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Mit einer auf vier Stunden angesetzten Generalaussprache steigt der Bundestag am Donnerstag, 13. November 2014, in die Beratung zu dem heiklen Thema Sterbehilfe ein. In der sogenannten vereinbarten Debatte zur "Sterbebegleitung" sollen Redner unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit ihre Vorstellungen und Bedenken zu dieser Fragestellung äußern. Im Kern geht es darum, ob und wie der Gesetzgeber die Sterbehilfe künftig regeln sollte. Voraussichtlich im Herbst 2015 wird der Bundestag dann - vermutlich ohne Fraktionszwang - über vorliegende Gruppenanträge abstimmen, die bis dahin erarbeitet und ausführlich diskutiert werden sollen, auch in der breiten Öffentlichkeit.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Unterschieden wird zwischen der aktiven, der passiven und der indirekten Sterbehilfe. Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland als Tötung auf Verlangen strafbar, passive und indirekte Sterbehilfe nicht. Bei der passiven Sterbehilfe werden lebensverlängernde medizinische Maßnahmen entsprechend dem Patientenwillen nicht eingeleitet, nicht fortgesetzt oder abgebrochen. Bei der indirekten Sterbehilfe bekommt der Patient zur Schmerzlinderung medizinisch gebotene Mittel, die als unvermeidbare Folge eine lebensverkürzende Wirkung haben.
Auch eine Beihilfe zur Selbsttötung ist nicht strafbar, zumal die Selbstschädigung ebenso straflos ist. Bei Verwendung bestimmter Substanzen kann sich ein Suizidhelfer jedoch nach dem Betäubungsmittelrecht strafbar machen. Zudem sieht die sogenannte Garantenpflicht vor, dass derjenige, der eine Selbsttötung begleitet, also etwa ein Arzt, unter Umständen dazu verpflichtet ist, einem bewusstlosen Menschen, der sterben will, Hilfe zu leisten. Andernfalls könnte dies als unterlassene Hilfeleistung oder Totschlag gewertet werden.
Liegt allerdings eine eindeutige Willensbekundung des Menschen vor, der sterben möchte (Patientenverfügung), wird von der sogenannten Garantenpflicht abgesehen. Rechtlich schwierig ist gleichwohl die Unterscheidung zwischen der strafbaren Tötung auf Verlangen und der straflosen Beihilfe zum Suizid. Die Mediziner betonen, dass Ärzten in Deutschland die Beihilfe zum Suizid nach dem Berufsrecht verboten sei. So verpflichte das Berufsethos den Arzt, Hilfe zum Leben zu leisten, nicht Hilfe zum Sterben.
Wichtiger Bestandteil der Debatte ist die stark umstrittene organisierte Sterbehilfe. Damit sind Organisationen gemeint, die kommerziell ausgerichtet sein können und für die es bisher keine speziellen rechtlichen Regelungen gibt. Den entscheidenden letzten Schritt muss der Sterbewillige hier jeweils selbst tun. Einige Abgeordnete befürworten ein Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid.
Auch die Bundesärztekammer mit ihrem Präsidenten Frank Ulrich Montgomery will den "nur scheinbar altruistischen Sterbehilfevereinen das Handwerk legen". In der Gesellschaft dürfe kein Platz sein für "Todesengel, die Giftcocktails reichen und damit Geschäfte machen wollen", sagte Montgomery unlängst. Auch Ärzte dürften nicht zu "Todescocktailverschreibern" degradiert werden.
Ein bereits vorliegendes Positionspapier der CDU-Abgeordneten Peter Hintze und Katherina Reiche, der CSU-Abgeordneten Dagmar G. Wöhrl (CSU) sowie der SPD-Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Prof. Dr. Karl Lauterbach und Burkhard Lischka zielt unter anderem darauf ab, mit einem streng regulierten "ärztlich assistierten Suizid" fragwürdige Sterbehilfeorganisationen überflüssig zu machen. (pk/10.11.2014)