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Dem 1. Untersuchungsausschuss („NSA“) steht in der nächsten Woche ein Vernehmungsmarathon bevor. Vier Zeugen hintereinander sollen am Donnerstag, 18. Februar 2016, in öffentlicher und nichtöffentlicher Sitzung aussagen. Themen der Befragung sind ein weiteres Mal die Spionagesoftware XKeyscore sowie die mutmaßliche Verstrickung der Bundesrepublik in den Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten durch die Duldung einschlägiger Aktivitäten auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Die öffentliche Sitzung unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) beginnt um 11.30 Uhr im Sitzungssaal 2.600 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin.
Auf die Existenz von XKeyscore wurde eine breitere Öffentlichkeit erstmals im Sommer 2013 aufmerksam durch Edward Snowdens Enthüllungen über das Treiben seines früheren Arbeitgebers, der National Security Agency (NSA).
Das System ist in der Lage, im Internet oder bei der Überwachung von Telefonverkehren erhobene Daten schnell und massenhaft zu filtern, zu sortieren und zu verknüpfen. Es erfasst nicht nur die Inhalte von Mails, Faxen und Telefonaten, sondern auch die stets mitübertragenen „Metadaten“ über Ort, Zeit und Dauer einer Kommunikation. Mit Hilfe von XKeyscore lassen sich so exakte Profile von Zielpersonen gewinnen.
Der Bundesnachrichtendienst (BND) nutzt das von der NSA entwickelte Programm seit 2007 unter anderem in der Abhöranlage in Bad Aibling. Nach einer Demonstration seiner Leistungsfähigkeit im Oktober 2011 interessierte sich auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) für XKeyscore. Im April 2013 schloss der Verfassungsschutz eine Vereinbarung mit der NSA, worin er sich verpflichtete, dem US-Geheimdienst als Gegenleistung für die Überlassung der Software „in größtmöglichem Umfang“, also im Rahmen des nach deutschem Recht Zulässigen, eigene Erkenntnisse mitzuteilen.
Dazu will der Ausschuss am 18. Februar die Leiterin der für XKeyscore zuständigen Projektgruppe beim Verfassungsschutz hören, die bei dieser Gelegenheit unter dem Decknamen „Doreen Delmdahl“ auftritt. Zum selben Thema hat bereits in geheimer Sitzung am 3. Dezember 2015 der BND-Mitarbeiter A.Sch. ausgesagt. Er war 2013 zum Verfassungsschutz abgeordnet, um XKeyscore dort zu installieren und die Bedienung zu erläutern.
Das Drohnen-Thema wollen die Abgeordneten mit zwei Zeugen aus dem Bundesministerium der Verteidigung erörtern, Ministerialrat Stefan Sohm und Konteradmiral Hans-Christian Luther. Der Jurist Sohm leitet seit Januar 2013 das Referat I/3, zuständig für Fragen des Völkerrechts und die Rechtsgrundlagen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Er hat die Bundesregierung in einem Verfahren vor dem Kölner Landgericht vertreten, das Angehörige j
Die drei Kläger machten die Bundesrepublik für den Tod eines Cousins und eines Neffen verantwortlich, die am Abend des 29. August 2012 im Osten des Jemen während einer Begegnung mit mutmaßlichen Mitgliedern der Terror-Organisation Al Kaida bei einer Dohnenattacke umgekommen waren.
Die Bundesregierung verlässt sich auf die Auskunft der US-Behörden, dass von deutschem Boden aus Drohnen weder starten noch gesteuert werden. Es ist freilich ein offenes Geheimnis, dass der US-Stützpunkt in Ramstein als Relaisstation fungiert, um Daten an Drohnen zu übermitteln, die über Afrika und dem Mittleren Osten operieren. Mit ihrer vom Berliner European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und der Londoner Organisation Reprieve unterstützten Klage wollten die drei Jemeniten die Bundesregierung dazu anhalten, diese Aktivitäten in Ramstein zu unterbinden.
Das Gericht wies die Klage am 27. Mai 2015 als unbegründet zurück. Zwar sei die Bundesregierung dem Schutz des Grundrechts auf Leben auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen verpflichtet. Die Justiz habe ihr aber nicht vorzuschreiben, wie sie dieser Verantwortung nachkommen wolle. „Das heutige Urteil erlaubt der Bundesregierung, weiter die Rolle der Ahnungslosen einzunehmen... Mit dieser Haltung macht sich Deutschland mitschuldig am Tod von Zivilisten im US-Drohnenkrieg“, kommentierte der Vorsitzende des ECCHR Wolfgang Kaleck die Entscheidung.
Konteradmiral Luther ist im Verteidigungsministerium seit Frühjahr 2012 als stellvertretender Leiter der Abteilung SE II für „Strategie und Einsatz“ tätig. Er könnte dem Ausschuss weitere Aufschlüsse über die Kooperation mit den US-Streitkräften in Deutschland verschaffen.
In nichtöffentlicher Sitzung wollen die Abgeordneten den BND-Mitarbeiter T.B. befragen, der von November 2003 bis Oktober 2007 in der Abhöranlage in Bad Aibling und anschließend bis Oktober 2014 als Sachgebietsleiter Technische Aufklärung in der BND-Zentrale tätig war. Für T.B. wird dies der fünfte Auftritt vor dem Ausschuss sein. (wid/09.02.2016)
Zeit: Donnerstag, 18. Februar 2016, 11.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 2.600
Interessierte Besucher können sich im Sekretariat des Untersuchungsausschusses bis Mittwoch, 17. Februar, 13 Uhr, unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums und Geburtsorts anmelden (E-Mail: 1.untersuchungsausschuss@bundestag.de, Fax: 030/227-30084). Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.
Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat
(Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.