten Schneider, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, ist der Etatentwurf der „Beginn einer Zeitenwende“: Es sei der erste Haushalt seit 1969 ohne neue Schulden; die Vorgaben der Schuldenbremse würden schon 2015 „vorfristig“ eingehalten. Dies habe auch erreicht werden können, weil die Binnennachfrage durch den Mindestlohn „extrem gestiegen“ sei. „Darauf sind wir als Sozialdemokraten stolz“, betonte Schneider.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs, wies darauf hin, dass trotz der Ausgabendisziplin in wichtige Bereiche wie Bildung und Forschung und die Infrastruktur mehr investiert werde. Außerdem würden im kommenden Jahr die Kommunen um eine Milliarde Euro entlastet.
„Die Große Koalition lobt sich selbst“, betonte der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sven-Christian Kindler. Dabei gebe es im Etatentwurf drei zentrale Defizite: Zum einen hoffe die Regierung auf eine weiterhin gute Konjunktur. Zweitens werde die Substanz zum Beispiel bei der Infrastruktur abgebaut und schließlich gebe es einen unsolidarischen Griff in die Rentenkasse und den Gesundheitsfonds. Schon ein kleiner Dämpfer bei der Konjunktur habe jedoch Steuerausfälle in Milliardenhöhe zur Folge.
Die Investitionsquote sinke auf acht Prozent, kritisierte er weiter. Dies sei eine der niedrigsten Quoten weltweit. Zudem würden die steuerlichen Mehreinnahmen irgendwo im Etat versickern. Stattdessen würden wichtige Investitionen unterlassen. So müssten die meisten Brücken in Deutschland saniert werden, in den Schulen bröckele der Putz von den Wänden und entscheidende Investitionen würden bei der Energiewende unterbleiben. „Sie fahren die Gesellschaft auf Verschleiß“, betonte Kindler.
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralf Brinkhaus, ist der Etatentwurf ein Grund zur Freude. Dieser ausgeglichene Haushalt werde erreicht, ohne neue Steuern zu erheben oder die Steuern zu erhöhen.
Für Brinkhaus kommt es darauf an, in die Zukunft die Mittel noch präziser und effizienter einzusetzen. Der haushaltspolitischen Sprecher der Union, Norbert Barthle, kündigte an, dass eventuelle Spielräume im Etatentwurf für Investitionen in die Infrastruktur genutzt würden. (mik/09.09.2014)