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Einvernehmlich haben die geladenen Sachverständigen am Mittwoch, 5. November 2014, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur EU-weiten Vereinheitlichung der Handelsregister (18/2137). Kritisiert wurde jedoch eine geplante Frist zur Eintragung von Unternehmen in die Register und dass es für Notare weiterhin schwer bleibe, in manchen Fällen zu erfahren, wer für Firmen vertretungsbefugt ist.
Mit dem Gesetz will die Regierung die Kommunikation zwischen den Handelsregistern verbessern und die EU-Richtlinie 2012/17/EU umsetzen. Grenzüberschreitend soll der Zugang zu Unternehmensinformationen über das europäische Justizportal verbessert werden und die Kommunikation zwischen den nationalen Registern der Mitgliedstaaten über eine zentrale europäische Plattform laufen.
Diese drei Teile, die Register der Mitgliedstaaten, die zentrale europäische Plattform und das europäische Justizportal, bilden laut der EU-Vorgabe zukünftig gemeinsam das europäische System der Registervernetzung. Zusätzlich soll es eine einheitliche europäische Kennung für Kapitalgesellschaften geben.
Dr. Ulrich Kühn, Richter am Amtsgericht München und Leiter des dortigen Registergerichts, sagte, der Gesetzentwurf sei aus Sicht der Praxis sehr zu begrüßen. Täglich komme die registerrichterliche Praxis mit ausländischen Unternehmen und deren Zweigniederlassungen in Kontakt. Die Gerichte und die Bürger bräuchten die durch die Einführung eines europaweiten Handelsregisters zugänglich gemachten Informationen.
Kühn kritisierte jedoch die geplante Frist von 21 Tagen, die laut der EU-Richtlinie als zeitliche Vorgabe zur Eintragung von Unternehmen ins Register vorgesehen sind. Diese Vorgabe sorge eher für eine Verzögerung und nicht für eine Beschleunigung. Darin stimmten ihm die anderen Sachverständigen zu.
Dr. Hans-Michael-Pott von der Bundesrechtsanwaltskammer in Düsseldorf sagte, das Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sei die Richtlinie „zu technikverliebt“ und zu minimalistisch. Das sei bedauerlich, denn der Praxis könnte besser geholfen werden. Schließlich gebe es doch schon eine europaweite Harmonisierung, die nur nicht richtig umgesetzt werde.
Für Notare sei es zum Beispiel oft sehr schwer, Vertretungsbescheinigungen auszustellen, da sie nur schwer herausfinden könnten, wer für eine Firma vertretungsberechtigt ist. So habe das Berliner Kammergericht 2010 entschieden, dass die diesbezüglichen Angaben der ausländischen Handelsregister nicht anerkannt würden. Seit 2013 würden immerhin die von deutschen Zweigniederlassungen ausländischer Firmen anerkannt, allerdings auch nur zum Teil, so Pott. Er wünschte sich eine gesetzliche Klarstellung.
Dieser Forderung schloss sich Dr. Oliver Vossius vom Deutschen Notarverein an. In den deutschen Handelsregistern sei klar erkennbar, wer vertretungsbefugt ist. Bei Handelsregistern anderer europäischer Staaten sei dies nicht immer der Fall. Das stelle viele Notare vor Probleme.
Trotzdem nannte er die Umsetzung der Richtlinie „ungemein wichtig“. Sie könne aber nur als ein erster Schritt gesehen werden auf dem Weg hin zu einem gesamteuropäischen Handelsregisterauszug in einer Sprache mit klar erkennbaren Informationen. Eine EU-weite Gesamtindizierung sei das Ziel.
Carsten Schmidt vom Justizministerium Nordrhein-Westfalen erläuterte den Abgeordneten die technische Umsetzung der Richtlinie. Die Register blieben in den jeweiligen Herkunftsländern und sollen über das europäische Justizportal abgerufen werden können. Die vernetzten Daten blieben qualitativ unbearbeitet, über eine technische Zugänglichmachung hinaus komme es zu keiner weiteren Harmonisierung. So würden die Informationen auch nicht übersetzt.
Die EU plane zwar im Justizportal eine automatische Übersetzung anzubieten, doch verlören die Informationen damit ihren Rechtscharakter. (jbb/05.11.2014)