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Dem ländlichen Raum wird nicht genug Beachtung geschenkt. Das konstatierte Heidrun Bluhm (Die Linke) zumindest für die Opposition, als sie am Donnerstag, 26. November 2015, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in der Beratung über den Haushalt 2016 die Leviten lesen wollte. Immerhin 90 Prozent der Fläche in der Bundesrepublik würden vom ländlichen Raum geprägt und jeder zweite Bürger lebe auf dem Land. „Doch der Landwirtschaftsetat von knapp 5,6 Milliarden Euro reicht dafür nicht aus“, stellte Bluhm bei Eröffnung der Debatte über den Einzelplan 10 (18/5500, 18/5502, 18/6110, 18/6124, 18/6125, 18/6126) fest.
Ein Vorwurf, den die Koalition so nicht stehen lassen wollte. Immerhin verzeichne das Budget im Vergleich zu diesem Jahr einen Zuwachs von über 350 Millionen Euro. „Und das bei einem Gesamthaushalt mit keiner Neuverschuldung“, unterstrich Cajus Caesar (CDU/CSU).
Aber Bluhm bohrte weiter, denn es seien die CSU und die SPD gewesen, die am Anfang der Wahlperiode eine beträchtliche Aufstockung der Mittel für die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) gefordert hätten. Aus 200 Millionen Euro seien letzten Endes jedoch nur ganze 30 Millionen geworden. „Übrig geblieben ist nur ein Reförmchen“, sagte Bluhm. Für die Zukunft brauche es eine Gemeinschaftsaufgabe für die Entwicklung der ländlichen Räume, die den Breitbandausbau fördere und das Leben auf dem Land attraktiv mache. „Sonst ziehen die Menschen in die Ballungsräume.“ Deshalb solle der Minister Druck auf das Verkehrs- und Infrastrukturministerium ausüben, um etwas zu ändern.
Fraktionskollegin Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) pflichtete bei, dass sich darüber hinaus auch das Wirtschaftskonzept der Regierung ändern müsse: „Weg vom Mantra möglichst viel und möglichst billig zu produzieren.“ Das schade anderen Märkten und nütze nicht dem Tierwohl. Die Preise an den Märkten für landwirtschaftliche Rohstoffe seien schlecht und die Handelskonzerne, Schlachthöfe und Molkereien würden sich auf Kosten der Erzeuger bereichern. „Viele Agrarbetriebe werden diese Politik nicht überleben“, sagte Tackmann und forderte, stattdessen auf regionale Lebensmittel zu setzen.
Dass die „Exportfixierung in die Sackgasse geführt hat“ und die Landwirte nun um ihre Existenz bangen müssten, sei Schuld des Landwirtschaftsministers meinte auch Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen). Das zur Verfügung gestellte Geld zementiere einmal mehr die bisherige Agrarpolitik, die für Industrialisierung und hohen Pestizidverbrauch stehe, statt die nachhaltige Landwirtschaft voranzubringen. Von der Regierung eingeräumte Liquiditätshilfen würden nicht einmal die Probleme kaschieren. „Dabei steigt der Absatz von Ökolebensmitteln, nur die Produktion nicht“, warf Ebner einer Politik vor, die falsche Priorität setze.
Auch die Forschungsmittel für den Ökolandbau würden nicht ausreichen, hingegen seien Pestizidrückstände in Lebensmitteln und Menschen zu finden. „Die Bürger sind zu Recht besorgt“ mahnte Ebner, der mehr Forschungseinsatz für den nichtchemischen Pflanzenschutz forderte.
Der gescholtene Agrarminister Schmidt blieb im Hinblick auf die schlechte Preislage zuversichtlich, denn die „prognostizierte steigende Nachfrage lässt auf eine solide Zukunft blicken“. Schmidt räumte ein, dass derzeit die Erzeugerpreise schlecht seien, insbesondere für Schweinefleisch. „Aber im Milchbereich bessert sich der Markt“, sagte er. Bei weltweit steigenden Bevölkerungszahlen werde der Markt ausreichend groß sein. Der Forderung nach einem „Exportstopp“ erteilte der Minister eine Absage, denn dieses Mittel helfe nicht. Jene, die das fordern, blieben die Antwort schuldig, wie die Produkte abgesetzt werden sollen.
Der Agrarminister hob die Erhöhung der Zuschüsse von 100 Millionen Euro auf 178 Millionen Euro zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung hervor, die den Betrieben Entlastung verschaffen soll. Darüber hinaus erinnerte Schmidt daran, dass rund 70 Millionen Euro an EU-Mitteln als Hilfen für die Landwirte zur Verfügung stehen. Die sollen den Betrieben unter anderem dazu dienen, Nachteile infolge der Sanktionen Russlands für landwirtschaftliche Produkte aus der EU auszugleichen. Schmidt kündigte zudem an, dass sein Haus weiter die Unterstützung von gesunder Ernährung stärken und die Internetseite www.lebensmittelklarheit.de weiterhin finanzieren wolle. Denn das Internetportal sei eine wichtige Anlaufstelle für die Verbraucher, die sich über Produktbezeichnungen informieren wollen.
Zufrieden äußerte sich Cajus Caesar darüber, dass der Landwirtschaftsetat nach der Bereinigung gegenüber dem aktuellen Haushalt um über 300 Millionen Euro höher ausfalle. Der Unionsabgeordnete hielt der Opposition entgegen, dass für den Bereich nachwachsende Rohstoffe 61 Millionen Euro veranschlagt seien, 50 Millionen Euro mehr für Forschung und Innovation ausgegeben würden und der Waldklimafonds von 14 Millionen Euro auf über 17 Millionen Euro erhöht werde. Der Haushalt setze damit Akzente, um seiner Schlüsselrolle in der Gesellschaft gerecht zu werden.
Fraktionskollegin Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) lobte weiter, dass der ländliche Raum nicht nur über den Landwirtschaftsetat mit Mittelzuweisungen bedacht werde, sondern der Hochwasserschutz mit 100 Millionen Euro zusätzlich aus dem Einzelplan 16 des Umweltministeriums finanziert wird. „Damit setzt die Koalition ein gutes Zeichen“, sagte Pahlmann.
Weniger enthusiastisch, aber vom Gesamtetat überzeugt, zeigte sich Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD). „Wir sind in der Agrarpolitik zukunftsfähig“, sagte er. Kleine und mittlere Unternehmen würden gefördert und der Haushalt stelle sich der Aufgabe, die Grundversorgung im Dienstleistungsbereich und die Daseinsvorsorge zu erhalten. Allerdings müsse grundsätzlich mit den Bundesländern über die derzeit gültigen Regeln zur Kofinanzierung geredet werden. „Denn die Länder haben Schwierigkeiten auszuschöpfen, was an Fördermitteln zur Verfügung steht“, stellte der Sozialdemokrat mit Blick auf die angespannte Haushaltslage vieler Kommunen fest.
Kritisch äußerte sich Priesmeier über die Erhöhung der Zuschüsse für die Unfallversicherung. „Die 78 Millionen Euro verpuffen“, sagte er in Richtung Union. Die Summe, die bei den Unternehmen zur Entlastung lande, sei zu gering. „Wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe brauchen keine Subventionen“, sagte er.
Gegen das Votum der Opposition nahm der Bundestag in zweiter Lesung den Einzelplan 10 (18/6110, 18/6124) an. Abgelehnt wurde hingegen ein Änderungsantrag der Linken (18/6802), der für 1,8 Milliarden Euro eine flächendeckende und beitragsfreie Verpflegung in Kindertagesstätten und Schulen vorsah. (eis/26.11.2015)