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TTIP ist die Kurzbezeichnung für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA. © pa/chromorange
Kaum ein Vorhaben wird in der deutschen Öffentlichkeit so heftig diskutiert wie das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Gegner befürchten sinkende Standards bei Lebensmitteln, einschneidende Veränderungen im Kulturbereich und kritisieren die Schaffung von internationalen Schiedsgerichten, sodass Streitfälle nicht mehr vor nationalen Gerichten ausgetragen werden können. Befürworter unterstreichen dagegen die Chancen der größten Freihandelszone der Erde. Auch der Deutsche Bundestag befasst sich mit TTIP. Am Donnerstag, 25. September 2014, werden die Abgeordneten das Thema in einer auf 105 Minuten angesetzten Kernzeitdebatte ab etwa 10.45 Uhr diskutieren.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Grundlage der Debatte ist die Antwort der Bundesregierung (18/2100) auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke (18/432). Die Regierung verweist darin auf Angaben der EU-Kommission, die wiederholt klargestellt habe, „dass die strengen europäischen Rechtsvorschriften für die Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen beibehalten werden. Auch wird es Geflügelimporte nur von US-Betrieben geben, die den europäischen Vorschriften entsprechen. Hormone bei der Mast in der Tierhaltung bleiben in der Europäischen Union weiterhin verboten, sodass auch kein hormonbehandeltes Fleisch aus den USA in die Europäische Union eingeführt wird.“
Die Bundesregierung erklärt in diesem Zusammenhang unter Berufung auf das Verhandlungsmandat, dass es durch das Abkommen zu keinem Abbau des Schutzniveaus in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Verbraucherschutz, Arbeit und Umwelt sowie kulturelle Vielfalt kommen werde. „Aus TTIP werden sich keine Nachteile für Verbraucher ergeben“, heißt es. Auch in der EU stehe eine Absenkung des Verbraucherschutzniveaus nicht zur Diskussion.
Ebenso wendet sich die Regierung gegen eine Einbeziehung des Investitionsschutzes einschließlich eines Investor-Staat-Schiedsverfahrens in das Abkommen. Sie habe von Anfang an betont, „dass sie keine Notwendigkeit für die Einbeziehung von Regelungen zum Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren im Abkommen sieht, da EU-Investoren in den USA und US-Investoren in Deutschland hinreichenden Schutz vor nationalen Gerichten haben.“ Über eine Einbeziehung des Investitionsschutzes in TTIP werde erst nach Vorlage der Verhandlungsergebnisse entschieden, teilt die Regierung weiter mit.
Andererseits sieht die Regierung enorme Chancen im TTIP-Abkommen. So könnten einer globalisierten Wirtschaft damit „Spielregeln“ gegeben werden. Der Verzicht auf ein solches Freihandelsabkommen zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen der Welt (Europa und USA) würde zugleich den Verzicht auf Einflussnahme für internationale Standards in den globalisierten Wirtschaftsbeziehungen bedeuten, schreibt die Bundesregierung und weist darauf hin, dass die „normsetzende Kraft“ des Abkommens zum „Hebel einer politischen Gestaltung der wirtschaftlichen Globalisierung“ werden könne.
Unter Berufung auf eine im Auftrag der EU-Kommission erstellte Studie heißt es, durch die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft könne es zu einem EU-weiten Wohlfahrtszuwachs von rund 120 Milliarden Euro beziehungsweise 0,5 Prozent im Verhältnis zum EU-weiten Bruttoinlandsprodukt bis zum Jahr 2027 kommen. Dies entspräche einem Zuwachs für das Jahreseinkommen in Höhe von 545 Euro für eine vierköpfige Familie in der EU.
Außerdem geht es in der Debatte um Anträge der Linken (18/2604) und der Grünen (18/2620). Beide Fraktionen verlangen, das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (Ceta) zurückzuweisen. Ob über den Antrag abgestimmt oder ob er zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen wird, steht noch nicht fest. Nemantlich abgestimmt wird über die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (18/2646) zu einem weiteren Antrag der Grünen "für einen fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne" (18/1458).
Die Linke hat darüber hinaus zwei Entschließungsanträge (18/2611, 18/2612) zu ihrer Großen Anfrage vorgelegt, über die beide namentlich abgestimmt werden soll. Darin wird gefordert, das Ceta-Verhandlungsergebnis zurückzuweisen und vom SPD-Parteikonvent am 20. September 2014 beschlossene Mindestbedingungen für beide Freihandelsabkommen zu beschließen. (hle/24.09.2014)