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Mit den Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag am Donnerstag, 6. November 2014, das Asylbewerberleistungsgesetz geändert. Damit sollen die Bedingungen für Asylbewerber verbessert werden. Schwarz-Rot hält damit an dem Gesetz grundsätzlich fest; die Opposition hatte in zwei Anträgen (18/2736, 18/2871) seine Abschaffung gefordert. Ihre Anträge wurden jedoch abgelehnt.
Man setze mit dem Gesetzentwurf (18/2592) das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012 „eins zu eins“ um, betonte für die SPD Daniela Kolbe. Das Gericht hatte damals die Geldleistungen für Asylbewerber für unvereinbar mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum erklärt und eine transparente Berechnung der Bedarfssätze gefordert.
Kolbe sagte, man rechne in diesem Jahr mit 200.000 Asylanträgen; dies sei eine große Herausforderung insbesondere für die Länder und Kommunen. Die Gesetzesreform sei ein „erster Schritt“ auf einer „langen Etappe“, um zu einer „akzeptablen Behandlung für alle Flüchtlinge“ zu kommen.
Die Berechnung der Bedarfssätze sei transparent und rechtssicher, Kinder und Jugendliche erhielten Zugang zum Bildungs- und Teilhabepaket, die Dauer des Bezugs von Leistungen nach dem Aslybewerberleistungsgesetz verkürze sich von 48 auf 15 Monate und Menschen mit einem humanitären Aufenthaltstitel wie etwa Bürgerkriegsflüchtlinge würden aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausgenommen und erhielten Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern. Das entlaste die Kommunen um rund 40 Millionen Euro pro Jahr. Nun seien weitere Verbesserungen insbesondere bei der Gesundheitsversorgung nötig.
Für die Union unterstrich Jutta Eckenbach, es sei nicht möglich, alle Asylbewerber in die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern (SGB II und XII) einzubinden, da es bei beiden Leistungen „andere Zielrichtungen“ gebe. Das Asylbewerberleistungsgesetz greife bei Menschen, deren Aufenthalts kurzfristig und vorübergehend sei, das SGB bei dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen. Es sei der „Grundgedanke“ des Asylkompromisses von 1992/93 gewesen, dass die Sozialleistungssysteme „keine Anreize für Zuwanderungsbewegungen“ bieten sollten.
Für die Opposition verstößt das gegen die Menschenwürde. So sagte Ulla Jelpke für Die Linke, es sei ein „zentraler Satz“ im Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewesen, dass das Sozialrecht nicht unter aufenthaltsrechtlichen Vorbehalt gestellt werden dürfe.
Die Menschenwürde sei „migrationspolitisch nicht revidierbar“. Dass das Asylbewerberleistungsgesetz Taschengeldkürzungen für Menschen vorsehe, die nicht aktiv an ihrer Abschiebung mitwirken, sei ein „Strafregime“.
Heftige Kritik übte auch Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, sozialpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Er wünscht sich, dass der Bundestag nicht immer wieder Gesetze verabschiedet, die sich „an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit“ bewegen. Das sei auch hier der Fall; in der Anhörung hätten Experten auf diverse verfassungsrechtliche Probleme hingewiesen.
Grundsätzlich müsse es eine einheitliche Grundsicherung geben und keine „Zwei-Klassen-Grundsicherung“, wie es jetzt der Fall sei. Dass die Bedarfssätze für Asylbewerber zehn Prozent unter denen der für Arbeitslosengeld-II-Empfänger liegen, werde unter anderem damit begründet, dass Asylbewerber Sachleistungen erhielten und etwa keine Praxisgebühr bezahlen müssten. Die aber sei längst abgeschafft. Das alles sei „teilweise ziemlich absurd“; Das Gesetz sei „korinthenkackerisch“, „kleinlich“ und „nicht christlich“. (suk/06.11.2014)