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Der Deutsche Bundestag hat eine gemeinsame europäische Einlagensicherung oder Einlagenrückversicherung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt. Mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und SPD stimmte das Parlament am Donnerstag, 25. Februar 2016, einem Antrag der Koalition (18/7644) zu, in dem gefordert wird, die vereinbarten Regelungen zur europäischen Bankenunion zunächst in allen Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene wirksam umzusetzen. Dazu gehöre, dass bedeutende Banken ausreichend Puffer haben müssten, um Verluste im Abwicklungsfall aufzufangen. Außerdem wird verlangt, dass die von Staaten für Banken ausgehenden Risiken durch weitere Maßnahmen wirksam reduziert werden müssten. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Antrag ab.
Antja Tillmann (CDU/CSU) stellte fest, mit der Bankenaufsicht und dem Abwicklungsmechanismus sei schon einiges erreicht worden. Es werde eine geordnete Sanierung oder Abwicklung möglich, ohne auf das Geld der Steuerzahler zurückgreifen zu müssen. „Im Ernstfall gilt vorrangig die Haftung der Eigentümer in Höhe von acht Prozent der Bilanzsumme, dem sogenannten Bail-In“, erläuterte Tillmann. Allerdings hätten drei Staaten diese Richtlinie immer noch nicht umgesetzt. Und jetzt würden sich die ersten Länder melden und die Acht-Prozent-Regelung infrage stellen.
Staatsschulden in Bankbilanzen stellten ein großes Risiko dar. Hinzu kämen latente Steuern. Auch die EU-Kommission fordere, dass die Bankbilanzen noch krisenfester gemacht werden sollten. Tillmann verwies auf den Bankenabwicklungsfonds, in den aber erst von diesem Jahr an eingezahlt werde und der von einigen Ländern noch gar nicht geregelt sei. Es gebe „erhebliche Vollzugsdefizite“, und die Verwirklichung einiger Bestimmungen sei erst „fragmentarisch“ erfolgt. Auch die Einlagensicherungsrichtline, nach der die nationale Sicherungssysteme mit einem Volumen von 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen ausgestattet sein sollen, sei von fünf Ländern nicht umgesetzt worden.
Tillmann lehnte den Gesetzgebungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 24. November 2015 zur Vergemeinschaftung der Einlagensicherung (,,EDIS European Deposits Insurance Scheme") strikt ab. Damit soll in der ersten Stufe von 2017 bis 2020 sei Rückversicherung eingeführt werden. In der zweiten Stufe von 2020 bis 2023 ist eine zunehmende Vergemeinschaftung durch Mitversicherung geplant, und in der dritten Stufe ab 2024 soll die vollständige Vergemeinschaftung der Einlagensicherung greifen.
Wenn die Kommission erkläre, damit würden Risiken breiter gestreut, so gehe es genau darum nicht, erläuterte Tillmann. „Wir wollen Risiken minimieren. Wir wollen nicht einfach Risiken aus Einzelstaaten auf die Allgemeinheit in der Europäischen Union übertragen.“ Die Kommission befinde sich nicht auf dem richtigen Weg, wenn sie erst vergemeinschaften und dann weiter über Risiken diskutieren wolle. Die Reihenfolge müsse anders sein: „Risiken runter und dann vergemeinschaften.“
„Die Kommission ist mit falscher Geschwindigkeit auf dem falschen Gleis unterwegs“, stellte auch Manfred Zöllmer (SPD) fest, der die aktuelle Lage im europäischen Finanzsystem als „unübersichtlich“ bezeichnete. Die Sozialdemokraten hätten stets deutlich gemacht, dass eine gemeinsame Einlagensicherung in Europa erst dann umgesetzt werden könne, wenn die Voraussetzungen gegeben seien.
„Wir sind davon überzeugt, dass eine Umsetzung zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu mehr, sondern zu weniger Stabilität in Europa führen würde", sagte Zöllmer. Nationale Regierungen könnten dann die Insolvenzregeln unterlaufen und Risiken abwälzen. Stattdessen müsse man erreichen, „dass die von Banken für Staaten und die von Staaten für Banken ausgehenden Risiken weiter deutlich verringert werden. Risiko und Haftung muss zusammenfallen“.
Dr. Axel Troost (Die Linke) hielt der Koalition dagegen vor: „Nach acht Jahren Finanz- und Bankenkrise wissen wir alle, dass eine Regierung nicht einmal eine einzelne Großbank geschweige denn ein ganzes Bankensystem in die Insolvenz schicken kann.“ Trotz aller Regulierungsschritte sei keine Verkleinerung der Banken vorgenommen worden, so dass nach wie vor das Risiko „Too big to fail“ (zu groß, um zu scheitern) bestehe. „Eine Rettungsfonds als letzte Maßnahme, der europaweit 50 Milliarden Euro im Jahr 2023 haben wird, wird nicht einmal reichen für eine große Bank, um sie wirklich zu retten.“
In dem Bereich sei nicht nur nichts geschehen, sondern angeschlagene mittelgroße Banken seien im Rahmen der Bankenrettung sogar noch zu Mega-Banken fusioniert worden – mit Unterstützung der Regierung. Der Bankensektor müsse umgebaut und stabiler gemacht werden, forderte Troost. Mit Blick auf Bilanzen und Kurse warnte Troost vor der Annahme, es handele sich um Probleme in anderen Ländern und nicht in Deutschland. Daher wolle seine Fraktion eine Europäisierung des Sicherungssystems und der Einlagensicherung.
„Einschneidende Finanzkrisen überfordern jedes System, auch das deutsche“, stellte Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) fest und erinnerte, dass die deutschen Landesbanken in der Finanzkrise mehr von der Freigiebigkeit des Finanzministers als von der viel beschworenen Institutssicherung der Sparkassen profitiert hätten. Und auch die Einlagensicherung der Privatbanken sei von der Pleite des deutschen Ablegers von Lehman Brothers völlig überfordert gewesen.
Mit der „Gratisleistung des deutschen Steuerzahlers“ für die Banken müsse Schluss sein – in Deutschland und Europa, forderte Paus, die Kreditwirtschaft und Regierung aufrief, „ihre Fundamentalopposition gegenüber einem europäischen Einlagensicherungssystem endlich aufzugeben“. Sie forderte ein europäisches Rückversicherungssystem, das nur im Fall einer nationalen Überlastung greifen solle.
Kundeneinlagen müssten überall in Europa gleich sicher sein: „Binnenmarkt und gemeinsame Währung funktionieren nur, wenn ein Euro in einer spanischen Bank nicht weniger wert ist als in einer deutschen Bank.“ Sonst komme es bei ersten Anzeichen einer Krise zu einer Kapitalflucht und einem „sich selbst verstärkenden Teufelskreis“.
Die Fraktionen bezeichnen es in ihrem Antrag als "sehr fraglich, ob der vorliegende Verordnungsvorschlag der Kommission mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar ist“. Daher wird erklärt: "Der Deutsche Bundestag behält sich die Erhebung einer Subsidiaritätsklage vor." (hle/25.02.2016)