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Die Patenschaft für Fereshteh Shirazi ist für Tabea Rößner keine einfache. Denn ein direkter Kontakt zu der iranischen Bloggerin war bisher nicht möglich. Rößner, Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Mainz, muss sich auf Aussagen Dritter verlassen, was den Zustand und das Schicksal der Aktivistin angeht. Ein Umstand, den sie immer wieder betont. Trotzdem setzt sie sich mit voller Überzeugung seit Anfang 2012 über das Programm "Parlamentarier schützen Parlamentarier" des Bundestages für die bis Anfang 2013 inhaftierte Frauenrechtlerin ein. "Informationen nur über Dritte zu erhalten ist immer ein bisschen schwierig", sagt Rößner, die jahrelang als Journalistin gearbeitet hat. "Ich hatte überlegt, in den Iran zu fahren, aber mir wurde davon abgeraten." Es hätte Shirazi möglicherweise mehr schaden als nützen können.
Die 1974 geborene Fereshteh Shirazi wurde schon 2009 mehrmals vom iranischen Geheimdienst vorgeladen und verhört. Persönliche Gegenstände wie ihr Laptop oder ihre Notizbücher wurden beschlagnahmt. Die Vorwürfe lauteten unter anderem auf "Veröffentlichung von Lügen" und "Schüren von Unbehagen im öffentlichen Bewusstsein".
Shirazi engagierte sich seit diesem Jahr für die "Eine Million Unterschriften Kampagne", mit der Frauen und auch Männer Gleichberechtigung beider Geschlechter im Iran erreichen wollen. Außerdem berichtete sie öffentlich über die Hinrichtung ihres Bruders, die 1983 stattfand.
2011 wurde sie erneut verhaftet. Ein Revolutionsgericht verurteilte sie "wegen Störung der öffentlichen Meinung durch Verleumdung und Beleidigung der Obrigkeit" und wegen "regimefeindlicher Propaganda" zu insgesamt drei Jahren Haft.
Shirazi saß bis 2013 im Frauentrakt eines Gefängnisses in der Stadt Amol im Norden des Irans, hatte zunächst offenbar keinen Kontakt zu ihrer Familie oder ihrem Anwalt. "Das Gefängnis war völlig überbelegt", sagt Rößner. 700 Menschen seien dort untergebracht gewesen, nur für 250 sei Platz gewesen.
"Ich habe mich als Journalistin schon mit dem Iran beschäftigt", begründet Rößner ihr Interesse an dem Land. Die Republik habe eine bewegte Geschichte, sie kenne inzwischen auch viele Iraner. Allerdings habe sie nie die Gelegenheit gehabt, das Land zu besuchen.
"Aber mein Interesse ist groß, es kennenzulernen und Menschen zu unterstützen, die sich für uns normale Menschenrechte einsetzen", sagt Rößner. Als ihr dann die Patenschaft für die Bloggerin angeboten wurde, die sich genau wie sie für Frauenrechte einsetzte, habe sie zugesagt.
Zu Beginn ihrer Patenschaft ging Rößner den Weg, den viele Parlamentarier einschlagen. Sie schrieb dem iranischen Botschafter in Deutschland, machte ihre Empörung über die schlechten Haftbedingungen von Shirazi deutlich. "Die Verhaftung von Fereshteh Shirazi erscheint mir in höchstem Grade politisch motiviert zu sein", kritisierte sie in einem Brief Anfang 2012.
Die Resonanz war eher ernüchternd. "Die Antworten, die man kriegt, sind so naja", sagt Rößner. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass es eine Gewaltenteilung im Iran gebe, dass ein Individuum sich also nicht in die Rechtsprechung einmischen dürfe. Außerdem habe sie falsche Informationen erhalten.
Trotzdem machte Rößner weiter. Sie gab Interviews in Zeitungen und im Radio, machte Shirazis Situation in Deutschland bekannt. "Das ist das, was wir Parlamentarier machen können", sagt Rößner.
Auch wenn Shirazi inzwischen aus der Haft entlassen sei, fühle sie sich weiter verantwortlich für die Iranerin. Deshalb sei sie daran interessiert, die Patenschaft fortzuführen. "Solche Leute müssen ja auch eine Bestätigung haben, dass ihre Lage in der Welt anders gesehen wird als vor Ort." (ske/21.07.2014)