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Der Bund will die Hochschulen in Deutschland stärken und das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für die Wissenschaften aufheben. Die Finanzierung der Hochschulen durch den Bund ist seit der Föderalismusrefom 2006 bislang nur zeitlich und thematisch begrenzt möglich. Jetzt sollen die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine erweiterte Kooperation im Wissenschaftsbereich geschaffen werden. Die Hochschulen sollen in gleicher Weise wie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Fällen überregionaler Bedeutung institutionell gefördert werden können.
Um die Neufassung des Artikels 91b des Grundgesetzes zu diskutieren, ist für Donnerstag, 13. November 2014, ab etwa 16.45 Uhr eine 45-minütige Debatte angesetzt. Grundlage sind der Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2710) und Anträge der Linken (18/588) und der Grünen (18/2747), das Kooperationsverbot abzuschaffen. Über den Regierungsentwurf und über Änderungsanträge der Linken (18/3162) sowie der Grünen (18/3163) wird namentlich abgestimmt; weil das Grundgesetz geändert werden soll, ist beim Gesetzentwurf eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (18/3141). Zur Abstimmung steht ferner ein Entschließungsantrag der Linken (18/3164).
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Nach Ansicht Bundesregierung kommt den Hochschulen für den Erhalt und Ausbau einer international wettbewerbsfähigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft eine Schlüsselfunktion zu. Die Hochschulen seien mit ihrer Einheit aus Forschung und Lehre das zentrale Element des Wissenschaftssystems. In Verbindung mit der Aufgabe des Wissens- und Technologietransfers trügen die Universitäten entscheidend zur Innovationsfähigkeit Deutschlands in einer globalisierten Welt bei und bildeten mittlerweile mehr als 50 Prozent eines Altersjahrganges aus.
Zudem stellten sich den Hochschulen vielfältige Herausforderungen, wie die Heterogenität der Studentenschaft, die demografische Entwicklung sowie die Sicherung einer angemessenen Grundfinanzierung. All dies erfordere es, die Hochschulen verstärkt zu fördern und ihnen eine verlässliche finanzielle Perspektive zu bieten.
Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) sagte am 10. Oktober vor dem Deutschen Bundestag: „Die Hochschulen sind das Herzstück des Wissenschaftssystems. Wenn unser Land seinen Wohlstand halten will, dann müssen wir in Forschung und Innovationen gut sein. Überlegungen zu diesem Herzstück des Wissenschaftssystems sollte nicht nur jedes Bundesland für sich anstellen, sondern wir müssen auch in diesem Bereich langfristige Strategien entwickeln können, wie sie ja im außeruniversitären Bereich bereits möglich sind.“
Der Opposition geht die Aufhebung des Kooperationsverbotes ausschließlich für die Wissenschaft nicht weit genug. Sie fordert eine Neufassung des Artikels 91b auch zur Kooperation für den gesamten Bildungsbereich. In ihrem Antrag (18/2747) erinnern die Grünen daran, dass im Jahr 2006 die letzte Große Koalition aus CDU/CSU und SPD das Kooperationsverbot im Grundgesetz verankert habe.
Die Grünen hätten sich 2006 der „fatalen Weichenstellung widersetzt und vor gravierenden Nachteilen für Bildung und Wissenschaft gewarnt“, schreiben die Grünen. Viele Befürchtungen seien mittlerweile längst eingetreten: Mangels neuer bundesweiter Programme stocke der Ausbau von Ganztagsschulen sowie die Einführung und der Ausbau der Inklusion in Schulen.
Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, einen Vorschlag zu präsentieren, wie das Grundgesetz so geändert werden kann, dass Bund und Länder auch im Bereich der allgemeinen Bildung auf der Grundlage gemeinsamer Vereinbarungen zusammenarbeiten können. Die Grünen fordern in ihrem Antrag, das Junktim zwischen der 25. Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und der Änderung von Artikel 91b des Grundgesetzes zugunsten sinnvoller und sachlicher Beratungsprozesse für beide Reformvorhaben aufzugeben und das Erfordernis der Einstimmigkeit aus dem Entwurf zu streichen, um die Einigung über Verfahrensregeln in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern nicht unnötig einzuschränken.
Ferner fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen Entwurf vorzulegen, wie das Grundgesetz so geändert werden kann, dass Bund und Länder auch im Bereich der allgemeinen Bildung auf der Grundlage gemeinsamer Vereinbarungen zusammenarbeiten können.
Auch die Linksfraktion ist mit den Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht einverstanden. Seit der Föderalismusreform von 2006 habe sich die Situation bei der Finanzierung der Bildungsaufgaben durch Bund, Länder und Kommunen verschlechtert. Auch die Schuldenbremse erschwere die Situation der Länder und Kommunen deutlich. Die schlechte Ausgangslage bei der Finanzierung öffentlicher Bildung werde durch wachsende öffentliche Armut verstärkt. Gute Bildung sei ein gesamtgesellschaftliches Anliegen und müsse auch so finanziert werden.
Der Aufgabe, Bildungsfinanzierung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen zu begreifen, fehle derzeit die geeignete Grundlage. Dr. Rosemarie Hein (Die Linke) hatte im Bundestag moniert, die lediglich im Hochschulbereich anstehende Aufhebung des Kooperationsverbots sei „nicht mal der Spatz in der Hand".
Deshalb soll nach Auffassung der Linken (18/2710) unverzüglich ein Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt werden, durch den das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufgehoben wird und stattdessen eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Artikel 91b im Grundgesetz verankert wird.
Darüber hinaus solle das Kooperationsverbot in Artikel 104b des Grundgesetzes, das heißt die Beschränkung der Bundesförderung auf Bereiche, in denen der Bund Gesetzgebungskompetenz besitzt, aufgehoben werden. (rol/10.11.2045)