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Die Forderung der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen nach Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz und einem Bundeskinderbeauftragten beziehungsweise einer Ombudsstelle für Kinderrechte stößt bei Experten auf ein geteiltes Echo. In einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zu den entsprechenden Anträgen der Fraktionen (Die Linke: 18/6042, Bündnis 90/Die Grünen: 18/5103) am Montag, 25. Januar 2016, sprachen sich die geladenen Sachverständigen jedoch mehrheitlich für größere Anstrengungen zur Gewährleistungen von Kinderrechten in der Praxis und die Schaffung von niedrigschwelligen Beschwerdemöglichkeiten auf kommunaler Ebene aus.
Die Rechtswissenschaftler Dr. Friederike Wapler von der Humboldt-Universität Berlin und Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner von der Freien Universität Berlin argumentierten, dass die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz verfassungsrechtlich wenig Sinn mache.
Kinder seien bereits jetzt Träger aller Grundrechte, dies sei auch der Tenor der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, führten Wapler und Wiesner aus. Eine Grundgesetzänderung habe lediglich symbolischen Charakter und könne dem Thema politisch mehr Gewicht verleihen.
Für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz plädierten hingegen Immanuel Benz vom Deutschen Bundesjugendring, der Soziologe Prof. Dr. Manfred Liebel von der Freien Universität Berlin und Dr. Sebastian Sedlmayr vom Deutschen Komitee für Unicef. Dies wäre ein zentraler Bestandteil der Umsetzung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in deutsches Recht, sagte Sedlmayr. Benz argumentierte, Kinder seien zwar laut Bundesverfassungsgericht Grundrechtsträger, könnten die ihnen zustehenden Rechte in der Praxis nur über ihre Eltern ausüben.
Der Forderung nach einem Bundeskinderbeauftragten beziehungsweise einer Ombudsstelle beurteilte Benz jedoch kritisch. Die vorhandenen Strukturen und Instrumente würden nicht ausreichend genutzt, um den Kinderrechten Geltung zu verschaffen. Diese Defizite ließen sich jedoch nicht durch zusätzliche Strukturen beseitigen.
Friederike Wapler bezeichnete die Vorstellung, dass ein Bundeskinderbeauftragter ein Ansprechpartner für Minderjährige wäre, als „lebensfremd“. Kinder und Jugendliche würden sich Hilfe vor allem in ihrem näheren sozialen Umfeld oder bei niedrigschwelligen örtlichen Einrichtungen suchen.
Manfred Liebel und Sebastian Sedlmayr hingegen sprachen sich dezidiert für einen Bundeskinderbeauftragten aus. Viele kinder- und jugendpolitische Entscheidungen würden auf Bundesebene getroffen, deshalb müsse auch auf Bundesebene eine entsprechende Institution geschaffen werden, führten Liebel und Sedlmayr an. Innerhalb der Europäischen Union gebe es nur vier Staaten, die nicht über eine solche Institution verfügten. Allerdings, so räumte Sedlmayer aus, seien die hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung und ihrer rechtlichen Möglichkeiten sehr unterschiedlich gestaltet.
Weitestgehend einig waren sich die Sachverständigen allerdings darin, dass die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in allen Bereichen, die sie betreffen, verbessert werden müssen. Der „Zugang zum Recht“ sei ein zentrales Menschenrecht, sagte Claudia Kittel von der Monitoring-Stelle zur UN-Kinderrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte. Eine solche Beschwerdestelle fehle in Deutschland bislang.
In diesem Sinne äußerte sich auch die Sozialpädagogin Prof. Dr. Ulrike Urban-Stahl von der Freien Universität Berlin. Derzeit gebe es lediglich in Sachsen-Anhalt einen Landeskinderbeauftragten sowie etwa 100 Kinderbeauftragte auf kommunaler Ebene bei insgesamt 11.000 Kommunen. Urban-Stahl verwies in diesem Zusammenhang auf die guten Erfahrungen mit den Ombudsstellen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Sozialgesetzbuch. (25.01.2016)