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Die Fraktion Die Linke ist am Donnerstag, 29. Januar 2015, im Bundestag mit einem Antrag (18/506) gescheitert, in dem sie Maßnahmen zur Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus gefordert hatte. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnten die Initiative ab, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.
Ein weiterer Antrag der Linksfraktion (18/3744) wurde zur Beratung an den federführenden Umwelt- und Bauausschuss überwiesen. Darin verlangen die Abgeordneten von der Regierung, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Wohnungen und für Wohnzwecke geeignete Grundstücke in öffentlichem Eigentum vor Privatisierung geschützt werden. Sollte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben einen Teil ihrer Wohnungen oder Wohngrundstücke verkaufen wollen, sollte dies nicht länger nach dem Höchstgebotsverfahren, sondern nach Konzeptqualität geschehen.
„Es braucht eine wirkliche wohnungspolitische Offensive“, forderte die bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidrun Bluhm, in der Debatte. Wirklich bedarfsgerechte, also für alle bezahlbare, barrierearme, kinder- und altengerechte Wohnungen fehlten „massenhaft“. Gerade da, wo Wohnraum für Familien und ältere Menschen besonders nachgefragt werde, würden Wohnungen häufig zu Höchstpreisen vermietet.
Bluhm forderte die Bundesregierung auf, die geplante Mietpreisbremse endlich in Kraft zu setzen. Vermieter nutzten derzeit „jede Gelegenheit, um Mieterhöhungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor das Gesetz kommt“, warnte sie. Außerdem verlangte Bluhm, den sozialen Wohnungsbau, wie von der Großen Koalition im Koalitionsvertrag angekündigt, auch tatsächlich wiederzubeleben.
Dass der Bund seit der Föderalismusreform den Ländern jährlich unverändert 518 Millionen Euro an Kompensationszahlungen bereitstelle und dies ohne soziale Zweckbindung, kritisierte die Linke-Abgeordnete scharf. „Das ist keine Wiederbelebung, sondern allenfalls die Notbeatmung des Patienten sozialer Wohnungsbau, um ihm vor dem Tode zu retten.“
Bluhm forderte im Namen ihrer Fraktion, die Bundesmittel auf mindestens 700 Millionen Euro jährlich zu erhöhen und diese Hilfen langfristig zur Verfügung zu stellen, um jährlich 150.000 neue Sozialwohnungen zu schaffen.
Kai Wegner (CDU/CSU) konterte die Vorwürfe und Forderungen der Linksfraktion mit der Feststellung: „Die Große Koalition ist längst aktiv geworden.“ Sie wisse, dass Wohnen mehr bedeutet, als ein Dach über dem Kopf zu haben. Deshalb habe die Regierung die Mietpreisbremse und das „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ auf den Weg gebracht. Ziel sei es, die unterschiedlichen Akteure auf dem Bau- und Wohnungsmarkt – private Investoren, Bund, Länder und Kommunen – an einen Tisch zu bringen, um die Probleme mit steigenden Mieten und hoher Nachfrage nach Wohnraum gemeinsam zu bewältigen.
Auf den demografischen Wandel reagiere die Bundesregierung auch durch das Programm für altersgerechtes Umbauen, betonte Wegner. Das sei ein wichtiger Beitrag, um Menschen im Alter das Wohnen in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Zudem sei die Städtebauförderung von 455 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro angehoben worden.
Wegner wies darüber hinaus darauf hin, dass der soziale Wohnungsbau seit der Föderalismusreform 2006 in der Verantwortung der Bundesländer liege. Der Bund gebe 518 Millionen jährlich dazu.
Er machte aber auch klar, dass die Bundesländer ihre Verantwortung bisher ungenügend wahrnähmen: „Es würde sehr helfen, wenn die Mittel des Bundes auch für den sozialen Wohnungsbau genutzt werden würden. Es kann doch nicht sein, dass sie in den Länderhaushalten versickern“, kritisierte Wegner.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold (SPD), vertrat die Ansicht, dass die Große Koalition das Thema bezahlbares Wohnen im Koalitionsvertrag so stark gemacht habe, „wie lange keine Regierung vor ihr“. Er verwies ebenfalls auf die Verantwortung der Bundesländer für den sozialen Wohnungsbau. Der Bund gebe seit 2006 pro Jahr eine halbe Milliarde Euro dazu. „Aber was ist passiert?“, fragte Pronold. „2002 gab es noch 2,5 Millionen Sozialwohnungen. Inzwischen sind sie fast halbiert worden.“
Der Grund sei auch, dass in den Ländern „völlig unterschiedlich“ mit den Bundesmitteln umgegangen werde. Pronold sprach sich daher für die Einführung einer sozialen Zweckbindung aus, räumte allerdings ein, dass der Bund kein Druckmittel gegenüber den Ländern habe. „Wir müssen an die Einsicht appellieren“, betonte er. Wie Wegner verwies Pronold auf die Bedeutung des Wohnungsneubaus. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften müssten zudem gestärkt werden, da sie auch die Gemeinnützigkeit im Hinterkopf hätten und daher günstigere Mieten gewährleisteten.
Mehr Gemeinnützigkeit in der Wohnungswirtschaft forderte auch Christian Kühn von der Grünen-Fraktion. „Wir brauchen Akteure auf dem Wohnungsmarkt, die keine reine Renditelogik haben“, betonte er.
Die Bundesregierung kritisierte Kühn für die seiner Ansicht nach viel zu langsame Umsetzung der Mietpreisbremse. Es sei ein „Ammenmärchen“, den Wählern zu erzählen, sie würde bis zum Sommer in Kraft treten. Das geplante Gesetz weise viele Umsetzungshürden für die Bundesländer auf. Außerdem schaffe es zu viele Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen. „Mit dieser Mietpreisbremse sind die wohnungs- und sozialpolitischen Herausforderungen nicht zu bewältigen“, konstatierte Kühn, und warnte zugleich: Woche für Woche gehe bezahlbarer Wohnraum verloren. (joh/29.01.2015)