Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2012
In barrierefreien Reiseangeboten steckt für die Tourismusbranche viel unerschlossenes Wachstumspotenzial. Davon zeigten sich bei einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses unter Vorsitz von Klaus Brähmig (CDU/CSU) am Mittwoch, 8. Februar 2012, etliche Experten überzeugt. Der Geschäftsführer des Deutschen Seminars für Tourismus (DSFT), Rolf Schrader, sagte, die ökonomische Bedeutung barrierefreien Reisens sei insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in der Tourismusbranche "noch nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und in entsprechende Produkte und Dienstleistungen umgesetzt worden“. Von den rund fünf Millionen mobilitäts- oder aktivitätseingeschränkten Menschen der Generation "65 plus" unternehme nur die Hälfte eine Urlaubsreise pro Jahr, während die Reiseintensität im Bundesdurchschnitt bei rund 75 Prozent liege, erläuterte Schrader.
Die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft "Barrierefreie Reiseziele in Deutschland", Carmen Hildebrandt, erläuterte, der Reisebranche entgingen jedes Jahr deutlich mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz, da etwa Menschen mit Behinderungen auf eine Reise verzichteten. Sie fügte hinzu, Barrierefreiheit sei für rund zehn Prozent der Menschen zwingend erforderlich, aber für hundert Prozent aller Reisenden komfortabel.
Bislang gehörten der Arbeitsgemeinschaft acht Regionen an: Eifel, Erfurt, Fränkisches Seenland, Langeoog, Magdeburg, Niederlausitz, Ruppiner Land und Sächsische Schweiz. Auf die Frage der Abgeordneten, weshalb seit der Gründung 2008 nicht mehr Regionen hinzugekommen seien, sagte Hildebrandt: "Wir tragen niemanden zum Jagen."
Die Mitgliedsregionen hätten den Wettbewerbsvorteil Barrierefreiheit erkannt. Möglicherweise seien die Qualitätsanforderungen sehr hoch. Es gehe um den Praxisnachweis barrierefreier Angebote wie entsprechende Stadtführungen oder Gaststätten mit Blindenleitsysteme, und nicht nur darum, über entsprechende Angebote zu reden.
Auf die Anregung, die Lutherdekade bis zum Jahr 2017 für Investitionen in barrierefreie Angebote wie Informationen für Menschen mit Höreinschränkungen zu nutzen, reagierten die Sachverständigen zustimmend. Er würde sich freuen, wenn daraus ein fünfjähriges Projekt würde, sagte der Vorstandsvorsitzende der Nationalen Koordinationsstelle Tourismus für Alle (NatKo), Rüdiger Leidner.
Er wies zugleich darauf hin, dass viele Hoteliers und Reiseanbieter oftmals falsche Vorstellungen von den Kosten der Barrierefreiheit hätten. Hier sei noch viel Aufklärungs- und Beratungsarbeit notwendig. (mpi)